Keine hohen Anforderungen an die Annahme
Wurde die Erbschaft im Zeitpunkt der beabsichtigten Vollstreckung bereits angenommen, so stehen auch die Erben fest. Der Titel muss jetzt auf den oder die Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Schuldners nach § 727 ZPO umgeschrieben werden, wenn kein Fall des § 779 ZPO vorliegt. Der Erbe hat die Erbschaft angenommen, wenn er die Annahme erklärt hat oder die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist. Die Annahmeerklärung kann gegenüber einem Miterben, einem Vermächtnisnehmer, dem Nachlassgericht, einem Nachlassschuldner, dem Nachlassverwalter, einem Testamentsvollstrecker, aber auch gegenüber dem Nachlassgläubiger abgegeben werden, ohne dass es dabei einer besonderen Form bedarf (Leipold, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2020, § 1943 Rn 3 ff.).
Hinweis
In der Praxis kann sich zunächst die Einsicht in die Nachlassakte nach § 13, 357 FamFG beim Nachlassgericht, d.h. dem AG, in dessen Bezirk der Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalles gelebt hat, empfehlen. Ggf. findet sich hier schon ein Schriftstück, in dem der Erbe sich als solcher bezeichnet. Denkbar ist auch, den gesetzlichen Erben als solchen anzusprechen und ihn zur Zahlung aufzufordern. Reagiert er darauf in der Sache, liegt gleichfalls eine Annahme vor. Allerdings besteht die Gefahr, dass der Erbe eine über den Nachlasswert hinausgehende Haftung sieht und deshalb die Erbschaft ausschlägt.
Gefahr der Ausschlagung
Nach §§ 1943, 1944 Abs. 1 BGB kann die Erbschaft allerdings nur binnen einer Frist von sechs Wochen ausgeschlagen werden. Nach Ablauf dieser Frist, die nach § 1944 Abs. 2 BGB mit der Kenntnis von dem Erbfall und dem Berufungsgrund beginnt – bei testamentarischer Erbfolge jedoch nicht vor der Eröffnung der letztwilligen Verfügung –, gilt die Erbschaft nach § 1943 BGB a.E. als angenommen.
Hinweis
Eben diese Kenntnis vom Erbfall kann auch der Gläubiger dem Erben verschaffen. Liegt nach Einsichtnahme in die Nachlassakte dort keine letztwillige Verfügung vor, reicht zur Darlegung des Berufungsgrundes der Hinweis auf die gesetzliche Erbfolge nach §§ 1922 ff., 1931 BGB.
Ausschlagung: Form und Frist müssen gewahrt sein
Aber Achtung: Lassen Sie sich nicht von der bloßen Auskunft des Nachlassgerichts, dass eine Ausschlagung vorliegt, täuschen. Das Nachlassgericht prüft außerhalb eines Erbscheinverfahrens nicht, ob die vorliegende Ausschlagung auch wirksam erfolgt ist. Hier sind insbesondere die Formalien zu prüfen.
Die Ausschlagung ist formbedürftig. Sie muss nach § 1945 BGB zur Niederschrift des Nachlassgerichtes oder in öffentlich beglaubigter Form diesem gegenüber erklärt werden. Wird die Erklärung durch einen Bevollmächtigten abgegeben, bedarf auch dessen Vollmacht der öffentlichen Beglaubigung und muss zusätzlich innerhalb der Ausschlagungsfrist zu den Nachlassakten gelangt sein. In der Praxis zeigen sich hier häufig Formfehler, so dass sich der Gläubiger dann auf die – fingierte – Annahme der Erbschaft berufen kann und gegen den Erben sowohl in den Nachlass als auch in dessen Eigenvermögen vollstrecken kann. Auch die Option der Anfechtung des Erbanfalls scheitert in der Praxis immer wieder, wenn deren Voraussetzungen überhaupt vorliegen und die Möglichkeit gesehen wird.
Hinweis
Die formgerechte Anfechtungserklärung bezüglich einer vorausgegangenen Erbausschlagung erfordert bei Abgabe der Erklärung in öffentlich beglaubigter Form den Eingang der Originalurkunde beim Nachlassgericht. Eine Übersendung als signiertes Dokument per beA genügt nicht (OLG Bamberg v. 21.3.2022 – 2 W 35/21).
Umschreibung und Zustellung erforderlich
Die Umschreibung erfolgt dann nach Maßgabe des § 727 ZPO. Die Erbfolge muss also in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form nachgewiesen werden, wenn sie nicht bei Gericht offenkundig ist oder vom Erben ausdrücklich zugestanden wird (§ 730 ZPO). Sodann muss der umgeschriebene Titel dem oder den Erben neu zugestellt werden, damit im Anschluss daran die Zwangsvollstreckung fortgesetzt werden kann, § 750 Abs. 2 ZPO.
Hinweis
Ist dem Gläubiger nur ein Erbe bekannt, nicht jedoch alle Erben, so kann er die weiteren Erben in einem Verfahren zur Beantragung eines Erbscheins von Amts wegen feststellen lassen.
Umfassender Zugriff möglich
Nach der Zustellung des umgeschriebenen Titels kann die Vollstreckung fortgesetzt werden. Ergreift der Erbe keine Maßnahmen zur Beschränkung der Vollstreckung auf den Nachlass, was nur unter engen Voraussetzungen möglich ist, kann der Gläubiger sowohl in den Nachlass des Schuldners vollstrecken als auch in das Eigenvermögen des Erben. Die Umschreibung des Titels auf den Erben hat also regelmäßig den Vorteil, dass eine erweiterte Haftungsmasse zur Verfügung steht.
Hinweis
Dabei ist zu beachten, dass in der Praxis nicht jeder Erbe die Haftung auf den Nachlass beschränkt oder die Erbschaft ausschlägt. Häufig wird schon aus Gründen der "Familienehre" ein Ausgleich gesucht. Auch gelingt es nicht jedem Erben tatsächlich, seine Haftung wirksam zu beschränken, da hier eine Vielzahl von Formen und Fristen...