Mit der Änderung von § 850c ZPO im letzten Jahr wurde in § 850c Abs. 4 ZPO die Änderung der Pfändungsfreigrenzen von einem zweijährlichen auf einen jährlichen Turnus umgestellt. Zugleich ist die Anlage zu § 950c ZPO entfallen und wurde durch die Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung ersetzt. Für 2023 ist diese am 15.3.2023 erfolgt und am 20.3.2023 im Bundesgesetzblatt bekanntgemacht worden (BGBl Nr. 79 v. 20.3.2023).

Verordnung korrigiert das Gesetz

§ 850c Abs. 1 und 2 ZPO geben die gesetzlichen Pfändungsfreibeträge vor. Eine Verordnung – hierum handelt es sich bei der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung nach § 850c Abs. 4 ZPO – kann allerdings kein Gesetz ändern, sodass die gesetzlich niedergelegten Beträge auch künftig so geregelt bleiben. Diese Beträge werden aber im Verordnungswege aufgrund der gesetzlichen Regelung durch die Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung jährlich angepasst. Dies ist nun eben geschehen, sodass sich ab dem 1.7.2023 folgende Beträge ergeben:

Muster xx1: Übersicht: die in der Praxis wesentlichen monatlichen Beträge

 

Übersicht: die in der Praxis wesentlichen monatlichen Beträge

 
Norm (ZPO) Regelungsgehalt Bis 30.06.22 Ab 1.7. 2023
§ 850c Abs. 1 Schuldner 1.330,16 EUR 1.402,28 EUR
§ 850c Abs. 2 S. 1 1. unterhaltsberechtigte Person 500,62 EUR 527,76 EUR
§ 850c Abs. 2 S. 2 2. bis 5. unterhaltsberechtigte Personen 278,90 EUR 294,02 EUR
§ 850c Abs. 3 Höchster Freibetrag 4.077,72 EUR 4.298,81 EUR

Berechnung des Nettoeinkommens

Die Berechnung des Nettoeinkommens bestimmt sich wie bisher nach § 850e Nr. 1 ZPO. Im Wesentlichen werden die steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belastungen abgezogen, wobei die Besonderheiten bestimmter Berufsgruppen, etwa privatversicherter Angehöriger des öffentlichen Dienstes, zu berücksichtigen sind. Ausgehend von dem so ermittelten Nettoeinkommen ist der Betrag als Ausgangspunkt des Pfändungsfreibetrages zu runden. Die Rundung – eine Abrundung auf volle 10-EUR-Beträge – bestimmt sich nach § 850c Abs. 5 ZPO.

 

Im Wortlaut: § 850c Abs. 5 ZPO n.F.

(5) 1Um den nach Absatz 3 pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zu berechnen, ist das Arbeitseinkommen, gegebenenfalls nach Abzug des nach Absatz 3 Satz 3 pfändbaren Betrages, auf eine Zahl abzurunden, die bei einer Auszahlung für

1. Monate bei einer Teilung durch 10 eine natürliche Zahl ergibt,

2. Wochen bei einer Teilung durch 2,5 eine natürliche Zahl ergibt,

3. Tage bei einer Teilung durch 0,5 eine natürliche Zahl ergibt.

2Die sich aus der Berechnung nach Satz 1 ergebenden Beträge sind in der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung als Tabelle enthalten. 3Im Pfändungsbeschluss genügt die Bezugnahme auf die Tabelle.

Ab wann ergibt sich ein pfändbares Arbeitseinkommen?

Aus den Neuregelungen ergeben sich neue Schwellenbeträge, ab denen sich (erst) ein pfändbarer Betrag für den Gläubiger ergibt:

Muster xx2: Schwellenbeträge

 

Schwellenbeträge

 
Zahl der Personen Schwellenbetrag Geringster pfändbarer Betrag
Schuldner 1.410 EUR 5,40 EUR
+ eine unterhaltsberechtigte Person 1.940 EUR 4,98 EUR
+ zwei unterhaltsberechtigte Personen 2.230 EUR 2,38 EUR
+ drei unterhaltsberechtigte Personen 2.520 EUR 0,58 EUR
+ vier unterhaltsberechtigte Personen 2.820 EUR 1,58 EUR
+ fünf unterhaltsberechtigte Personen 3.110 EUR 0,39 EUR

Sinkende Erträge

Insgesamt müssen sich die Gläubiger damit auf (weiter) sinkende Erträge aus der Pfändung von Arbeitseinkommen ab dem 1.7.2023 einstellen, was sich auch auf den von der Pfändung ausgehenden Vollstreckungsdruck auswirkt. Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Regelung entsprechend für das Pfändungsschutzkonto greift, §§ 899, 902 ZPO. Nachdem die Pfändungsfreigrenze auch im Insolvenzverfahren zu beachten ist, wird insbesondere auch der Treuhänder in der Wohlverhaltensphase aufgrund der Abtretungserklärung einen geringeren Ertrag erzielen.

 

Beispiel

Der Schuldner ist verheiratet und hat ein Kind, mithin zwei unterhaltsberechtigte Personen. Er erzielt ein monatliches Nettoeinkommen von 2.215 EUR.

Für das Arbeitseinkommen ergibt sich aus der Tabelle zu § 850c ZPO in der Fassung der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2023 folgende Berechnung: Sind bis zum 30.6.2022 noch monatlich 40,13 EUR pfändbar, kann ab dem 1.7.2023 nicht mehr mit einem pfändbaren Betrag gerechnet werden. Damit sich wieder ein Pfändungsbetrag in etwa gleicher Höhe ergibt, müsste das Nettoeinkommen des Schuldners auf 2.330 EUR, mithin um 115 EUR steigen, damit wieder 42,38 EUR pfändbar wären.

Ein Ansatzpunkt: Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen

Wie schon bisher muss der Gläubiger ermitteln, ob die unterhaltsberechtigten Personen über eigenes Einkommen verfügen und deshalb ihren Unterhalt ganz oder teilweise selbst decken können. In diesem Fall kann ein Antrag auf Nichtberücksichtigung der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gestellt werden.

 

Hinweis

Da diese Situation dynamisch ist, d.h. sich regelmäßig ändern kann, muss auch der Gläubiger hier regelmäßig Überprüfungen ansetzen. Während etwa in der Covid-19-Pademie viele Mini...

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