rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung von aufgrund eines lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs an einem stimmrechtslosen GmbH-Anteil gezahlten Ausschüttungen beim Nießbrauchsbesteller
Leitsatz (redaktionell)
Steht dem Nießbraucher mangels eindeutiger anderweitiger Zuweisung weiterer Gesellschaftsrechte im Wesentlichen nur das Gewinnbezugsrecht zu und bleibt ihm insbesondere das Recht zur Mitwirkung an der Erzielung von Kapitalvermögen verwehrt, stellt die Einräumung des unentgeltlichen lebenslänglichen Nießbrauchs an dem Geschäftsanteil einer GmbH lediglich eine Vorausabtretung künftiger Gewinnansprüche dar mit der Folge, dass die Ausschüttungen weiterhin dem Anteilseigner als Gesellschafter bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1, 1 Nrn. 1, 3, Abs. 2a, § 36 Abs. 2, 2 Nr. 3, § 52 Abs. 20, 20 S. 3; AO 1977 § 39 Abs. 2, 2 Nr. 1, § 174 Abs. 5; BGB § 99 Abs. 2, §§ 100, 1030, 1068 Abs. 2, § 1069; GmbHG § 16; EStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die auf Grund eines lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs an einem Geschäftsanteil einer GmbH gezahlten Ausschüttungen dem Nießbrauchsbesteller oder dem Nießbraucher als Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind.
Der verheiratete, 19.. geborene Kläger (Kl.), der getrennt zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt wird, ist Gesellschafter der K. N. Gesellschaft mit beschränkter Haftung in H. (GmbH). Zweck der Gesellschaft ist der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an anderen Unternehmen. Das Stammkapital der GmbH betrug im Jahr 1993 insgesamt 005 DM. Es ist unterteilt in Geschäftsanteile über 001 DM, 002 DM, 003 DM und einen Geschäftsanteil über 004 DM. Lediglich der Geschäftsanteil von 001 DM, über den der Kl. allein noch verfügt, ist mit Stimmrechten verbunden (§ 7 des Gesellschaftsvertrags in den Fassungen vom 28. Juni 1991 und vom 16. September 1993, Blatt 53 ff und 61 ff. FG-Akte). Nach § 10 (1) des Vertrages vom 28. Juni 1991 beschließt die Gesellschafterversammlung über die Gewinnverwendung mit einfacher Mehrheit. Gewinne sind nur dann und insoweit auszuschütten, als nach Bildung von erforderlichen Rücklagen die Liquidität und wirtschaftliche Lage der Gesellschaft selbst und der Beteiligungsgesellschaft C. AG dies erlauben. Dem gegenüber haben nach der späteren Fassung die Gesellschafter Anspruch auf den Jahresüberschuss zzgl. eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags. Die Gesellschaft darf jedoch jährlich maximal 20 % der ihr von der AG und der S. N. GmbH zufließenden Bardividenden in eine Rücklage einstellen, bis eine Liquiditätsreserve gebildet worden ist, die so hoch ist, wie die in den letzten drei Jahren zugeflossenen Bardividenden. Am Liquidationserlös sind nach § 10 Abs. 2 beider Fassungen alle Geschäftsanteile im Verhältnis zu einander beteiligt, der Geschäftsanteil über 001 DM jedoch nur mit einem Betrag, der höchstens das 10-fache seines Nominalwertes erreicht. Als weitere wesentliche Änderung wurde die in § 9 der alten Fassung vorgesehene Verpflichtung der GmbH, nach dem Tode des Kl. den Anteil über 002 DM auf Verlangen des Inhabers nach bestimmten Bewertungskriterien zu erwerben, ersatzlos gestrichen. Hinsichtlich der Übertragung der Geschäfte ist in beiden Fassungen des Gesellschaftsvertrages vorgesehen, dass dieses – bis auf den 001 DM-Anteil – nur mit vorheriger Einwilligung des Kl. oder nach dessen Ableben, der C. gesellschaft mbH, erfolgen kann (§ 8 Abs. 1). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gesellschaftsverträge Bezug genommen.
Mit notariellem Vertrag vom 12.02.1993 bestellte der Kl. seiner 1941 geborenen Ehefrau F. N. an dem Geschäftsanteil im Nennbetrag von 002 DM den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch und zwar mit Wirkung zum 15. Februar 1993.
Nach § 3 des notariellen Vertrages ist die Nießbraucherin berechtigt, sämtliche Nutzungen aus dem Vertragsgegenstand zu ziehen. Ihr stehen sämtliche mit dem Geschäftsanteil verbundenen Gesellschafterrechte, insbesondere das Gewinnbezugsrecht zu. Der Kl. verpflichtet sich, alles zu unterlassen, was den Nießbrauch an dem Geschäftsanteil beeinträchtigen oder vereiteln könnte. Er trägt sämtliche, den vorgenannten Geschäftsanteil betreffenden Lasten und Steuern.
In § 5 des Vertrages war vorgesehen, dass der Notar die Bestellung des Nießbrauchs an dem Geschäftsanteil nach § 16 GmbHG bei der Gesellschaft anzeigt. Dies ist geschehen.
Auf den Geschäftsanteil von 002 DM entfielen in den Streitjahren 1993 (ab dem 15. Februar 1993) bis 1997 folgende Ausschüttungen und anrechenbare Steuern:
Jahr |
Einnahmen brutto |
anrechenbare KSt |
anrechenbare KapESt |
anrechenbarer Solidaritätszuschlag |
1993 |
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1994 |
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1995 |
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1996 |
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1997 |
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Für die Jahre 1993 – 1996 folgte das bis zum 31. August 2002 örtlich zuständige Finanzamt X. (FA) den Erklärungen des Kl. und dessen Ehefrau und berücksichtigte diese Beträge bei der ESt der Ehefrau. Die Veranlagungen erfolgten jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs...