Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Verstoß gegen höherrangiges Recht durch die Ausklammerung der Einkünfte eines Künstlers aus der sogenannten Freistellungsmethode nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Österreich 2000 durch die in Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. gg DBA-Österreich 2000 niedergelegte Anrechnungsmethode

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Ausklammerung der Einkünfte eines Künstlers (im Streitfall: in Deutschland wohnender, in Österreich arbeitender Schauspieler) aus der sogenannten Freistellungsmethode nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Österreich 2000 durch die in Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. gg DBA-Österreich 2000 niedergelegte Anrechnungsmethode verstößt weder gegen die Vorgaben des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte noch gegen Unionsrecht (Art. 45 AEUV, Art. 107 Abs. 1 AEUV) noch gegen das Grundgesetz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 3 GG, Art. 12 Abs. 1 GG).

 

Normenkette

DBA-Österreich 2000/2010 Art. 23 Abs. 1 Buchst. a; DBA-Österreich 2000/2010 Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. gg; DBA-Österreich 2000/2010 Art. 17 Abs. 1 S. 1; EStG §§ 32b, 34c Abs. 6 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, 3, Art. 12 Abs. 1; AEUV Art. 45, 107 Abs. 1; IPBR Art. 26 S. 1

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 15.01.2024; Aktenzeichen 1 BvR 1615/23)

BFH (Beschluss vom 30.06.2023; Aktenzeichen I B 60/22)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ausländische Einkünfte des Klägers dem Progressionsvorbehalt unterliegen oder ob das Anrechnungsverfahren anzuwenden ist.

Die Kläger wurden im Streitjahr 2016 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist österreichischer Staatsangehöriger. Die Kläger hatten ihren Wohnsitz im Inland. Sie erzielten jeweils Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Der Kläger erzielte zudem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Schauspieler einer Fernsehserie, die in Österreich gedreht wurde. Arbeitgeber war eine deutsche Filmgesellschaft. Seine Bruttobezüge i.H.v. … EUR aus dieser Tätigkeit wurden nach Maßgabe des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Österreich 2000) in Österreich der Besteuerung unterworfen.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) bezog erklärungsgemäß den Betrag i.H.v. … EUR in die Bemessungsgrundlage ein und rechnete die darauf in Österreich einbehaltene Lohnsteuer i.H.v. … EUR (20 % der Bruttobezüge) nach Maßgabe von Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. gg i.V.m. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 i.V.m. § 34c Abs. 6 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf die hiernach sich ergebende Einkommensteuer an. Das FA setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 6. Juli 2018 mit … EUR fest.

Dagegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein. Sie wandten sich im Wesentlichen gegen die Anwendung der sog. Anrechnungsmethode gem. Art. 23. Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. gg i.V.m. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000. Weitere Streitpunkte wurden im Einspruchsverfahren erledigt. Das FA erließ in der Folge wegen der im Klageverfahren nicht mehr streitigen Einwendungen bzw. auszuwertenden Mitteilungen Änderungsbescheide am 16. August 2018, am 8. Oktober 2018 und am 23. Juli 2020. Im letztgenannten Bescheid setzte es die Einkommensteuer mit … EUR fest.

Im Hinblick auf die sog. Anrechnungsmethode folgte das FA den Einwendungen der Kläger nicht und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 5. August 2020, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurück. Die Anwendung der sog. Anrechnungsmethode verstoße weder gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) noch gegen die Arbeitsnehmerfreizügigkeit nach Art. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage, mit der sie die Freistellung der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit für seine Tätigkeit in Österreich unter Anwendung des Progressionsvorbehalts entsprechend Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Österreich 2000 beanspruchen. Die Ausklammerung der Einkünfte des Klägers als Künstler (Schauspieler) aus der sog. Freistellungsmethode nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Österreich 2000 durch die in Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. gg DBA-Österreich 2000 niedergelegte Anrechnungsmethode werde sowohl durch den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG als auch über Art. 26 des Pakts über bürgerliche und politische Rechte untersagt.

Einkünfte eines „normalen” (= nicht künstlerisch tätigen) Arbeitnehmers nach Art. 15 DBA-Österreich 2000 würden im Wege der Steuerfreistellung mit Progressionsvorbehalt nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Österreich 2000 erfasst. Diese Arbeitnehmer kämen mithin in den Genuss, sich etwaig aus den unterschiedlichen Systemen ergebende Steuervergünstigu...

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