Zusammenfassung
In FoVo 2010, 66 ff. haben wir Ihnen gezeigt, welche Titel nach dem FamFG vollstreckt werden können, wann diese wirksam werden und in welchen Fällen eine Vollstreckungsklausel erforderlich ist. Damit aber nicht genug der allgemeinen Voraussetzungen für den Beginn der Zwangsvollstreckung nach dem FamFG: Es fehlen noch die Zustellung und Einiges mehr.
I. Die Zustellung der zu vollstreckenden Entscheidung
Der Grundsatz: Zustellungserfordernis
Die Vollstreckung darf nur beginnen, wenn der Beschluss bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird, § 87 Abs. 2 FamFG. § 87 Abs. 2 FamFG knüpft damit an das Zustellungserfordernis des § 750 Abs. 1 ZPO an. Ausnahmen vom Zustellungserfordernis vor der Vollstreckung finden sich z.B. in § 53 FamFG für einstweilige Anordnungen.
Für einstweilige Anordnungen in Gewaltschutzsachen ebenso wie für andere einstweilige Anordnungen, in denen ein besonderes Bedürfnis besteht, wird die Möglichkeit der Anordnung, dass die Vollstreckung vor Zustellung an den Verpflichteten zulässig ist, in § 53 Abs. 2 FamFG geregelt. Bei einer solchen Anordnung durch das Gericht wird die einstweilige Anordnung mit Erlass wirksam, § 53 Abs. 2 S. 2 FamFG. Der Gesetzgeber sieht ein solches Erfordernis z.B. bei einstweiligen Anordnungen zur Herausgabe eines Kindes oder bei freiheitsentziehenden Maßnahmen an (BT-Drucks 16/6308, S. 201).
Gewaltschutz: Zustellungsauftrag kraft Gesetzes
Aus § 214 Abs. 2 FamFG ergibt sich, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 1 oder 2 GewSchG im Fall des Erlasses ohne mündliche Erörterung zugleich als Auftrag zur Zustellung durch den Gerichtsvollzieher unter Vermittlung der Geschäftsstelle und als Auftrag zur Vollstreckung gilt; wobei auf Verlangen des Antragstellers die Zustellung nicht vor der Vollstreckung erfolgen darf. Diese Regelung entspricht dem früheren § 64b Abs. 3 S. 6 FGG.
Die Regelung, dass eine Zustellung nicht vor Vollstreckung erfolgen darf, dient dem Schutz des Antragstellers vor spontanen Handlungen des Antragsgegners, weshalb ein entsprechender Antrag dringend anzuraten ist. Eine Vollstreckungsklausel ist nicht erforderlich. Die frühere Streitfrage (hierzu OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 291) ist damit entschieden worden.
Eine mehrfache Einweisung des Besitzes im Sinne des § 885 Abs. 1 ZPO ist bei Ehewohnungssachen und Verfahren nach § 2 GewSchG (Zuweisung der Wohnung) während der Geltungsdauer der Anordnung möglich; einer erneuten Zustellung an den Verpflichteten bedarf es jedoch nicht, § 96 Abs. 2 FamFG.
II. Die Befugnisse des Gerichtsvollziehers
Notfalls mit Hilfeder Polizei
Der Gerichtsvollzieher ist befugt, erforderlichenfalls im Rahmen der Zwangsvollstreckung um Unterstützung durch polizeiliche Vollzugsorgane nachzusuchen, § 87 Abs. 3 S. 1 FamFG. § 758 Abs. 1 und 2 sowie die §§ 759 bis 763 ZPO gelten entsprechend, § 87 Abs. 3 S. 2 FamFG.
III. Sofortige Beschwerde
Die Rechtsmittel
Ein Beschluss, der im Vollstreckungsverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 ZPO anfechtbar, § 87 Abs. 4 FamFG. Über die sofortige Beschwerde in Vollstreckungsverfahren betreffend Familiensachen entscheidet das OLG, § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG.
IV. Die Vollstreckungsschutzanträge
So kann der Schuldner reagieren
Macht der Verpflichtete bei Vollstreckung in Ehesachen und Familienstreitsachen glaubhaft, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, hat das Gericht auf seinen Antrag die Vollstreckung vor Eintritt der Rechtskraft in der Entscheidung auszuschließen, § 120 Abs. 2 S. 2 FamFG. In den Fällen des § 707 Abs. 1 u. § 719 Abs. 1 ZPO (Wiedereinsetzung, Wiederaufnahme, Anhörungsrüge, Einlegung eines Rechtsmittels oder Einspruchs) kann die Vollstreckung nur unter denselben Voraussetzungen eingestellt oder beschränkt werden, § 120 Abs. 2 S. 3 FamFG. Das Gleiche regelt für die Vollstreckung anderer Entscheidungen § 95 Abs. 3 FamFG.
Nicht ersetzbar ist ein Nachteil, wenn er auch bei Erfolg eines Rechtsmittels nicht mehr rückgängig gemacht oder ausgeglichen werden kann (OLG Rostock FamRZ 2004, 127; siehe dazu auch BT-Drucks 16/6308, S. 226). Ein rein finanzieller Nachteil, der nicht mit irreparablen Folgeschäden verbunden ist, ist nicht ausreichend (OLG Koblenz FamRZ 2005, 468).
Ist ein Antrag auf Aufhebung oder Abänderung einer einstweiligen Anordnung gestellt, kann das Gericht nach § 55 FamFG die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung durch unanfechtbaren Beschluss aussetzen oder beschränken, § 55 Abs. 1 FamFG. Wird ein hierauf gerichteter Antrag gestellt, ist über diesen Antrag vorab zu entscheiden, § 55 Abs. 2 FamFG. Damit ist klargestellt, dass es eines Antrags nicht unbedingt bedarf, sondern das Gericht auch von Amts wegen die Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung aus einer einstweiligen Anordnung bestimmen kann.
Sofern ein Abänderungsantrag betreffend einen Unterhaltstitel anhängig ist oder hierfür ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eingereicht wurde, gilt § 769 ZPO entsprechend (Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung), § 24...