Ihr Vorteil bei § 850f Abs. 2 ZPO!
Kann der Gläubiger nachweisen, dass eine Forderung zumindest auch aus vorsätzlich unerlaubter Handlung stammt, kann das Arbeitsentgelt des Schuldners nach § 850f Abs. 2 ZPO ohne Rücksicht auf die Pfändungsfreibeträge des § 850c ZPO gepfändet werden. Dem Schuldner ist lediglich soviel zu belassen, wie er zu seinem notwendigen Unterhalt bedarf. Der BGH hat hierzu am 18.7.2003 entschieden, dass der notwendige Unterhalt dem individuellen Sozialhilfeniveau entspricht (BGH InVo 2003, 442). Es ist also fiktiv – der Schuldner arbeitet ja und sein Arbeitseinkommen wurde gepfändet – zu ermitteln, in welcher Höhe der Schuldner Anspruch auf Sozialhilfe ("Hartz IV") hätte.
Nach den sozialrechtlichen Vorschriften steht ihm dabei ein Prozentsatz des Regelsatzes zu, der im konkreten Fall noch 345 EUR betragen hatte, zum 1.7.2008 aber auf 351 EUR angehoben wurde. 90% hiervon waren im konkreten Fall 311 EUR, seit dem 1.7.2008 jedoch 315,90 EUR. Daneben erhält der Schuldner die Aufwendungen, die er für seinen angemessenen Wohnbedarf benötigt, sowie die Nebenkosten (Heizung, Strom, Wasser etc.) berücksichtigt. Letztlich sind ihm die Beträge zu belassen, die er an Unterhaltsleistungen für gesetzliche Unterhaltspflichten aufwendet.
Der Vorteil im konkreten Einzelfall
Die Entscheidung bedeutet, dass der Gläubiger Monat für Monat einen um 35,10 EUR höheren Betrag vom Arbeitseinkommen pfänden kann, wenn er nachweist, dass der Schuldner mit seinem Ehegatten oder Lebenspartner in einer Haushaltsgemeinschaft lebt. Dies kann er durch die Selbstauskunft des Schuldners im Offenbarungsverfahren, einen Anruf beim Schuldner oder den Nachbarn, eine (erweiterte) Melderegisterauskunft oder ähnliche Ermittlungsmaßnahmen in Erfahrung bringen.
Im Fall des § 850f Abs. 2 ZPO muss der Gläubiger bei dem Vollstreckungsgericht einen Antrag stellen, die nicht pfändbaren Beträge im Sinne des notwendigen Lebensunterhaltes oder aber umgekehrt den tatsächlich pfändbaren Betrag festzusetzen. Dabei empfiehlt sich bei einer absehbar längeren Pfändung die erste Variante, weil mögliche Lohnsteigerungen unmittelbar dem Gläubiger zugute kommen und er keinen Abänderungsantrag stellen muss. Dieser Antrag kann schon mit dem Pfändungs- oder Überweisungsbeschluss bezüglich des Arbeitseinkommens verbunden werden oder aber gesondert gestellt werden.
Beachtet werden muss, dass der Schuldner zu einem Antrag nach § 850f Abs. 2 ZPO bei einem verbundenen Antrag (PfÜB und Antrag nach § 850f Abs. 2 ZPO) nach der Praxis vieler Vollstreckungsgericht vor dem Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gehört wird. Dies kann dazu führen, dass der Schuldner den pfändbaren Anteil seines Arbeitseinkommens abtritt oder sonst Maßnahmen zur Lohnverschiebung oder Lohnverschleierung im Sinne des § 850h ZPO vornimmt. Zwar können solche Maßnahmen rückgängig gemacht werden. Jedoch setzt dies eine entsprechende Kenntnis des Gläubigers voraus. Sinnvoller kann es deshalb sein, zunächst den PfÜB zu beantragen, der nach § 834 ZPO ohne Anhörung des Schuldners erlassen wird, und so die Pfändung des Arbeitslohnes sicherzustellen. In einem zweiten Schritt kann dann der Antrag nach § 850f Abs. 2 ZPO gestellt werden.
Muster: Der isolierte Antrag nach § 850f Abs. 2 ZPO
An das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – in …
Antrag nach § 850f Abs. 2 ZPO
In der Zwangsvollstreckungssache Schuldner ./. Gläubiger – Az:: … M …/09 – wird Namens und in Vollmacht des Gläubigers beantragt anzuordnen, dass vom mit Beschluss des erkennenden Gerichtes vom … , Az.: …, gepfändeten Arbeitseinkommen des Schuldners ein Betrag von … EUR für den notwendigen Unterhalt des Schuldners sowie zur Erfüllung der laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten nach § 850f Abs. 2 ZPO unpfändbar ist und die Pfändungstabelle zu § 850c ZPO nicht zur Anwendung zu bringen ist.
Zur Begründung wird Folgendes ausgeführt: Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus dem … (exakte Bezeichnung des Titels). Er hat im Wege der Forderungspfändung durch den am … erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zum Aktenzeichen … das Arbeitseinkommen des Schuldners gepfändet.
Die titulierte Forderung begründet sich ausweislich des zum Nachweis in beglaubigter Abschrift beigefügten Titels auch aus vorsätzlich unerlaubter Handlung.
Aufgrund dieses Umstandes kann der Schuldner die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO für sich nicht in Anspruch nehmen. Vielmehr ist nach § 850f Abs. 2 ZPO durch das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers anzuordnen, dass die Pfändung des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die Pfändungsfreibeträge nach § 850c ZPO erfolgt. Zugleich ist der Betrag zu bestimmen, der dem Schuldner als notwendiger Unterhalt sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten zu belassen ist.
Der notwendige Lebensunterhalt eines Schuldners nach Maßgabe des § 850f Abs. 2 ZPO bemisst sich nach dem 3. und 11. Kapitel des SGB XII. Maßgebend sind mithin die Regelsätze der Sozialhil...