Leitsatz

Die in einem während der Geltung des Zivilgesetzbuches der DDR (ZGB) geschlossenen Mietvertrag enthaltene Klausel, wonach der Mieter das Wohnraummietverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen kündigen kann, gilt als wirksame vertragliche Vereinbarung nach dem 3. Oktober 1990 fort.

 

Sachverhalt

In einem 1988 im heutigen Beitrittsgebiet geschlossenen Mietvertrag über eine Wohnung heißt es u.a.:

"IX. Beendigung des Mietverhältnisses

1. Das Mietverhältnis endet durch: …

b) Kündigung durch den Mieter. …

2. Die Kündigung muß schriftlich - spätestens 2 Wochen vor Beendigung des Mietverhältnisses - erfolgen."

Mitte Oktober 1995 kündigten die Mieter zum 30. November. Die Vermieterin verlangt die Zahlung der Miete für Dezember und Januar. Sie meint, die Kündigungsfrist betrage nicht zwei Wochen, sondern - gemäß § 565 Abs. 2 BGB - mindestens drei Monate.

 

Entscheidung

Eine vertragliche Regelung, die während der Geltung der ZGB getroffen worden ist und wonach der Mieter das Wohnraummietverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen kündigen kann, gilt nach dem 3. Oktober fort, unbeschadet der seither eingetretenen Gesetzesänderung. Mit dieser Klausel hatten die Vertragsparteien wirksam vereinbart, von der gesetzlich vorgesehenen, aber nicht zwingenden Regelung der Kündigungsfrist (§ 120 Abs. 2 ZGB) abzuweichen. Grundsätzlich ging eine vertragliche Vereinbarung dem ZGB vor. Es hat auch tatsächlich Mietverträge mit abweichenden Kündigungsfristen gegeben.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss vom 22.01.1998, 8 RE-Miet 6765/97

Fazit:

Weicht eine vertragliche Vereinbarung von einer nicht zwingenden gesetzlichen Regelung ab, kann sie nicht entgegen ihrem klaren Wortlaut dahin uminterpretiert werden, daß eigentliche die jeweilige gesetzliche Regelung gelten solle. Auf die DDR-Mietverträge, die vor dem Beitritt geschlossen wurden, ist seit dem 3. Oktober 1990 das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) anzuwenden (Artikel 232 § 2 Abs. 1 EGBGB). Es wird also an bestehende Verträge angeknüpft. Daher gehen vertragliche Regelungen, die unter der Geltung des ZGB wirksam vereinbart wurden, den Vorschriften des BGB vor, soweit sie nicht gegen zwingendes Recht verstoßen.

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