Entscheidungsstichwort (Thema)
Erledigung eines Einspruchsverfahrens ohne Einspruchsentscheidung
Leitsatz (amtlich)
Ergibt sich aus einem Aktenvermerk, an dessen Richtigkeit keine Zweifel bestehen, dass der Steuerpflichtige (bzw. hier sein Bevollmächtigter) der Erledigung des Einspruchs ausdrücklich zugestimmt hat, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt würden, so ist diese bedingte Erledigungserklärung wirksam, da für eine solche Erklärung keine besondere Form vorgeschrieben ist. Mit Erlass eines entsprechend geänderten Bescheides, der ohne Zweifel ordnungsgemäß bekanntgegeben worden ist, ist das Einspruchsverfahren durch Abhilfe erledigt, eine Einspruchsentscheidung ist nicht erforderlich.
Normenkette
AO 1977 § 367 Abs. 1 S. 1, § 67 Abs. 2 S. 3, § 122 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Abhilfebescheide zur Einkommensteuer 1978 und zur Umsatzsteuer 1978, jeweils vom 26. Mai 1986, sowie zum Gewerbesteuermessbetrag 1978 vom 18. Juni 1986 wirksam gegenüber dem Bevollmächtigten des Klägers bekanntgegeben wurden und ob damit das Einspruchsverfahren wirksam erledigt wurde.
Die ursprünglichen Steuerbescheide für 1978 wurden aufgrund einer Kontrollmitteilung des Finanzamtes R. mit Bescheiden in 1983, gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO), geändert. Der damalige Bevollmächtigte des Klägers, Steuerberater S. legte gegen diese Änderungsbescheide jeweils form- und fristgerecht Einspruch ein.
Mit Schreiben vom 6. August 1984 teilte Steuerberater … U. dem beklagten Finanzamt (FA) mit, dass er das Mandat für den Kläger von Steuerberater S. übernommen habe.
Mit zwei Aktenvermerken jeweils vom 21. April 1986 gab die Rechtsbehelfstelle den Inhalt eines Telefonates mit StB U. die offenen Einsprüche betreffend, wieder. Sie nahm dabei Bezug auf zwei Schreiben des Steuerberaters U. vom 20. März 1986 bzw. vom 14. April 1986 und auf ein Schreiben des FA vom 18. Januar 1985. Diese Schreiben sind in den Akten nicht enthalten. Unter anderem wird ausgeführt:
„Herr U. (steuerl. Vertreter) hat i. R. eines Telefongesprächs am 21.4.1986 der Erledigung des Einspruchs, jedoch unter Berücksichtigung der nachträglich als BA geltend gemachten Provisionszahlungen, im Sinne des AdV-Verfahrens zugestimmt.”
Mit Aktenverfügungen vom 22. April 1986 wurde jeweils die Einspruchserledigung nach § 172 AO verfügt.
Der geänderte Einkommensteuer- bzw. Umsatzsteuerbescheid für 1978 vom 26. Mai 1986, sowie der am 30. Mai 1986 an die Gemeinde per Post versandte geänderte Gewerbesteuermessbescheid für 1986 sind jeweils an Steuerberater U. adressiert.
Diese Bescheide enthielten jeweils den Hinweis „Dadurch erledigt sich ihr Rechtsbehelf/Antrag vom 25.11.1983 (bei ESt bzw. USt) bzw. vom 16.12.1983 (bei GewStMB)”. Dem geänderten Einkommensteuer- bzw. Umsatzsteuerbescheid war jeweils eine Anlage beigefügt.
Eine gesonderte schriftliche Erledigungserklärung des Klägers bzw. seines steuerlichen Vertreters ist aus den Akten nicht ersichtlich.
Mit Bescheid vom 14. April 1989 setzte das FA gegenüber dem Kläger persönlich Hinterziehungszinsen hinsichtlich der Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1978 fest. Beginn des Zinslaufes war die jeweils erstmalige Veranlagung, Ende des Zinslaufs war die Änderungsbescheide vom November 1983. Aus der Höhe des zu verzinsenden Betrages ergibt sich, dass dabei die Abhilfebescheide von 1986 berücksichtigt sind. Im Strafverfahren wurde der Kläger mit rechtskräftigem Urteil vom 9. Februar 1989 zu einer Geldstrafe wegen Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerhinterziehung 1978 verurteilt.
In einem Aktenvermerk des FA vom 12. September 1996 wurde festgehalten, dass der Kläger beim FA vorgesprochen habe, weil er von der Gemeinde zur Zahlung der Gewerbesteuer 1978 aufgefordert worden sei.
In einem Schreiben vom 29. September 1997 richtete RA Dr. C. die Bitte an das FA, die alten Veranlagungen zu berichtigen. Er führte weiter aus: „Anbei noch die Ergänzungsblätter zum Einkommensteuerbescheid 1978, ferner der Nachweis zur Kirchensteuererstattung, was ja nur darauf beruhen kann, dass eine Veranlagung erfolgte.” Ferner war ein Schreiben des RA L. vom 5. Juli 1984 beigefügt. Lt. eines Aktenvermerks vom 20. Oktober 1997 wurde festgehalten, dass nach einem Telefonat mit Herrn Dr. C. eine Stellungnahme des FA nicht mehr erforderlich sei, er würde die Sache mit dem Mandanten erledigen.
Am 14. Januar 1999 erklärte der Kläger beim FA zur Niederschrift – selbstgelesen, genehmigt und unterschrieben –, er habe die streitigen Steuerbescheide nicht erhalten. Ebenso habe auch Steuerberater Ulm die Bescheide nicht bekommen. Dann behauptete er aber, er habe im Januar 1998 anlässlich einer persönlichen Vorsprache beim FA die Originalbescheide ausgehändigt erhalten. Sein Einspruch sei damit nicht erledigt.
Am 22. Januar 1999 erklärte er telefonisch nochmals, die Originalbescheide seien ihm Ende 1997/Anfang 1998 ausgehändigt worden.
Mit Schreiben vom 29. Januar 1999 teilte das FA dem Kläger ...