Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsberechtigung bei Überzahlung von ESt für zusammen veranlagte Eheleute. Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung: Lebens- und/oder Wirtschaftsgemeinschaft. Abrechnungsbescheid für Einkommensteuer 1997. Einkommensteuervorauszahlung 1998
Leitsatz (redaktionell)
Bei zusammenveranlagten Eheleuten ist im Zweifel nicht davon auszugehen, dass der Ehepartner nur seine eigene Schuld tilgen will, sondern dass es bei natürlicher Betrachtungsweise der regelmäßigen Absicht der Eheleute entspricht, dass der auf die gemeinsame Steuerschuld Zahlende den anderen Ehepartner von seiner Steuerschuld befreien will.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2; EStG § 36 Abs. 4 S. 3, §§ 26, 26b
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin und ihr Ehemann (E) wurden für 1993 getrennt zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Auch für 1994 erfolgten zunächst getrennte Veranlagungen (ESt-Bescheid gegen die Klägerin vom 17. Mai 1996, Bl. 36–39 FG-Akte; StNr.: 125/10638). Im Bescheid vom 17. Mai 1996 wurden u. a. vierteljährliche Vorauszahlungen (VZ) 1997 gegen die Klägerin i.H.v. je 22.478,50 DM (ESt plus Solidaritätszuschlag – SolZ –) festgesetzt und für das erste Quartal von der Klägerin unter Angabe der o.g. StNr. entrichtet.
Im April 1997 vereinbarten die Eheleute, für die Veranlagungszeiträume 1995 bis einschließlich 1997 Zusammenveranlagung zu wählen. Da E erhebliche Verlustvorträge hatte, war für 1997 eine gemeinsame ESt-Schuld von 0 DM zu erwarten. Daher beantragte der damalige steuerliche Berater Herabsetzung der VZ auf 0 DM. Dem gab der Beklagte (das Finanzamt –FA–) statt.
Auch für 1994 beantragten die Eheleute rückwirkend gemeinsame Veranlagung, wodurch sich für die Klägerin ebenfalls eine ESt von 0 DM ergab (s. Bescheid vom 19. September 1997, Bl. 40–43 FG-Akte). Im nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten ESt-Bescheid 1994 vom 27. Oktober 1997 wurden unter der StNr. 125/17755 VZ 1997 i.H.v. insgesamt 255.921,03 DM festgesetzt (für das vierte Quartal), auf die der von der Klägerin gezahlte Betrag von 22.478,50 DM angerechnet wurde (Fälligkeit: 10. Dezember 1997); für 1998 vierteljährliche VZ von 59.520 DM ESt und 4.450,07 DM SolZ (später herabgesetzt auf 3.263 DM). Gegen den VZ-Bescheid 1997/98 wurde kein Einspruch eingelegt. Die Klägerin zahlte mit Scheck vom 05. Dezember 1997 an das FA die VZ für das vierte Quartal 1997 (255.921,03 DM) mit Angabe der StNr. 125/17755 von ihrem Konto 68… bei der Hypobank (Bl. 53 FG-Akte). Ferner entrichtete sie fristgerecht die VZ I–III 1998 i.H.v. jeweils 62.783 DM unter Angabe der StNr. 125/17755 vom selben Konto (Bl. 49 RB-Akte).
Am 09. Februar 1998 ging beim FA die gemeinsame ESt-Erklärung 1996 ein. Als Bankverbindung war das Konto des E bei der Hypobank München angegeben (Bl. 30 ESt-Akte 1996; so auch bereits in der ESt-Erklärung 1995 vom 24. Juni 1997, Bl. 63 ESt-Akte 1995).
Am 08. April 1997 zeigten die Klägerin und E an, dass E seine Erstattungsansprüche aus den ESt-Veranlagungen 1995–1997 an die Klägerin abgetreten hatte (Bl. 48 f. FG-Akte). Diese Anzeige wurde nachträglich vom Steuerberater dahingehend berichtigt, dass die Abtretung auf die Jahre 1995 und 1996 begrenzt wurde (Eingang der korrigierten Anzeige beim FA am 23. April 1997, Bl. 106 FG-Akte). Als Konto war das Konto der Klägerin bei der Hypobank (Nr. 68…) angegeben.
Im Juli 1997 gingen zwei Schreiben des FA an E, welche an die mit der Klägerin gemeinsame Adresse gerichtet waren, als unzustellbar zurück (ESt-Akten 1994–1996 Vorheftung). Das Einwohnermeldeamt teilte ebenfalls im Juli dem FA die neue Anschrift des E in Meißen mit (a.a.O). Der Sachbearbeiter der Veranlagung erstellte am 24. Juli 1997 einen Aktenvermerk, worin er die Frage aufwarf, ob die Klägerin und E dauernd getrennt lebten (Bl. 1 ESt-Akte 1997 zu StNr. 125/17755). Zuvor (am 17. Juli 1997) war beim FA eine von der Klägerin und E gemeinsam unterzeichnete Zustellungsvollmacht eingegangen, wonach sämtlicher Schriftverkehr unter der StNr. 125/17755 mit der Steuerberatung zu führen sei und sämtliche Steuerbescheide an deren Adresse zuzustellen seien. E teilte dem FA im Schreiben vom 31. Januar 2000 mit, er lebe seit Ende 1998 von Klägerin getrennt.
Am 17. August 1998 ging die gemeinsame, von beiden Eheleuten unterschriebene ESt-Erklärung 1997 beim FA ein. Als Adresse war der bisherige gemeinsame Wohnsitz angegeben; die Bankverbindung war nicht ausgefüllt, aber die Zeile 16 angekreuzt, wonach Kontoinhaber E war (Bl. 9 ESt-Akte 1997 zu StNr. 125/17755).
Lt. ESt-Bescheid 1997 vom 14. Oktober 1998 ergab sich eine ESt von ./. 1.373 DM. Von dem Guthaben (280.865,49 DM) wurden 140.675,72 DM am 20. Oktober 1998 auf das in der ESt-Erklärung 1996 angegebene gemeinsame Kto. erstattet (dasjenige des E). E leitete später diesen Betrag an die Klägerin weiter. Der Restbetrag von 139.199,77 DM wurde am selben Tag mit Steuerschulden des E verrechnet (Bl. 8 RB-Akte).
Gegen die ESt-Erstattung l...