Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Annahme einer freigebigen Zuwendung durch Einräumung von Nutzungsrechten
Leitsatz (redaktionell)
Räumt der Eigentümer eines Hausgrundstücks seiner Lebensgefährtin ein dinglich gesichertes Mitbenutzungsrecht an seiner Wohnung zu seinen Lebzeiten und ein alleiniges lebenslängliches Wohnrecht für den Fall seines Vorversterbens ein gegen Übernahme einer Pflegeverpflichtung und enthält dieser Vertrag eine Klausel, wonach die gegenseitigen Pflichten aus dem Vertrag bei vorzeitiger Auflösung der Lebensgemeinschaft erlöschen, so liegt in der Einräumung des Mitbenutzungsrechts keine Schenkungsteuer auslösende freigebige Zuwendung.
Bei der Einräumung des alleinigen Selbstnutzungsrechts für die Zeit nach dem Tod des Eigentümers handelt es sich um einen aufschiebend bedingten (und zugleich befristeten) Rechtserwerb und somit eine Schenkung auf den Todesfall; die Steuer entsteht also erst mit dem Tod des Zuwendenden.
Normenkette
ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine freigebige Zuwendung durch Einräumung von Nutzungsrechten an Wohnräumen und anderen Grundstücksteilen.
Durch notariellen Vertrag vom 10. April 2000 räumte der Kläger seiner Lebensgefährtin ..., mit der er laut den „Vorbemerkungen“ in Abschnitt I Ziffer 2 des Vertrages „seit ca. 10 Jahren zusammen in eheähnlicher Lebensgemeinschaft“ lebte, an dem Anwesen ...straße ... ein „lebenslängliches Wohnungs- und Benutzungsrecht“ ein. Dieses Recht umfasst nach Abschnitt II Ziffer 1 Buchstabe a und b des Vertrages,
„a) zu Lebzeiten des Eigentümers S. die Befugnis, die Wohnung im ersten Obergeschoss sowie alle Nebenräume des Anwesens wie Keller und Speicher sowie den Garten gemeinsam mit dem Eigentümer zu bewohnen und zu nutzen;
b) im Falle des Vorablebens von S. die Befugnis, die Wohnung im ersten Obergeschoss, die Nebenräume sowie den gesamten Garten alleine unter Ausschluss des Eigentümers zu bewohnen und zu nutzen.“
Eine Überlassung des Nutzungsrechts an Dritte war „auch im Falle des Vorablebens“ des Klägers nicht gestattet. Laut Abschnitt II Ziffer 2 des Vertrages verpflichtete sich die Lebensgefährtin „als Gegenleistung fü rdie Einräumung des vorstehenden Wohnungs- und Benutzungsrechtes“ den Kläger „bei Krankheit und im Alter unentgeltlich zu warten und zu pflegen“. Zur Sicherung des Wohnungs- und Benutzungsrechtes hatte der Kläger eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten seiner Lebensgefährtin zu bestellen. Nach Abschnitt II Ziffer 4 des Vertrages „erlöschen ... das Wohnungs- und Benutzungsrecht sowie die mit dem Recht verbundene Verpflichtung zu Warte und Pflege ... vorzeitig im Falle einer Auflösung der zwischen den Beteiligten bestehenden Lebensgemeinschaft“. Die Kosten der „Urkunde und ihres Vollzugs“ übernahm der Kläger.
Durch Schenkungsteuerbescheid vom 10. November 2000 setzte der Beklagte wegen dieses Vorgangs gegen den Kläger Schenkungsteuer von 7.565 DM fest, wobei er von einem Wert des steuerbaren Erwerbs von 54.504 Dm ausging und einen Freibetrag von 10.000 DM berücksichtigte. Bei der Berechnung des Erwerbswertes setzte er den Jahreswert des Wohnungs- und Benutzungsrechts unter Berücksichtigung eines Grundbesitzwertes von 142.000 DM, eines Nutzflächenanteils des Wohnrechts von 75/200, eines Lebensalters der Lebensgefährtin bei Vertragsabschluss von 32 Jahren und der Höchstwertgrenze nach § 16 BewG mit (142.000 x 75/200 =) 2.863 DM und den Kapitalwert mit (2.863 x 16,781 =) 48.044 DM an. Den Kapitalwert erhöhte er um den Wert der Steuerübernahme, den er mit (17 v. H. von 38.000 =) 6.460 DM ansetzte. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Im Verlauf des Klageverfahrens erklärte der Beklagte die Schenkungsteuerfestsetzung durch Bescheid vom 2. April 2002 im Hinblick auf verfassungsrechtliche Zweifel am ErbStG für vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO.
Mit der Klage begehrt der Kläger eine Aufhebung der Schenkungsteuerfestsetzung. Er trägt vor, es liege keine Schenkung vor. Dies folge bereits aus der Abrede, dass das Wohnrecht bei Auflösung der Lebensgemeinschaft beendet werden solle. Damit fehle es an dem Dauerhaften einer Schenkung, so dass eine Leihe anzunehmen sei. Überdies sei die Zuwendung von einer Gegenleistung - nämlich der Verpflichtung zur dauerhaften Pflege - abhängig. Insoweit bestehe eine kausale Verknüpfung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Schenkungsteuerbescheid vom 2. April 2002 sowie den Schenkungsteuerbescheid vom 10. November 2000 und die Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2001 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt aus,
die unentgeltliche Überlassung des lebenslänglichen Wohnungs- und Benutzungsrechts stelle eine freigebige Zuwendung dar. Dass dieses Recht bei Auflösung der Lebensgemeinschaft erlösche, sei - da es sich dabei um eine auflösende Bedingung handele - nciht in die Berechnung des Werts des Erwerbs einzubeziehen. Die Pflegeverpflichtung sei nicht als Gegenleistung abzuzie...