Entscheidungsstichwort (Thema)
Organträgereigenschaft natürlicher Personen ohne eigene Umsätze. Unternehmereigenschaft bei Entgeltsverzicht. Umsatzsteuer 1999 und 2000
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine natürliche Person ohne eigene Umsätze kann nicht Organträger sein.
2. Verzichtet der Alleingeschäftsführer und zu 90 v.H. an einer GmbH beteiligte Eigentümer des an die GmbH vermieteten Betriebsgrundstücks im Anschluss an die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks nach Eintritt in den mit seinen Eltern bestehenden Mietvertrag nicht nur vorübergehend sondern auf unbestimmte Zeit auf ihm zustehenden Mieteinnahmen, besteht keine Absicht zur entgeltlichen Tätigkeit.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1, Abs. 1 S. 3
Nachgehend
Tenor
1. Der Umsatzsteuerbescheid für 1999 vom 18. Oktober 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2002 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 7. August 2002 wird aufgehoben.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 1/3, der Beklagte zu 2/3.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger war in den Streitjahren Geschäftsführer der B.-GmbH (GmbH). Am Stammkapital der GmbH war er zu 19,6 v. H. beteiligt. Mit notarieller Urkunde vom 23. Dezember 1998 übertrugen die Mitgesellschafter – die Eltern des Klägers – mit Wirkung vom 31. Dezember 1998 diesem weitere Geschäftsanteile, so dass die Beteiligung des Klägers auf 90 v. H. anstieg (FG-Akte Bl. 32). Außerdem erhielt der Kläger mit notariellem Vertrag vom 23. Dezember 1998 mit Wirkung vom 30. Dezember 1998 das Eigentum an dem Betriebsgrundstück … straße 5 in G. übertragen. Der Kläger war vor diesem Zeitpunkt nicht Miteigentümer an dem Grundstück (FG-Akte Bl. 39 Rs.). Zwischen den Eltern des Klägers und der GmbH bestand ein Mietvertrag über die umsatzsteuerpflichtige Nutzung des Grundstücks (vgl. Rb-Akte Bl. 60). Vereinbart war zuletzt ein Mietzins von netto 34.500 DM (Rb-Akte Bl. 65). Die GmbH war seit Jahren aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, die vereinbarte Miete zu bezahlen. Anlässlich einer Gesellschafterversammlung am 30. Dezember 1998 (Rb-Akte Bl. 58) wurde folgende Vereinbarung getroffen: „Herr … verzichtet auf die Mietzahlungen, diese sind wieder aufzunehmen, wenn sich die finanzielle Situation der GmbH deutlich verbessert. Hierzu ist ein gesonderter Gesellschafter-Beschluss notwendig.” Ein Gesellschafterbeschluss über die Wiederaufnahme der Mietzahlungen ist nicht ergangen.
Der Kläger vor war bis einschließlich 1998 nicht unternehmerisch tätig und auch bei dem Beklagten (dem Finanzamt – FA–) nicht als Unternehmer erfasst. In der Zeit von März bis Juli 2000 erzielte er Erträge als Unternehmensberater (freier Mitarbeiter). Er reichte am 7. März 2003 eine Umsatzsteuererklärung ein, in der er Umsätze i. H. v. 24.565 DM und Vorsteuerbeträge i. H. v. 48 DM erklärte und eine Umsatzsteuerschuld von 3.882,40 DM (= 1.985,01 EUR) errechnete. Die Spalten 13 bis 15 des Erklärungsvordrucks („Dauer der Unternehmereigenschaft”) sind nicht ausgefüllt. Bei den Akten befindet sich keine Gewerbeanmeldung. Der Kläger hat zum Nachweis der Dauer der unternehmerischen Tätigkeit im Jahr 2000 Rechnungen vorgelegt (FG-Akte Bl. 58 bis 64).
Nachdem über das Vermögen der GmbH am 28. April 2000 (USt-Akte 2000, Bl. 0.7) das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, behandelte das FA den Kläger für die Streitjahre (1999 und 2000) als Organträger der GmbH und setzte die Umsatzsteuer 1999 mit Bescheid vom 18. Oktober 2001 auf 810.674 DM und die Umsatzsteuer 2000 mit Bescheid vom 28. November 2001 auf 626.087 DM fest (USt-Akte 1999 Bl. 4, USt-Akte 2000 Bl. 8). Die Einsprüche des Klägers verband es zur gemeinsamen Entscheidung und wies sie mit Einspruchsentscheidung vom 28. März 2002 als unbegründet zurück (Rb-Akte Bl. 72). Mit Bescheiden vom 7. August 2002 wurde jeweils der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben (FG-Akte Bl. 28, 30). Mit Bescheid vom 26. August 2003 (FG-Akte Bl. 53) berücksichtigte das FA die vom Kläger als Unternehmensberater am 10. Februar 2003 eingereichte Umsatzsteuererklärung für 2000 (FG-Akte Bl. 45). Aufgrund einer geänderten Umsatzsteuererklärung der GmbH setzte das FA mit Bescheid vom 24. Oktober 2003 die Umsatzsteuer für 2000 auf einen Betrag von 226.747,21 Euro herab.
Mit seiner am 18. April 2002 erhobenen Klage trägt der Kläger vor, er könne mangels Unternehmereigenschaft nicht Organträger sein. Anders als seine Rechtsvorgänger habe er aus dem Mietverhältnis keine Einnahmen bezogen, und zwar nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer. Er habe formell auf die Mietzahlungen verzichtet. Allein aus dem redaktionellen Zusatz zu dem Gesellschafterbeschluss vom ...