rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemischte Schenkung eines Erbbaurechtsanteils
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem juristischen Laien erscheint es denkbar, dass er bei Schenkung eines im Erbbaurecht errichteten Gebäudes wegen der Übernahme der Verpflichtung zur Weiterzahlung des Erbbauzinses durch den Erwerber das Missverhältnis von Leistung (Gebäude und Erbbaurechtsanteil) und Gegenleistung nicht erkennt.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Schenkungssteuerfestsetzung, zuletzt in Gestalt des Änderungsbescheides vom 28.9.2001, wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob eine gemischte Grundstücksschenkung vorliegt, weil ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleitung gegeben ist.
Mit Vertrag vom 16.4.1999 übertrug der am 5.7.1913 geborene Herr dem Kläger seinen ideellen Hälfteanteil an dem Erbbaurecht der Gemarkung, Fl.-Nr. gegen eine Zahlung von 120.000 DM und behielt sich das Nießbrauchsrecht auf Lebensdauer an dem übertragenen Erbbaurechtsanteil vor. Auf die Probleme einer Bruchteilsgemeinschaft wurde vom Notar ausdrücklich hingewiesen.
Vor dem Verkauf hatte der Verkäufer aufgrund des beabsichtigten Verkaufs beim Gutachterausschuss des Landkreises ein Gutachten über den Wert des auf dem Erbaugrundstück aufstehenden Gebäudes in Auftrag gegeben (vgl. Bl. 72 -74 Finanzgerichts-Akte), in dem der Sachwert des Gebäudes zum 1.1.1999 mit 353.722 DM ausgewiesen wurde (Bl. 23 ff Finanzgerichts-Akte).
Da der sogenannte Bedarfswert für den übertragenen Hälfteanteil vom Lagefinanzamt zunächst auf 493.500 DM festgestellt worden war, ging der Beklagte (Finanzamt) von einer gemischten Schenkung aus und setzte mit Bescheid vom 5.6.2000 (Bl. 116 Finanzamts-Akte) gegen den Kläger Schenkungsteuer in Höhe von 82.616 DM fest, wovon es aufgrund des Nießbrauchs einen Teilbetrag in Höhe von 11.914 DM zinslos stundete.
Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass eine freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz – ErbStG – nicht vorliege, da der Verkäufer nicht im Bewusstsein einer freigebigen Zuwendung gehandelt habe und die Beteiligten nach dem Verkehrswertgutachten des Gutachterausschusses den Kaufpreis mit 120.000 DM festgelegt hätten, wobei sie von einem Wert des Nießbrauchs in Höhe von 60.000 DM ausgegangen seien. Es sei kein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben.
Möglicherweise sei zwar aufgrund der Nichtberücksichtigung des Erbbauzinses beim Kläger eine Bereicherung eingetreten, doch sei diese nicht auf einem Willen des Veräußerers zur Unentgeltlichkeit zurückzuführen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 15.5.2001 (Bl. 170 ff Finanzamt-Akte) setzte das Finanzamt die Schenkungsteuer auf 41.311 DM herab, da das Lagefinanzamt den Bedarfswert auf 417.500 DM herabgesetzt hatte.
Im Klageverfahren hält der Kläger daran fest, dass keine gemischte Schenkung vorliege. Er wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und verweist auf ein Sachverständigengutachten (Bl. 39 ff Finanzgerichts-Akte), in dem der Wert des übertragenen Hälfteanteils auf 293.000 DM festgestellt wird. Dieses Gutachten war für den späteren Verkauf (16.4.1999) der anderen Hälfte des Erbbaurechts durch die unter Betreuung stehende Ehefrau des Verkäufers an die Schwester des Klägers erstellt worden (Kaufpreis 280.000 DM).
Der Kläger weist ferner darauf hin, dass der Verkäufer, wie durch das Gutachten des Gutachterausschusses und die ergänzenden Schreiben (Bl. 72 -74 Finanzgerichts-Akte) davon ausgegangen sei, dass aufgrund des Nießbrauchsvorbehalts er eine Gegenleistung nur für den Gebäudewert erhalten könne, da der Kläger den Erbpachtvertrag übernehmen musste.
Nachdem das Lagefinanzamt erneut den Bedarfswert geändert hatte, setzte das Finanzamt mit Änderungsbescheid vom 28.9.2001 (Bl. 80 Finanzgerichts-Akte) die Schenkungsteuer auf 44.298 DM herauf. Während des Klageverfahrens wurde der Bedarfswert nunmehr bestandskräftig auf 293.000 DM herabgesetzt. Eine Änderung der Schenkungsteuerfestsetzung erfolgte bislang nicht.
Der Kläger beantragt, die Schenkungsteuerfestsetzung in Gestalt der Einspruchsentscheidung und die Änderungsbescheide aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Es ist weiterhin der Auffassung, dass in der Streitsache eine gemischte Schenkung vorliege.
Am 29.3.2006 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
In der Streitsache liegt keine sogenannte gemischte Schenkung vor. Der Senat hält nicht mehr an seiner im Aussetzungsverfahren vertretenen Auffassung fest.
Zwar ist bei einem auffallenden Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenl...