Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Einspruchs gegen die Feststellung des Grundbesitzwertes für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gesonderte Wertfeststellung des Wohnanteils Befugnis des Finanzamts zum Erlass eines Änderungsbescheids
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch bei Einsprüchen gegen Sammelbescheide erfolgt die Auslegung eines Einspruchs anhand der erklärten Zielrichtung des Rechtsbehelfs. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige denjenigen Verwaltungsakt anfechten will, der angefochten werden muss, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen. Dies gilt grundsätzlich auch für Erklärungen rechtskundiger oder rechtskundig beratener Personen. Die Auslegung kann hingegen nicht zur Annahme eines Erklärungsinhalts führen, für den sich in der Erklärung selbst keine Anhaltspunkte finden lassen.
2. Da die gesonderte Wertfeststellung des Wohnanteils bindend für die angegriffene Feststellung (§ 182 Satz 1 AO)ist, da das Wohnhaus zwingend zu der wirtschaftlichen Einheit des vererbten Betriebes der Land- und Forstwirtschaft gehört (§ 158 Abs. 3 Nr. 6 BewG), mithin für diese Bewertung von Bedeutung ist (151 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz 2. Alternative BewG) ist die angegriffene Feststellung bereits gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern.
Normenkette
AO §§ 162, 174 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Befugnis des Finanzamts, einen Änderungsbescheid zu erlassen.
Anlässlich des Todes von A am 08.02.2015 reichte die Klägerin - nach Aufforderung durch das Finanzamt - am 24.11.2016 eine Bedarfswerterklärung für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (angekreuzt in Zeile 3) des Verstorbenen ein. In dieser gab sie an, dass der Betrieb im Ganzen verpachtet sei (Zeile 41 Anlage L&F), kein Wohnteil zum Betrieb gehöre (Zeile 32 Anlage L&F) und kein räumlicher Verbund zur Hofstelle bestehe (Zeile 35 Anlage L&F). Davon abweichend trug sie in Zeile 34 ein, dass ein räumlicher Verbund des Wohnteils mit Gebäuden des Wirtschaftsteils bestehe.
Mit gesonderter Feststellung vom 21.12.2016 wurde der Grundbesitzwert für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, 1, Straße 1 für Zwecke der Erbschaftsteuer auf den 08.02.2015 auf 32.468 € festgestellt. Der Bescheid führt sowohl unter "Wert des Wirtschaftsteils" als auch unter den Erläuterungen auf, dass Grundlage der Bewertung eine Betriebsverpachtung im Ganzen sei. Er enthält in den Berechnungsgrundlagen ausschließlich Ausführungen zum Wert des Wirtschaftsteils und den Grundbesitzwert; Ausführungen zu einem Wohnteil oder Wohngebäuden finden sich nicht.
Nach Aufforderung durch das Finanzamt mit Schreiben vom 21.03.2017, eine Bedarfswerterklärung auch für den Wohnteil der Straße 1 auf den 08.02.2015 abzugeben und einer entsprechenden Bedarfswerterklärung durch die Klägerin stellte das Finanzamt mit Bescheid vom 12.06.2017 den Bedarfswert für den Wohnteil, 1, Straße 1 für Zwecke der Erbschaftsteuer auf den 08.02.2015 gesondert fest. Die Erklärung erfolgte ausdrücklich für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (Zeile 3) und nicht für das Grundstück (Zeile 2); anders als bei der Erklärung aus 2016 findet sich in Zeile 24 - 26 keine Angabe zur Mitwirkung eines Berufsträgers. Mit Bescheid vom 24.08.2017 reduzierte das Finanzamt die Feststellung in der Höhe.
Mit Beschluss vom 05.02.2018 (4 V 950/17) setzte das Finanzgericht Nürnberg die Vollziehung dieses Bescheides für die Dauer des Einspruchsverfahrens aus, weil die Klägerin erstmals im gerichtlichen Aussetzungsverfahren vorgetragen hatte, dass ein bedeutender Anteil der landwirtschaftlichen Flächen nicht verpachtet worden sei.
Mit Bescheid vom 18.12.2018 wurden die Bescheide vom 12.06.2017 und 24.08.2017 (wirtschaftliche Einheit 1, Straße 1 - Wohnteil) aufgehoben. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage wurde die Feststellung für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft Straße 1 geändert. Der festgestellte Wert wurde auf 668.528 € erhöht. Die Berechnungsgrundlagen enthalten auch einen Wert für den Wohnteil; ausweislich der Erläuterungen war das Wohnhaus als land- und forstwirtschaftliches Vermögen wegen einer nicht nur gelegentlichen Bewirtschaftung zu bewerten. Der Bescheid enthält als Anlagen explizit gesonderte Bewertungsfeststellungen für den Grund und Boden des Flurstücks xxx, 2 (Anlage 1; Liquidationswert) und des Wohnteils (Anlage 2).
Die Klägerin erhob fristgerecht Einspruch gegen die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 08.02.2015 für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (unter Nennung des Wertes von 668.528 €). Eine Antragstellung behielt sie einem gesonderten Schriftsatz vor, ohne diese Ankündigung umzusetzen. In der Begründung wendete sie sich ausschließlich gegen die Befugnis zur Änderung des Bescheides vom 21.12.2016; inhaltliche Angriffe gegen die festgestellten Werte führte sie nicht. Einsprüche gegen die weiteren Feststellungen (Flurstück xxx, Wohnteil) erhob sie nicht.
Das Finanzamt w...