Schuldner ist nicht alleiniger Kontoinhaber
Nicht immer ist der Schuldner Alleininhaber eines Kontos, auf das im Wege der Pfändung zugegriffen werden kann. Während gegen den Schuldner ein Titel vorliegt, fehlt ein solcher gegen die weiteren Kontoinhaber. Dies wirft die Frage auf, ob und in welcher Höhe auf das Guthaben des Kontos zugegriffen werden kann.
Hinweis
Die Problematik stellt sich selbstverständlich nicht, wenn gegen alle Kontoinhaber ein Titel vorliegt. Deshalb ist es in der Praxis wichtig, für jeden Sachverhalt zu ermitteln, wer haftet. Alle Haftenden müssen dann in die Forderungsbeitreibung einbezogen werden. So haften bei der GbR neben der GbR selbst auch die einzelnen Gesellschafter, neben der nach § 124 HGB haftenden Gesellschaft sind auch die Gesellschafter nach § 128 HGB zum Ausgleich der gegen die OHG begründeten Forderung verpflichtet. Bei der KG haftet auch der Komplementär für die Forderung. Aber nicht nur im Geschäftsverkehr sind solche Sachverhalt zu beobachten, sondern auch bei Ehegatten kann die Verpflichtung des einen für den anderen wirken. Neben dem gemeinschaftlichen Vertragsschluss oder der Vertretung eines Ehegatten durch den anderen (§ 164 BGB) muss besonders § 1357 BGB in den Blick genommen werden. Danach ist jeder Ehegatte berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfes der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen.
Die Konsequenz beim Oder-Konto als Gemeinschaftskonto
Bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Kontos mit gemeinsamer Verfügungsmacht der Einleger bestimmt sich die Berechtigung stets nach den Beziehungen zwischen den Kontoinhabern (Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn 165a, 340). Bei einem Oder-Konto handelt es sich um ein Gemeinschaftskonto, über das jeder Kontoinhaber nach § 428 BGB allein verfügen kann. Die Kontoinhaber sind damit als Gesamtgläubiger berechtigt (BGHZ 95, 185 = BGH NJW 1985, 2698), so dass jeder einzelne Gläubiger hinsichtlich der gesamten Einlage berechtigt ist, die Auszahlung des gesamten Saldos zu verlangen, und zwar stets an sich allein. Für den Gläubiger bedeutet dies, dass er mit der Pfändung des Kontos auf das gesamte auf diesem Konto vorhandene Guthaben zugreifen kann (BGHZ 93, 315 = BGH NJW 1985, 1218 = JurBüro 1985, 705 = JZ 1985, 487 m. Anm. Grunsky).
Hinweis
Der BGH (NJW 1985, 1218) hat dabei allerdings offen gelassen, ob der von der Pfändung nicht betroffene Kontoinhaber weiterhin über die Einlageforderung verfügen kann und das Kreditinstitut zur Leistung an ihn berechtigt und verpflichtet bleibt, solange der Betrag nicht an den Vollstreckungsgläubiger ausgezahlt ist. Diese Frage wird insbesondere vor dem Hintergrund der Wartefrist des § 835 Abs. 3 S. 1 ZPO relevant. Danach darf bei einer Pfändung in den ersten vier Wochen nach der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (§ 829 Abs. 3 ZPO) keine Auszahlung an den Schuldner erfolgen. Diese Zeit stünde dann einem weiteren Kontoinhaber zur Verfügung, das Guthaben abzuheben. Umso wichtiger erscheint es, immer gegen alle Haftenden einen Titel zu erwirken.
Darf der Mitinhaber verfügen?
Ausgehend von der Gesamtgläubigerschaft kann hier nicht von einer Pfändung nach Kopfteilen ausgegangen werden (so wohl OLG Koblenz WM 1990, 1532 = NJW-RR 1990, 1385). Andererseits dürfte deshalb auch die Pfändung und Überweisung den anderen Kontoinhaber, der nicht Vollstreckungsschuldner ist, nicht daran hindern, über ein eventuelles Guthaben zu verfügen, weil das Verfügungsverbot immer nur Vollstreckungsschuldner betrifft, nicht dagegen den Kontomitinhaber (Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn 339 m.w.N.). Das will allerdings das OLG Stuttgart (OLGR 1998, 378) anders behandelt sehen. Danach verliert der Mitinhaber seine Verfügungsbefugnis mit der Zustellung des PfÜB ebenfalls. Angesichts der Bestimmung in § 750 ZPO, dass die Zwangsvollstreckung nur für und gegen die im Titel genannten Personen zulässig ist, dürfte dies jedenfalls zu weit gehen. Solange der nichtschuldnerische Kontomitinhaber keine Auszahlung verlangt, hat das Kreditinstitut dem Auszahlungsbegehren des Pfändungsgläubigers bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen in vollem Umfange nachzukommen (Wagner WM 1991, 1145; Stöber a.a.O.).
So ist die Konkurrenz aufzulösen
Bei einem Zusammentreffen der Auszahlungsbegehren von Pfändungsgläubiger und Mitinhaber des Kontos hat die Bank nach der hier vertretenen Auffassung unter Hinweis auf die Priorität nach § 804 Abs. 3 ZPO die Auszahlung vorzunehmen (Goebel/Gottwald, Anwaltformulare Zwangsvollstreckungsrecht, 3. Aufl. 2007, § 6 – ABC der Forderungspfändung – Stichwort Kontopfändung, Rn 48; a.A. wohl OLG Karlsruhe NJW 1986, 93; LG Hannover WM 1972, 638). Dabei ist nicht auf den Auszahlungszeitpunkt nach Ablauf der Wartezeit abzustellen, sondern auf den Pfändungszeitpunkt. In diesem Zeitpunkt liegt ein Leistungsverlangen des Gläubigers vor (AG Bonn JurBüro 2006, 161). Wird gleichwohl an den Mitinhaber der volle Betrag ausgezahlt, so ka...