Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitunternehmerschaft bei stiller Beteiligung
Leitsatz (amtlich)
Mitunternehmer ist ein stiller Gesellschafter regelmäßig, wenn er nicht nur am laufenden Gewinn und Verlust des Unternehmens teilhat, sondern auch an stillen Reserven und Firmenwert.
Wer jederzeit mit einer Frist von 6 Monaten zum Buchwert aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann, ist regelmäßig nicht Mitunternehmer.
Normenkette
AO §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2a; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4
Tatbestand
Streitig ist, ob die stille Beteiligung des Klägers am Unternehmen der Mutter zur Mitunternehmerschaft des Klägers geführt hat.
Die Klägerin betrieb in den Streitjahren ein Unternehmen für Heizungs- und Lüftungsbau. Mit Vertrag vom 27.12.1993 beteiligte sich der Kläger ab 01.01.1994 am Unternehmer seiner Mutter mit einer Einlage von insgesamt 750.000 DM, die auf Anforderung zu erbringen und auf das Konto der Inhaberin zu überweisen war (§ 2 GV). Die Gesellschaft konnte mit einer Frist von 6 Monaten zum Schluss des Geschäftsjahres gekündigt werden (§ 3 Ziff. 2 GV). Geschäftsführung und Vertretung stand allein der Inhaberin zu, während die Einwilligung des stillen Gesellschafters erforderlich war für die Änderung des Unternehmensgegenstandes, Umwandlung der Kommanditgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, (teilweise) Veräußerung oder Verpachtung des Unternehmens und vollständige oder teilweise Einstellung des Geschäftsbetriebs (§ 5 GV). Der Stille war am Gewinn und Verlust der Gesellschaft mit 20 % beteiligt, höchstens aber in Höhe von 35 % seiner Einlage. Die Beteiligung am Verlust war auf die Höhe der Einlage beschränkt. An den stillen Reserven war der Stille nicht beteiligt (§ 8 GV). Auch bei Auseinandersetzung der Gesellschaft sollten stille Reserven und ein Geschäftswert nicht berücksichtigt werden (§ 14 Ziff. 1 GV). Der stille Gesellschafter war berechtigt, sich von den Angelegenheiten der Inhaberin persönlich zu unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere einzusehen und sich aus ihnen eine Übersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anzufertigen (§ 10 Ziff. 1 GV). Mit der Liquidation der Inhaberin sollte auch die stille Gesellschaft enden (§ 12 Ziff. 1 GV). In den Streitjahren war der Kläger arbeitsvertraglich im Betrieb der Mutter als Meister beschäftigt.
Die Einlage leistete der Kläger in Höhe von 500.000 DM am 21.10.1994, in Höhe von 250.000 DM im Jahr 1995.
Die Gesellschaft endete Anfang 1996. Mit Beschluss vom 02.05.1996 wies das Amtsgericht Nürnberg den Antrag über die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse ab.
In den Einkommensteuererklärungen 1994 und 1995 hatte der Kläger den Verlust aus der stillen Beteiligung in Höhe von jeweils 262.500 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erklärt. Wegen der Nichtanerkennung der Verluste hatte der Kläger Einspruch eingelegt.
Am 18.11.1998 reichte der Kläger für alle Streitjahre Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung beim Finanzamt ein. Für 1994 wurde ein Verlust von 1.446.702 DM erklärt, wobei auf den Kläger 262.500 DM und auf die Klägerin 1.184.202 DM entfielen. Für 1995 erklärten beide einen Gewinn von 706.974 DM, wobei auf die Klägerin 969.474 DM und auf den Kläger wiederum ein Verlust von 262.500 DM entfielen. Für 1996 erklärten sie einen Verlust von 192.362 DM. Auf den Kläger entfielen J. 38.473 DM und auf die Klägerin J. 153.889 DM.
Am 09.02.2000 erließ das Finanzamt negative Feststellungsbescheide für 1994, 1995 und 1996. Die Voraussetzungen für eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung seien nicht gegeben, da keine atypisch stille Gesellschaft vorliege. Die Kläger hatten erfolglos Einspruch eingelegt und gegen die Einspruchsentscheidung vom 28.05.2002 am 13.06.2002 Klage erhoben.
Der Kläger sei durch seine Beteiligung als Mitunternehmer gewerblich tätig geworden. Der schriftliche Vertrag über die stille Gesellschaft habe durch mündliche Vereinbarung und tatsächliche Entwicklung eine Ausgestaltung erfahren, die bezüglich der Rechte und Pflichten des Stillen weit über das schriftlich festgehaltene hinaus gegangen sei. Die Unternehmensinhaberin habe dem Kläger abweichend von §§ 230 ff HGB ermöglicht, maßgeblichen Einfluss auf das Schicksal des Betriebs zu nehmen. Dies habe sich auf die Erfolgsbeteiligung des Klägers ausgewirkt. Der Kläger sei ähnlich einem nicht weisungsgebundenen Geschäftsführer tätig gewesen, er habe wesentlich die Geschicke des Unternehmens gestaltet. Er habe das- Unternehmen bei wichtigen Bankgeschäften vertreten, wesentlichen Einfluss bei Kreditvergabe bzw. -verlängerung ausgeübt, wichtige Verhandlungen mit den Hauptlieferanten des Unternehmens geführt und sei auch in den Bereichen Auftragsvergabe und Preisgestaltung teilweise allein entscheidungsbefugt gewesen. Für verbindliche Rechtsgeschäfte habe ihm die Mutter jeweils Einzelvollmachten erteilt.
Zwar sei der Kläger nicht beteiligt gewesen an stillen Reserven und Firmenwert. Doch dieser Mangel sei durch entsprechend stärker aus...