So wird der nicht unterhaltsverpflichtete Schuldner geschützt
In FoVo 2010, 81 haben wir Ihnen dargelegt, wie der Schuldner zu einem Pfändungsschutzkonto als neuem Pfändungsschutzinstrument gelangen kann und welche Manipulationsmöglichkeiten damit verbunden sind. Die zentrale Regelung findet sich ab dem 1.7.2010 in § 850k ZPO n.F. Der bisherige Pfändungsschutz des § 850k ZPO a.F. ist dann in § 850l ZPO n.F. zu finden, gegenüber dem Pfändungsschutzkonto aber subsidiär, § 850l Abs. 5 ZPO n.F.
Vorsicht vor zu schnellen Lösungen – genau hinsehen!
Die teilweise vernehmbare einfache Formel, dass der Gesetzgeber nun auf dieses Pfändungsschutzkonto den Schutz für Arbeitseinkommen nach § 850c ZPO überträgt (in diesem Sinne Mock, VE 2010, 19, teilweise klargestellt in VE 2010, 55) ist unzutreffend. Vielmehr muss erkannt werden, dass § 850c ZPO verschiedene Schutzmechanismen zeigt, die nur teilweise und auf unterschiedliche Weise auf das Konto übertragen werden. Der nachfolgende Beitrag erläutert die Einzelheiten für den nicht verheirateten und kinderlosen Schuldner.
Im Wortlaut: § 850k Abs. 1 ZPO
Wird das Guthaben auf dem Pfändungsschutzkonto des Schuldners bei einem Kreditinstitut gepfändet, kann der Schuldner jeweils bis zum Ende des Kalendermonats über Guthaben in Höhe des monatlichen Freibetrages nach § 850c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 850c Abs. 2a verfügen; insoweit wird es nicht von der Pfändung erfasst. Soweit der Schuldner in dem jeweiligen Kalendermonat nicht über Guthaben in Höhe des nach Satz 1 pfändungsfreien Betrages verfügt hat, wird dieses Guthaben in dem folgenden Kalendermonat zusätzlich zu dem nach Satz 1 geschützten Guthaben nicht von der Pfändung erfasst. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn das Guthaben auf einem Girokonto des Schuldners gepfändet ist, das vor Ablauf von vier Wochen seit der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt wird.
Zunächst nur Übertragung des Grundfreibetrages
Nach § 850k Abs. 1 ZPO wird kraft Gesetzes allein der Freibetrag des § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO in Höhe von derzeit 985,15 EUR als Schutzbetrag auf das Pfändungsschutzkonto übertragen. Dieser Pfändungsfreibetrag wird dem Schuldner für den Kalendermonat gewährt, in dem die Pfändung erfolgt, und erneut für jeden Kalendermonat, für den die Pfändung fortdauert. Dies ergibt sich aus dem Formulierung „jeweils bis zum Ende des Kalendermonats“.
Diese Übertragung ist hochproblematisch, weil der Gesetzgeber an keiner Stelle angeordnet hat, dass der Schuldner verpflichtet ist, sein Arbeitseinkommen auf das Pfändungsschutzkonto überweisen zu lassen. Insoweit ergeben sich weitere Manipulationsmöglichkeiten zum Schutz von Einmalgutschriften und (un-)regelmäßigen Nebeneinkünften.
§ 850k Abs. 1 S. 1 ZPO n.F. umschreibt damit den zentralen Kern der Neuregelung des Pfändungsschutzes durch die Reform. Waren bisher nur das Arbeitseinkommen und Sozialleistungen auf dem Konto geschützt, wird nun für eine Vielzahl von Einkünften des Schuldners ein Pfändungsschutz geschaffen, der an der Quelle nicht besteht. Damit geht der Gesetzgeber weit über eine reine Existenzsicherung des Schuldners aus eigenen Einkünften hinaus.
Der Schuldner, der ein monatliches Einkommen von seinen notwendigen Unterhalt deckenden 800,00 EUR hat, erhält auf seinem Konto eine Gutschrift seiner Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 79,00 EUR, weil er sein Fahrzeug abgemeldet hat, bevor der Vorauszahlungszeitraum abgelaufen war.
Nach bisherigem Recht erhält der Gläubiger den vollen Betrag von 79,00 EUR, sowohl bei der Pfändung an der Quelle als auch bei der Erstattung auf das gepfändete Konto, da für die Beitragsrückerstattung kein Pfändungsschutz besteht.
Zukünftig werden das Erwerbseinkommen (800,00 EUR) und die Gutschrift (79,00 EUR) zusammengerechnet. Da die Summe von 879,00 EUR unter dem Pfändungsfreibetrag nach § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO von 985,15 EUR liegt, erhält der Gläubiger nichts.
Weiteres Unheil droht: Sockelbetrag ist dynamisiert
Durch die Verbindung mit § 850c Abs. 2a ZPO unterliegt der Pfändungsfreibetrag der Dynamisierung, d.h. er wird alle zwei Jahre jeweils zum 1.7. des Jahres um den Prozentsatz erhöht, um den der steuerliche Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG anwächst.
Der Gesetzgeber hat die Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrages nach § 32a EStG in zwei Schritten von 7.664,00 EUR auf 7.834,00 EUR im Jahre 2009 und auf 8.004,00 EUR im Jahre 2010 mit dem Gesetz zur Sicherung von Stabilität und Beschäftigung in Deutschland, dem sogenannten Konjunkturpaket II (BGBl I 2009, 416), bereits beschlossen. Dies bedeutet, dass der steuerliche Grundfreibetrag bis zum nächsten Stichtag, dem 1.7.2011, um ca. 4,43 % ansteigt. Der Pfändungsfreibetrag wird also zum 1.7.2011 von derzeit 985,15 EUR um 4,43 % = 43,74 EUR auf dann 1.028,89 EUR ansteigen. Dieser Betrag wird dann über § 850k Abs. 1 ZPO dem Schuldner als Pfändungsfreibetrag auf dem Pfändungsschutzkonto ...