Mit dem Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (BGBl I 2020, 2466) wurden zum 1.12.2021 die Ansparmöglichkeiten des Schuldners – zu Lasten des Gläubigers – in § 899 Abs. 2 ZPO neu geregelt. Ziel des Gesetzgebers ist es, dem Schuldner einen längeren Ansparzeitraum für größere Anschaffungen einzuräumen (BT-Drucks 19/19850, S. 35).

Voraussetzung dieses übertragenden Pfändungsschutzes ist es, dass ein Pfändungsschutzkonto ordnungsgemäß nach § 850k ZPO errichtet wurde und unterhalten wird. Auf einem normalen Zahlungskonto bestehen insoweit also weiterhin keine Pfändungsschutz- und hierauf aufbauende Ansparmöglichkeiten.

 

Im Wortlaut: § 899 Abs. 2 ZPO

(2) 1Hat der Schuldner in dem jeweiligen Kalendermonat nicht über Guthaben in Höhe des gesamten nach Absatz 1 pfändungsfreien Betrages verfügt, wird dieses nicht verbrauchte Guthaben in den drei nachfolgenden Kalendermonaten zusätzlich zu dem nach Absatz 1 geschützten Guthaben nicht von der Pfändung erfasst. 2Verfügungen sind jeweils mit dem Guthaben zu verrechnen, das zuerst dem Pfändungsschutzkonto gutgeschrieben wurde.

Auch Erhöhungsbeträge sind betroffen

Während die Regelung des § 899 Abs. 2 ZPO sich auf den Pfändungsfreibetrag des Schuldners nach § 899 Abs. 1 ZPO bezieht, wird die Ansparmöglichkeit nach § 902 S. 2 ZPO auch auf die Erhöhungsbeträge, insbesondere für gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, aber auch in weiteren Erhöhungsfällen nach § 902 S. 1 ZPO erstreckt. Gleiches gilt nach § 906 Abs. 4 ZPO, wenn das Vollstreckungsgericht in den Fällen des § 906 Abs. 1 oder 2 ZPO abweichende pfändungsfreie Beträge festsetzt.

Guthaben, nicht Freibeträge werden übertragen

Die Übertragung kann nur insoweit in Anspruch genommen werden, wie unpfändbares Guthaben im laufenden Monat nicht in Anspruch genommen wird. Schöpft das Guthaben den Freibetrag nicht aus, fällt die Übertragung also geringer aus als die Differenz der Auszahlung zum Freibetrag.

 

Beispiel

Der Schuldner kann im Dezember 2021 auf seinem P-Konto einen Pfändungsfreibetrag von 1.260 EUR in Anspruch nehmen. Tatsächlich gehen aber nur Gutschriften in Höhe von 1.130 EUR ein, von denen der Schuldner 900 EUR verbraucht.

Hier werden (nur) 230 EUR (1.130 EUR Gutschriften – 900 EUR Auszahlungen) und nicht 360 EUR (1.260 EUR Freibetrag – 900 EUR Auszahlungen) in den Januar 2022 übertragen. Hier steht dann wieder der volle Freibetrag (1.260 EUR) zuzüglich dem übertragenen und nicht in Anspruch genommenen Guthaben aus dem Dezember (230 EUR), insgesamt also 1.490 EUR (1.260 EUR + 230 EUR) zur Verfügung.

Zeitraum der Übertragung ausgeweitet

Während das Überweisungsmoratorium grundsätzlich nur einen Monat beträgt, § 900 Abs. 1 ZPO (= § 850k Abs. 1 S. 3 ZPO a.F.), erstreckt sich die Ansparmöglichkeit nun über drei Monate. Würde auf dem P-Konto des Schuldners das maximale Guthaben eingehen und er gleichzeitig keinerlei Auszahlungen veranlassen, könnte er also maximal Guthaben in Höhe des vierfachen Pfändungsfreibetrages ansparen, nämlich neben dem Freibetrag des laufenden Monats die übertragenen Guthaben der drei Vormonate.

First in – first out

Die Ansparmöglichkeit wird in ihrer Wirkung durch § 899 Abs. 2 S. 2 ZPO verstärkt. Verfügungen sind jeweils mit dem Guthaben zu verrechnen, das zuerst dem Pfändungsschutzkonto gutgeschrieben wurde. Dadurch erneuert sich der Übertrag stetig. Das entspricht dem Rechtsgedanken des § 366 Abs. 2 BGB, nachdem immer zuerst die lästigere Forderung getilgt wird. Dass ist hier der älteste vom Verfall bedrohte übertragene Betrag.

 

Beispiel

Der Schuldner kann auf seinem P-Konto jeweils einen monatlichen Pfändungsfreibetrag von 1.260 EUR in Anspruch nehmen. Tatsächlich gehen aber im Dezember 2021 nur Gutschriften in Höhe von 1.130 EUR ein, von denen der Schuldner 900 EUR verbraucht. Im Januar gehen Gutschriften von 1.200 EUR ein und er verbraucht 950 EUR, im Februar erhält er Gutschriften von 1.150 EUR und verbraucht 1.000 EUR.

Hier ergibt sich im Januar ein Freibetrag von 1.260 EUR + 230 EUR (Dezember: 1.130 EUR – 900 EUR = 230 EUR) = 1.490 EUR. Da er davon nur 950 EUR verbraucht, werden zunächst die übertragenen 230 EUR in Anspruch genommen, so dass noch 720 EUR (950 EUR – 230 EUR) auf den Januar angerechnet werden, so dass von den 1.260 EUR für Januar 540 EUR (1.260 EUR – 720 EUR) verbleiben und in den Februar übertragen werden. Im Februar ergibt sich dann ein Gesamtfreibetrag von 1.260 EUR + 540 EUR = 1.800 EUR. Hier werden dann die verbrauchten 1.000 EUR zunächst in Höhe von 540 EUR auf den übertragenen Betrag angerechnet und nur in Höhe von 460 EUR auf den Freibetrag für Februar von 1.260 EUR, so dass jetzt 1.260 – 460 EUR = 800 EUR in den März übertragen werden.

Auszahlungsoption nach drei Monaten

Auf diese Weise steigert sich der Freibetrag fortlaufend und es kommt nicht zu pfändbaren Beträgen und einer Auszahlung an den Gläubiger. Erst wenn der Schuldner über drei Monate den übertragenen Betrag nicht in Anspruch nimmt, erfolgt dessen Auszahlung an den Gläubiger. Aufgrund der First-in/first-out...

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