Gesetzliche Neuregelung ist rund vier Jahre in Kraft
Vor gut vier Jahren, am 1.4.2007, ist das "Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge" in Kraft getreten (BGBl I 2007 S. 368). Damit wurde der Pfändungsschutz für den Schuldner um die §§ 851c und d ZPO erweitert, die im Wesentlichen der Sicherung der Altersversorgung von Selbständigen durch Lebensversicherungen dienen.
Altersvorsorge privatisiert
Der Gesetzgeber hat den Zustand als unbefriedigend empfunden, dass insbesondere der Selbständige – anders als der unselbstständig tätige Arbeitnehmer nach § 850c ZPO – hinsichtlich seiner aus seinen laufenden Einnahmen aufgebauten Altersvorsorge keinem Pfändungsschutz unterliegt. In der Konsequenz hat dies dazu geführt, dass der Staat über die verschiedenen Formen der Sozialhilfe das Existenzminimum des Selbständigen im Alter sicherstellen musste. Dies sollte geändert werden.
Nur bestimmte Lebensversicherungen werden vom Schutz erfasst
Nach §§ 851c und 851d werden eigene Rentenansprüche des Selbständigen aus privaten Versicherungen den Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO unterworfen und in diesem Umfang der Pfändung entzogen, soweit
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sie in Rentenform nicht vor dem 60. Lebensjahr ausgezahlt werden, d.h. eine lebenslange, in regelmäßigen Zeitabschnitten gezahlte Rente vereinbart wurde, es sei denn, es liegt ein Fall der Berufsunfähigkeit vor. In § 851c Abs. 1 Nr. 1 ZPO muss das Tatbestandsmerkmal der lebenslangen Leistung sowohl bei der Alternative des Leistungsbeginns nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres als auch bei der Alternative des Leistungsbeginns mit Eintritt der Berufsunfähigkeit vorliegen (BGH Rpfleger 2010, 67). |
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der Selbständige über die Ansprüche aus dem Vertrag nicht verfügen darf. Auf diese Bedingung wird der Gläubiger ein besonderes Augenmerk zu richten haben. Bisher haben die Elemente der Alterssicherung Selbständiger wie etwa Immobilien, Lebensversicherungen und Wertpapierdepots zu Erwerbszeiten auch als Sicherungsmittel für die berufliche und persönliche Kreditaufnahme gedient. Dies ist für die Lebensversicherung, die der Alterssicherung dient, nun nicht mehr möglich. Dies wird viele Selbständige dazu verleiten, in der Hoffnung auf dieses Element zu verzichten, dass dies dem Gläubiger nicht auffällt oder er solche Lebensversicherungen erst gar nicht mehr pfändet. |
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die Bezugsberechtigung eines Dritten mit Ausnahme von Hinterbliebenen ausgeschlossen ist. In Anlehnung an den im Versorgungsrecht herrschenden Hinterbliebenenbegriff werden als Hinterbliebene nach Auffassung des Gesetzgebers zumindest der Ehegatte, die Kinder und Pflegekinder des Schuldners anzusehen sein (BT-Drucks 16/3844). |
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die Zahlung einer Kapitalleistung mit Ausnahme auf den Todesfall ausgeschlossen ist. |
Strenge Anwendung der Voraussetzungen
Pfändungsschutz nach § 851c Abs. 1 ZPO besteht grundsätzlich nur dann, wenn die dort unter den Nr. 1 bis 4 genannten Voraussetzungen kumulativ im Zeitpunkt der Pfändung vorliegen. Enthält der Vertrag, aus dem sich die gepfändeten Ansprüche ergeben, allerdings Bestimmungen, die einen späteren Eintritt der Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 Nr. 3 ZPO endgültig sicherstellen, greift der Pfändungsschutz ab diesem späteren Zeitpunkt ein (BGH NJW-RR 2011, 493).
Altverträge berücksichtigen
Mit der Einführung des neuen Pfändungsschutzes für Selbständige war und ist nicht davon auszugehen, dass die Selbständigen jeweils neue Versicherungsverträge abgeschlossen haben. Vielmehr sind auch bereits bestehende Verträge umgewandelt worden. Insoweit sieht § 167 VV n.F. (§ 173 VVG a.F.) vor, dass der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode die Umwandlung der Versicherung in eine solche verlangen kann, die den Anforderungen des § 851c Abs. 1 ZPO entspricht. Die Kosten der Umwandlung hat der Versicherungsnehmer zu tragen.
Hier sind Sie gefordert
Der Gläubiger muss prüfen, ob die Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 Nr. 1–4 ZPO eingehalten sind, d.h. er darf nicht jede Lebensversicherung akzeptieren. Zu diesem Zwecke kann er von dem Schuldner nach § 836 Abs. 3 ZPO die Herausgabe des Versicherungsvertrages mit den zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen verlangen.
Pfändungsschutz überträgt sich auf das Konto
Als Folge dieses neuen Pfändungsschutzes wurde auch § 850l ZPO (bis zum 1.7.2010 § 850k ZPO a.F.) angepasst. Soweit die laufende Rentenzahlung aus der Lebensversicherung des Selbständigen auf dem Konto des Schuldners eingeht, kann sie dort geschützt werden. Wie bei Arbeitseinkommen gilt dies aber nur, wenn der Schuldner einen entsprechenden Antrag stellt. Diese Möglichkeit endet mit Ablauf des 31.12.2011. Ab diesem Zeitpunkt ist ein Pfändungsschutz auf dem Konto nur noch dann möglich, wenn es sich um ein Pfändungsschutzkonto handelt. Maßgeblich sind dann die sich aus der Anwendung von § 850k Abs. 1, 2 und 4 ZPO n.F. ergebenden Freibeträge. Diese Freibeträge entsprechen nicht den Beträgen aus der Pfändungsfreigrenzentabelle. Maßgeblich sind vielmehr...