Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermittlungsleistungen eines Handelsunternehmers als steuerplichtige Leistungen. Haftung
Leitsatz (amtlich)
Auch – hier nur zweimal erbrachte – Vermittlungsleistungen eines Unternehmers, die in keinem sachlichen Zusammenhang mit der bisherigen unternehmerischen Handelstätigkeit stehen, können als steuerpflichtige Leistungen zu beurteilen sein.
Normenkette
UStDV 1993 § 55; UStG § 2 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
I.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist die Planung und Durchführung von Bauvorhaben aller Art, Erschließung und Baureifmachung von Grundstücken, Übernahme von Baubetreuungen und Architektenleistungen aller Art sowie sämtliche sonstigen Tätigkeiten, die zur Förderung des Unternehmensgegenstandes geeignet sind.
Die Klägerin vereinbarte am 5. September 1990 mit … (K.) aus Wien für dessen Vermittlung des Ankaufs eines genannten Anwesens in Berlin die Zahlung einer Pauschalprovision in Höhe von 600.000 DM. Die Provision sollte neben weiteren Voraussetzungen nach Verkauf bzw. notariellem Abschluss aller 22 Wohnungen des Anwesens fällig sein. Weiter vereinbarten die Klägerin und K. am 11. April 1991 eine einmalige Pauschalprovision in Höhe von 170.000 DM für die Vermittlung des … aus München, der seinerseits der Klägerin den Erwerb des Objekts … GmbH provisionspflichtig vermitteln sollte.
Über die am 11. April 1991 vereinbarte Provision über 170.000 DM erstellte K. der Klägerin am 21. Dezember 1992 eine Rechnung ohne Ausweis der Mehrwertsteuer.
Im März 1993 zahlte die Klägerin einen Betrag von 170.000 DM und im Juli 1993 einen Betrag über 600.000 DM an K.
Mit Bescheid vom 5. Dezember 1997 nahm der Beklagte (das Finanzamt) die Klägerin gestützt auf § 55 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) in Höhe von 100.434 DM (= 15/115 aus 770.000 DM) in Haftung.
Nach der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Auffassung des Finanzamts unterliegen die von K., als einem im Ausland ansässigen Unternehmer, der Klägerin erbrachten sonstigen Leistungen gemäß § 51ff UStDV der Besteuerung im Abzugsverfahren. Die Klägerin hafte daher als Leistungsempfängerin für die anzumeldende und abzuführende Steuer.
Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 1999) erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen ihre Haftungsinanspruchnahme gemäß § 55 UStDV und macht geltend, dass ein Abzugsverfahren nach § 51 UStDV im Streitfall nicht in Betracht komme. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass K. zwar – wie sie wusste – einen … in Wien ausgeübt habe. K. habe aber die Vereinbarungen über die Provisionszahlungen als Privatperson getroffen und die Provisionen als Privatperson vereinnahmt. Die Vermittlungsgeschäfte hätten nichts mit dem gewerblichen Unternehmen des K. zu tun. Dazu verweist die Klägerin im Übrigen auf mehrere schriftliche Äußerungen, darunter eine eidesstattliche Versicherung des K. vom 7. Mai 1998, die der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungsbescheid vom 5. Dezember 1997 und die Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 1999 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.
Zur Klageerwiderung verweist es auf seine Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 1999. Ergänzend weist es u. a. darauf hin, dass K. die erhaltenen Provisionen in der Gewinnermittlung 1992 und 1993 seines Einzelunternehmens erfasst habe und entsprechend bei der Steuer erklärt habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Gemäß § 55 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1993 (UStDV) haftet der Leistungsempfänger für die nach § 54 UStDV anzumeldende und abzuführende Umsatzsteuer.
Die Voraussetzungen und näheren Umstände der Anmeldungs- und Abführungspflicht sowie der zugrunde liegenden Pflicht zur Einbehaltung der Umsatzsteuer ergeben sich aus den §§ 51 bis 54 UStDV.
Führt ein (objektiv) nicht im Inland ansässiger Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung oder eine steuerpflichtige sonstige Leistung aus, so hat nach § 51 Abs. 1 Satz 1 UStDV der Leistungsempfänger die Steuer von seiner Gegenleistung einzubehalten und an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen. Dies ist nach dem Wortlaut der Regelung unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger die Nichtansässigkeit des Unternehmers im Inland (positiv) kennt oder ob sie ihm unbekannt oder für ihn zweifelhaft ist. Absatz 1 Satz 1 des § 51 UStDV wird jedoch durch Abs. 3 Satz 3 dieser Vorschrift eingeschränkt. Danach darf der Leistungsempfänger die Einbehaltung und Abführung der Steuer, falls es zweifelhaft ist, ob der liefernde oder leistende Unternehmer im Erhebungsgebiet ansässig ist, nur unterlassen – ist also von seiner grundsätzlichen Einbehaltungs- und Abführungspflicht entbunden –, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamtes nachweist, dass er im ...