Zulässige, aber unbegründete weitere Beschwerde
Die gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG zulässige weitere Beschwerde, über die nach § 66 Abs. 6 S. 1 GKG der Senat in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung zu entscheiden hat, hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss des AG zurückgewiesen.
Dieser Beschluss, der die Erinnerung der Landesjustizkasse gegen den Kostenansatz des GV zurückgewiesen hat, ist nicht zu beanstanden, denn die Kostenrechnung berücksichtigt berechtigt eine Gebühr in Höhe von 8 EUR gemäß § 9 GvKostG i.V.m. Nr. 208 KV GvKostG a.F.
Gebühr für den Versuch einer gütlichen Erledigung
Der Tatbestand des Nr. 208 KV GvKostG a.F. ist erfüllt: Nach Nr. 207 KV GvKostG a.F. erhält der GV für den Versuch einer gütlichen Erledigung (§ 802b ZPO) eine Gebühr von 16 EUR, die sich nach Nr. 208 KV GvKostG a.F. auf 8 EUR ermäßigt, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 oder 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt war. Diese Voraussetzungen waren gegeben.
Der GV hatte die Schuldnerin vor Vollstreckung des durch das AG erlassenen Haftbefehls angeschrieben und ihr die Möglichkeit gegeben, zur Vermeidung der Vollstreckung des Haftbefehls die Forderung im Rahmen einer gütlichen Erledigung durch freiwillige Zahlung zu begleichen. Zuvor war der GV mit der Abnahme der Vermögensauskunft (§ 802a Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und für den Fall, dass der Schuldner dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder sich ohne Grund weigert, die Vermögensauskunft zu erteilen, mit der Beantragung des Erlasses eines Haftbefehls nach § 802g Abs. 1 ZPO beauftragt gewesen.
Ein Auftrag, eine gütliche Erledigung, aber mehrere Aufträge führen zu mehreren gütlichen Erledigungen
Der Berücksichtigung der Gebühr für den Versuch einer gütlichen Einigung nach Nr. 208 KV GvKostG a.F. im Kostenansatz des GV steht § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG nicht entgegen. Danach wird bei Durchführung desselben Auftrags eine Gebühr nach derselben Nummer des Kostenverzeichnisses nur einmal erhoben. Der GV hat entgegen der Ansicht der Landeskasse vorliegend nicht die Durchführung desselben Auftrags unternommen, vielmehr liegen mit der Beauftragung des GV zur Abnahme der Vermögensauskunft einerseits und zur Vollstreckung des Haftbefehls andererseits – kostenrechtlich – mehrere Aufträge vor. Dies ergibt sich aus der Regelung in § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG, wonach unbeschadet des Grundsatzes in Abs. 1 S. 1, dass ein Auftrag alle Amtshandlungen erfasst, die zu seiner Durchführung erforderlich sind, die Vollziehung eines Haftbefehls jedenfalls einen besonderen Auftrag darstellt (vgl. LG Kassel, 8.12.2017 – 3 T 433/17).
Dass die Anträge auf Vermögensauskunft und auf Vollstreckung eines Haftbefehls im Gegensatz zu der kostenrechtlichen Regelung verfahrensrechtlich als ein einheitlicher Auftrag zu qualifizieren sind, weil der Haftbefehl nur subsidiär der Verwirklichung des Auskunftsanspruchs des Gläubigers durch Abnahme der Vermögensauskunft dient und jeder Haftauftrag einen Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft impliziert, führt nicht zu einer abweichenden Entscheidung (a.A.: LG Osnabrück, 16.2.2021 – 9 T 18/21, DGVZ 2021, 94; BeckOK-KostR/Herrfurth, 43. Ed. 1.10.2023, § 3 Rn 35; KV 208 Rn 17).
Begrifflichkeiten im Kostenrecht und im Verfahrensrecht müssen nicht übereinstimmen
Denn der Gesetzgeber hat mit § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG bewusst eine von der verfahrensrechtlichen Dogmatik abweichende Kostenregelung gewählt, mit der Folge, dass für den Bereich des Kostenrechts und damit auch für die nach § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG zu bestimmende Frage, ob für mehrere Amtshandlungen auch mehrere, ggf. gleiche, Gebühren entstehen und Auslagen mehrfach abgerechnet werden können, die Regelung in § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG maßgeblich ist (vgl. OLG Köln, 20.1.2022 – I-17 W 136/21; LG Lüneburg, 17.8.2021 – 5 T 28/21).
Dass sich der Wirkungsbereich des § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG auf Auslagen oder diejenigen Gebühren beschränken soll, die gerade wegen der Verhaftung des Schuldners anfallen (so BeckOK-KostR/Herrfurth a.a.O.), lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen und ergibt sich auch aus der Systematik der Gebührentatbestände im 2. Abschnitt des Kostenverzeichnisses zum GvKostG nicht. Ebenso wenig bietet der Wortlaut der Norm oder die Systematik des Gesetzes, das sich ausschließlich mit Regelungen zu den von Gerichtsvollziehern zu erhebenden Kosten befasst, Anlass für ein verfahrensbezogenes Verständnis des Begriffes "Auftrag" im Zusammenhang des § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG (vgl. OLG Köln a.a.O. Rn 11).
Unerheblich: Verhaftung ist keine Regelbefugnis des GV
Eine andere Sichtweise rechtfertigt sich auch nicht aus der Überlegung, die Verhaftung gehöre nicht zu den Regelbefugnissen des GV nach § 802a ZPO, deshalb könne aus dem Haftauftrag selbst keine Beauftragung zur gütlichen Erledigung fingiert werden (so: BeckOK-KostR/Herrfurth a.a.O.). Denn nach § 802b ZPO ...