Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der gerichtlichen Überprüfung der mündlichen Steuerberaterprüfung. Nachholung der Begründung der Prüfungsentscheidung im Überdenkungsverfahren. Maßgeblichkeit der Stimme des Prüfungsvorsitzenden für die Notengebung bei Stimmengleichheit der Prüfer
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Prüfer seine Beurteilung der Leistung des Prüflings in der mündlichen Prüfung im Zeitpunkt der Vornahme der Bewertung der Prüfungsleistung nicht ausreichend begründet, so kann er seine Begründung im Überdenkungsverfahren und darüber hinaus noch bis zum Abschluss des finanzgerichtlichen Rechtsschutzverfahrens ergänzen oder nachholen (vgl. BVerwG, Urteil v. 9.12.1992, 6 C 3/92; Sächsisches FG, Urteil v. 11.12.1996,1 K 119/96).
2. Die angefochtene Prüfungsentscheidung der mündlichen Steuerberaterprüfung kann gerichtlich nur begrenzt überprüft werden, wobei zwischen Fachfragen und prüfungsspezifischen Wertungen zu unterscheiden ist. Während fachlich-wissenschaftliche Wertungen (d. h. Fachfragen) nach den Beurteilungskriterien „richtig”, „falsch” oder „vertretbar” überprüfbar und damit justiziabel sind, beruhen prüfungsspezifische Wertungen auf der eigenen Prüfungserfahrung des jeweiligen Prüfers und der unwiederholbaren Prüfungssituation und sind Ausdruck des prüferischen Bewertungsspielraums. Mithin sind prüfungsspezifische Wertungen im gerichtlichen Verfahren nicht rekonstruierbar und entziehen sich einer justiziellen Nachprüfung.
3. Wenn der Prüfling darauf abstellt, dass er für seinen Kurzvortrag den ihm eingeräumten Zeitrahmen von zehn Minuten optimal ausgeschöpft habe, etliche Kriterien seines Vortrages, wie Aufbau des Themas, Darstellung, Auftreten und Körpersprache ausweislich der Stellungnahmen der Prüfer im Überdenkungsverfahren jedoch bei der Leistungsbewertung unberücksichtigt geblieben seien, trägt er insoweit keine Umstände vor, die einen Bewertungsfehler der Prüfer schlüssig begründen würden.
4. Die Stellungnahmen im Überdenkungsverfahren dienen dazu, die Überprüfung der bisherigen Leistungsbewertung durch die Prüfer zu erläutern. Dies kann im Einzelfall den Prüfer dazu veranlassen, der naturgemäß positiven Darstellung der Prüfungsleistung durch den Prüfling auch die vom Prüfer als Leistungsmängel erkannten Gesichtspunkte entgegen zu setzen, um die Prüfungsentscheidung zu verdeutlichen. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, die Prüfer hätten grundsätzlich nur die Mängel der Leistung berücksichtigt.
5. Im Verfahren der gerichtlichen Überprüfung von Prüfungsleistungen ist nicht maßgeblich, ob anstatt der getroffenen Bewertung eine andere, für den Prüfling günstigere gleichermaßen vertretbar gewesen wäre. Nur eine fehlerhafte Ausübung des Beurteilungsspielraums durch die Prüfer ist seitens des Senats überprüfbar.
6. Haben die sechs Prüfer in einem bestimmten Prüfungsabschnitt der mündlichen Prüfung jeweils zur Hälfte für eine bestimmte Note bzw. für eine um 0,5 schlechtere Noten gestimmt, darf hieraus nicht das arithmetische Mittel gebildet werden, sondern ist nach § 10 Abs. 2 Satz 2 DVStB die Stimme des Prüfungsvorsitzenden entscheidend.
7. Aus dem Umstand, dass den Prüfern die schriftlichen Vornoten und das Nichtbestehen in zwei früheren Steuerberaterprüfungen bekannt sind, kann nicht auf eine Voreingenommenheit der Prüfer geschlossen werden.
Normenkette
StBerG § 37 Abs. 1-2; DVStB §§ 26, 27 Abs. 1-3, § 28 Abs. 1-2, § 29 Abs. 1-2, §§ 31, 15 Abs. 1 S. 3, § 10 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Sätze 1-2, Abs. 3 S. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung des Beklagten über das Ergebnis des Kl bei der Steuerberaterprüfung 2013/2014.
Der Kl ist Diplom-Betriebswirt (FH), strebt den Erwerb der Berufsqualifikation als Steuerberater an und unterzog sich im Jahre 2013 zum dritten Mal der Steuerberaterprüfung. Der Kl war bereits in den beiden Vorjahren zur Prüfung angetreten, hatte jedoch im Jahre 2011 die schriftliche Prüfung nicht bestanden und war im Jahre 2012 aufgrund seines Ergebnisses der schriftlichen Aufsichtsarbeiten zwar zur mündlichen Prüfung zugelassen worden, hatte jedoch auch nach der mündlichen Prüfung die notwendige Mindestgesamtnote nicht erreicht. Bei dem hier klagegegenständlichen Prüfungstermin im Jahre 2013 erreichte er bei seinen drei schriftlichen Aufsichtsarbeiten auf dem Gebiet des Verfahrensrechts und anderer Steuerrechtsgebiete, auf dem Gebiet der Ertragsteuer sowie auf dem Gebiet der Buchführung und des Bilanzwesens die Noten 4,5, 4,5 sowie 4,0. Aufgrund des sich hieraus ergebenden Notendurchschnitts des schriftlichen Teiles der Steuerberaterprüfung von 4,33 wurde er mit Bescheid der Steuerberaterkammer … vom 3. Januar 2014 zum Termin zur mündlichen Prüfung am 4. Februar 2014 um 8.00 Uhr geladen. Die Prüfungskommission für die mündliche Prüfung des Kl sowie der drei weiteren Prüflinge setzte sich für diesen Pr...