1. Der pfändbare Betrag des Arbeitseinkommens ist unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse IV zu berechnen, wenn kein sachlicher Grund für die Wahl der Lohnsteuerklasse V besteht.
2. Erzielt die Ehefrau eigenes Einkommen und ist den gemeinsamen Kindern im gleichen Umfange wie der Schuldner unterhaltspflichtig, werden die Kinder bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens mit dem halben Freibetrag nach § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO berücksichtigt.
LG Ansbach,25.8.2009– 4 T 709/08
Der Praxistipp
Zielgruppe: Verheiratete Schuldner
Die Entscheidung ist für den Gläubiger von besonderem Interesse. Ist der Schuldner verheiratet und erzielt der Ehegatte des Schuldners eigenes Einkommen, muss dem in mehrfacher Hinsicht Beachtung geschenkt werden:
Zunächst ist der Schuldner im Rahmen des Offenbarungsverfahrens auskunftspflichtig, ob die ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Personen erwerbstätig sind und eigene Einkünfte erzielen. Die Höhe der Einkünfte ist anzugeben.
Werden solche Einkünfte von den unterhaltsberechtigten Personen erzielt, ist ein Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO auf Nichtberücksichtigung dieser Personen bei der Bestimmung des pfändbaren Arbeitseinkommens zu stellen. Hier können sich erhebliche Zuflüsse für den Gläubiger ergeben.
Der verheiratete, aber kinderlose Schuldner verfügt über ein Arbeitseinkommen von netto 1.300 EUR. Sein Ehegatte ist ebenfalls berufstätig und erzielt ein Einkommen von 750 EUR.
Geht der Arbeitgeber von der Lohnsteuerkarte des Schuldners mit einer unterhaltsberechtigten Person aus, ergibt sich kein pfändbares Arbeitseinkommen. Stellt dagegen der Gläubiger einen erfolgreichen Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO und wird der Ehegatte danach nicht mehr berücksichtigt, ergibt sich ein pfändbarer Betrag von monatlich 220,40 EUR.
Des weiteren muss dann berücksichtigt werden, dass das eigene Einkommen des Ehegatten dazu führen kann, dass sich eine eigene Barunterhaltspflicht gegenüber möglicherweise vorhandenen Kindern ergibt, mit der Folge, dass diese lediglich zur Hälfte zu berücksichtigen sind.
Der verheiratete Schuldner hat mit seinem Ehegatten zwei minderjährige Kinder und erzielt ein monatliches Arbeitseinkommen von netto 1.700 EUR. Sein Ehegatte ist ebenfalls berufstätig und erzielt ein Einkommen von 1.500 EUR.
Geht der Arbeitgeber von der Lohnsteuerkarte des Schuldners mit drei unterhaltsberechtigten Personen aus, ergibt sich kein pfändbares Arbeitseinkommen. Stellt dagegen der Gläubiger einen erfolgreichen Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO und wird der Ehegatte danach nicht mehr und die beiden Kinder jeweils nur noch zur Hälfte, d.h. mit insgesamt einem Kind weniger, berücksichtigt, ergibt sich bei nur noch einer zu berücksichtigenden Person ein pfändbarer Betrag von monatlich 172,05 EUR.
Zwingend: Lohnbescheinigung herausverlangen
Letztlich muss der Gläubiger in diesen Konstellationen auf jeden Fall von dem Schuldner nach § 836 Abs. 3 ZPO oder dem Arbeitgeber (OLG Hamm DGVZ 1994, 188, 189; LG Koblenz JurBüro 1996, 663, 664; LG Marburg Rpfleger 1994, 309) die Lohnabrechnung herausverlangen und im Sinne der vorstehenden Entscheidung überprüfen, welche Lohnsteuerklasse der Schuldner gewählt hat. Benachteiligt sie den Gläubiger ohne sachlichen Grund, kann der Gläubiger verlangen, so gestellt zu werden, wie er bei einer sachgerechten Lohnsteuerklassenwahl stehen würde. Eine solche Benachteiligung kommt bei dem verheirateten Schuldner insbesondere dann in Betracht, wenn er die Lohnsteuerklasse V gewählt hat (zum unberechtigten Lohnsteuerklassenwechsel siehe FoVo 2009, 147).