Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Abzugsverbot für in den Jahren 2020 und 2021 entstandene Betriebsausgaben aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage bei der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Einnahmen aus einer Photovoltaikanlage sind unter den in § 3 Nr. 72 EStG genannten Voraussetzungen ab dem Jahr 2022 steuerfrei.
2. Ausgaben dürfen nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.
3. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ist anzunehmen, wenn die Ausgaben und steuerfreien Einnahmen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind.
4. In den Jahren 2020 und 2021 durch den Betrieb einer Photovoltaikanlage entstandene Steuerberatungskosten und Umsatzsteuernachzahlungen sind nicht durch erst durch Einnahmen ausgelöst worden, die ab 2022 steuerfrei sind.
5. Ausgaben, die mit früher erzielten steuerpflichtigen Einnahmen im Zusammenhang stehen, unterfallen nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 EStG.
Normenkette
EStG § 3c Abs. 1, § 4 Abs. 3, § 11 Abs. 2, § 52 Abs. 4 S. 28, § 3 Nr. 72
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Anerkennung von Betriebsausgaben aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage für das Streitjahr 2022.
Der Antragsteller erzielte bis einschließlich 2021 gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage auf seinem privaten Einfamilienhaus. Seinen Gewinn ermittelte er durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Für das Streitjahr 2022 machte der Antragsteller einen Verlust in Höhe von insgesamt xxx € geltend, der sich aus den auf diesen Betrieb entfallenden Steuerberatungskosten für 2020 und 2021 (jeweils xxx €) sowie aus Umsatzsteuernachzahlungen für 2020 (xxx €) und für 2021 (xxx €) zusammensetzt.
Der Antragsgegner lehnte die Berücksichtigung dieses Verlustes im Einkommensteuerbescheid für 2022 vom 13.8.2024 unter Hinweis auf die ab 2022 geltende Steuerbefreiung der Photovoltaikanlage gemäß § 3 Nr. 72 EStG ab.
Hiergegen legte der Antragsteller fristgerecht Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung verwies er darauf, dass Betriebsausgaben nach § 3c Abs. 1 EStG dann vom Abzug ausgeschlossen seien, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stünden. Vorliegend bestehe jedoch kein solcher Zusammenhang. Die Ausgaben für die früheren Jahre wären vielmehr auch ohne Erzielung steuerfreier Einnahmen angefallen. Ein rein zeitlicher Zusammenhang sei für die Anwendung von § 3c Abs. 1 EStG irrelevant.
Mit Bescheid vom 19.8.2024 lehnte der Antragsgegner den Aussetzungsantrag ab. Zur Begründung verwies er auf das BMF-Schreiben vom 17.7.2023 (BStBl. I 2023, 1494, Tz. 21 und 29). Danach seien Betriebsausgaben ab 2022 auch dann nicht abzugsfähig, wenn sie ursächlich aus früheren steuerpflichtigen Jahren stammten. Die zeitliche Zuordnung der Betriebsausgaben erfolge allein nach der Art der Gewinnermittlung und damit im Streitfall nach dem Zu- und Abflussprinzip. Eine andere Abgrenzung sei nicht möglich. Da § 3 Nr. 72 EStG Einnahmen ab 2022 unabhängig vom Eintritt einer wirtschaftlichen Änderung steuerfrei stelle, komme auch für Zwecke des § 3c Abs. 1 EStG eine echte wirtschaftliche Abgrenzung nicht in Betracht. Wegen der Steuerfreistellung der Einnahmen nach Zufluss könnten auch wirtschaftlich früheren Jahren zuzurechnende Einnahmen, die erst im Jahr 2022 zufließen, steuerfrei sein.
Daraufhin hat der Antragsteller einen gerichtlichen Aussetzungsantrag gestellt. Er führt ergänzend aus, dass auch das vom Antragsgegner zitierte BMF-Schreiben auf das Belastungsprinzip abstelle, indem es in Tz. 21 auch Ausgaben im Zusammenhang mit einem zukünftigen Betrieb als nicht abzugsfähig ansehe. Eine wirtschaftliche Zuordnung der Betriebsausgaben sei vorliegend möglich, da sie eindeutig steuerpflichtigen Betriebseinnahmen zugeordnet werden könnten. Dem stehe auch Tz. 29 des BMF Schreibens nicht entgegen, da hierin (ebenso wie in § 3 Nr. 72 EStG) nur die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Entnahmen, nicht aber von Ausgaben, geregelt werde.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 2022 vom 13.8.2024 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung i.H.v. xxx € auszusetzen,
hilfsweise, gegen die Entscheidung des Finanzgerichts die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er trägt ergänzend vor, dass nicht sämtliche Ausgaben mit wirtschaftlichem Zusammenhang zu Einnahmen der Jahre 2021 und früher mit Einnahmen im Zusammenhang stünden, die steuerpflichtig waren. In der besonderen Konstellation der Anwendung von § 3c Abs. 1 EStG in den Fällen des § 3 Nr. 72 EStG seien daher typisierend die zeitlichen Zuordnungsregelungen von Tz. 29 des BMF-Schreibens auf die Betriebsausgaben zu übertragen. § 3c Abs. 1 EStG verlange nicht, d...