Jetzt geht’s los!
Am 1.7.2010 ist der neue Kontopfändungsschutz über das Pfändungsschutzkonto mit den Regelungen in § 850k ZPO in Kraft getreten. Der Schuldner hat nun bis zum 31.12.2011 die Wahl, ob er den bisherigen Kontopfändungsschutz bevorzugt oder sich über die Begründung eines Pfändungsschutzkontos (P-Konto) schützen möchte. Seit dem Februarheft informieren wir Sie in FoVo über die verschiedenen Aspekte des Pfändungsschutzes. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes beginnt nun das Rechnen. In FoVo 2010, 101 haben wir über den Kontopfändungsschutz auf dem Pfändungsschutzkonto allein für den Schuldner berichtet. Hier wird der Schutzbetrag des § 850c Abs. 1 S. 1 in Höhe von derzeit 985,15 EUR auf das Konto übertragen. Nicht ausgeschöpfte Gutschriften können in den Folgemonat übernommen werden. Nachfolgend soll untersucht werden, wie abzurechnen ist, wenn die Pfändung im laufenden Monat erfolgt und wenn der Schuldner sein Girokonto erst nach der Pfändung in ein P-Konto umwandelt.
Von Anfang an richtig abrechnen
Nach der bisherigen Fassung von § 850k ZPO konnte der Schuldner nach der Pfändung seines Kontos nur denjenigen Betrag für seinen Lebensunterhalt freistellen lassen, den er anteilig bis zum nächsten Zahlungszeitpunkt noch benötigte. Der Gesetzgeber hat dies als zu aufwändig und kompliziert angesehen. Insbesondere die Belastung der Gerichte mit den jeweiligen Einzelfallentscheidungen möchte er für die Zukunft vermeiden oder jedenfalls reduzieren. Zu diesem Zweck wird dem Schuldner zukünftig der gesamte Pfändungsfreibetrag für einen Kalendermonat bewilligt, gleich wann die Pfändung erfolgt. Dieser Systemwechsel geht ebenfalls allein zu Lasten des Gläubigers.
Der Schuldner hat am Monatsanfang 900,00 EUR an Arbeitslohn auf sein Konto erhalten. Ein Geldeingang, der jeden Monat aufs Neue erfolgt. Am 29. des Monats bringt der Gläubiger seine Pfändung aus. Es sind zu diesem Zeitpunkt noch 600,00 EUR auf dem Konto.
Nach dem bisherigen Recht (§ 850k ZPO a.F.) konnte der Schuldner lediglich 2/30 des Gesamtbetrages von 900,00 EUR, mithin 60,00 EUR, für sich beanspruchen, da dies seinem rechnerischen Unterhaltsbedarf für den laufenden Monat bis zur nächsten Lohnzahlung entsprach. Der Gläubiger hat infolgedessen 540,00 EUR erhalten.
Zeitpunkt der Pfändung für Schutzumfang unerheblich
Nach der Neuregelung kommt es nicht mehr darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Pfändung erfolgt. Der Schuldner hat den gesamten Pfändungsfreibetrag von 985,15, im Beispiel des tatsächlich eingehenden Betrages von 900,00 EUR für den vollen Kalendermonat. Der Gläubiger erhält also im gleichen Fall bei der Kontopfändung nach neuem Recht keine Leistung mehr. Er „bezahlt“ also die Arbeitserleichterung für die Gerichte mit einem Betrag von 540,00 EUR (kritisch zu diesem Ergebnis Jäger, ZVI 2007, 544, 546).
Damit ist der Gläubiger aber offenbar noch nicht genug bestraft. Da der Schuldner im Beispiel einen potentiellen Pfändungsfreibetrag von 600,00 EUR nicht ausgeschöpft hat, wird dieser Betrag in den Folgemonat übertragen, § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO n.F. Hier kann der Schuldner nun Verfügungen über 1.585,15 EUR (985,15 + 600,00 EUR) treffen.
Hier kann der Gläubiger agieren
Fraglich kann sein, wie im ersten Monat der Pfändung zu verfahren ist, wenn der Schuldner bereits Gutschriften erhalten und Verfügungen getroffen hat. Hat der Schuldner bereits vor der Pfändung im laufenden Monat Verfügungen getroffen, kann der vorstehend erläuterte Prozess dazu führen, dass der Schuldner weit mehr Mittel verbrauchen kann, als zur Bestreitung des Lebensunterhaltes erforderlich sind.
Der Schuldner hat in der ersten Monatshälfte mehrere Gutschriften von insgesamt 1.100,00 EUR erhalten. Bis zum Tage der Pfändung, dem 21. des Monats, hat er in Höhe des gleichen Betrages bereits Verfügungen getroffen. Zwischen der Pfändung und dem Ende des Kalendermonats gehen weitere 500,00 EUR ein. Über diese möchte der Schuldner verfügen, während der Gläubiger Auszahlung an sich verlangt. Stehen die 500 EUR dem Schuldner zu, hat dieser im laufenden Monat über insgesamt 1.600 EUR verfügen können, d.h. weit mehr als er auch nach Auffassung des Gesetzgebers benötigt. Grundsätzlich geht der Gesetzgeber nach § 850k Abs. 1 ZPO n.F. nämlich davon aus, dass dem Schuldner lediglich 985,15 EUR zu belassen sind.
Die entscheidende Frage: Anrechnung der Vorverfügungen?
Der Fall fokussiert sich auf die rechtliche Frage, ob der Schuldner sich seine Verfügungen vor der Pfändung im laufenden Kalendermonat auf den Pfändungsfreibetrag anrechnen lassen muss oder nicht. Das Gesetz regelt diesen Fall nicht. Auch die Gesetzesbegründung schweigt hierzu.
Schuldnerschutz über alles?
Aus dem Schweigen wird nach einer Auffassung (Schumacher, ZVI 313, 319; Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., Rn 1283) abgeleitet, dass mangels Rechtsgrundlage eine Zusammenrechnung der Verfügungen vor und nach der Pfändung ebenso wenig erfolgen dürfe wie die Zusammenrechnung der Gutschriften vor und nac...