BGH folgt dem LG im Ergebnis
Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Zu Recht hat das LG dem Begehren des Schuldners, den PfÜB vom 30.1.2017 aufzuheben, obwohl die in Vertretung der Gläubigerin handelnde Inkassodienstleisterin dem Antrag auf seinen Erlass keine Vollmacht beigefügt hatte, nicht entsprochen. Der Mangel ist geheilt.
Inkassodienstleister ist postulationsfähig
Die Gläubigerin durfte sich bei der Antragstellung durch die von ihr mit dem Forderungseinzug bevollmächtigte, im Rechtsdienstleistungsregister verzeichnete Inkassodienstleisterin (§§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 S. 1, 16 RDG) vertreten lassen.
Nach allgemeiner Meinung gelten für das Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 704 ff. ZPO neben den spezifischen Verfahrensvorschriften die allgemeinen prozessualen Regelungen der §§ 1 bis 252 ZPO sinngemäß (vgl. BGH NJW 2011, 929), also auch die Regelungen über die Vertretung nach §§ 78 ff. ZPO. Die nichtanwaltliche Vertretung ist hiernach bei der Zwangsvollstreckung nur nach Maßgabe des § 79 Abs. 2 ZPO zulässig (Keller, in: Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, 1. Aufl. 2013, A 45). Die Vertretungsbefugnis der Inkassodienstleisterin folgt aus § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO, der bestimmt, dass im Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen, mithin auch bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte gemäß §§ 828 ff. ZPO, Inkassodienstleiter als Bevollmächtigte auftreten dürfen.
Vollmacht war grundsätzlich vorzulegen
Entgegen der Auffassung des LG hatte die Inkassodienstleisterin ihre Bevollmächtigung bei Antragstellung durch Vorlage einer Vollmacht nachzuweisen. Das AG (§ 828 Abs. 1 ZPO) war gemäß § 88 Abs. 2 ZPO zur Prüfung der Vollmacht von Amts wegen verpflichtet. § 80 S. 1 ZPO bestimmt, dass der Nachweis der Vollmacht durch Einreichung der schriftlichen Vollmachtsurkunde zu den Gerichtsakten zu führen ist. Dieser Nachweis war nicht entbehrlich.
Zwar sind bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen Inkassodienstleister, die als Bevollmächtigte nach § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO auftreten, gemäß § 753a ZPO von der Vollmachtsvorlage nunmehr befreit, sofern sie ihre ordnungsgemäße Bevollmächtigung versichern. Diese Sonderregelung galt aber zum Antragszeitpunkt noch nicht, denn die Vorschrift ist erst zum 1.1.2021 in Kraft getreten (BGBl I 2020, S. 3320, 3326 f.).
Die Vollmacht war dem Vollstreckungsgericht bei Antragstellung nachzuweisen (vgl. Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl., B 39). Die für den Fall der Vertretung durch Rechtsanwälte geltende Sonderregelung nach § 88 Abs. 2 ZPO, wonach der Nachweis erst auf eine Rüge geführt werden muss, war nicht anwendbar. Der Wortlaut des § 88 Abs. 2 ZPO sieht als Ausdruck des gesteigerten Vertrauens in die Berufsträger als Organe der Rechtspflege eine Ausnahme nur für Rechtsanwälte vor. Eine Erweiterung der Ausnahmeregelung des § 88 Abs. 2 ZPO auf die Vertretung durch Inkassodienstleister im Wege einer analogen Anwendung kommt nicht in Betracht (vgl. BGH v. 29.9.2021 – VII ZB 25/20 und VII ZB 29/20).
Kein Fall der Entbehrlichkeit der Vollmacht
Der Nachweis der Vollmacht war weder entbehrlich, weil das Gericht wegen der Besonderheiten des Einzelfalls keinen Zweifel an dem Bestehen und der Wirksamkeit der Bevollmächtigung der Inkassodienstleisterin durch die Gläubigerin hegte, noch weil der Schuldner diese ebenfalls nicht in Frage gestellt, sondern insoweit lediglich Formmängel gerügt hatte. Der Nachweis nach § 80 S. 1 ZPO ist bei der nichtanwaltlichen Vertretung entgegen der Auffassung des LG nicht nur dann zu führen, wenn das Bestehen einer Vollmacht zweifelhaft ist oder infrage gestellt wird (vgl. BGH WM 2021, 2203; Musielak/Voit/Weth, ZPO, 19. Aufl., § 88 Rn 7; MüKo-ZPO/Toussaint, ZPO, 6. Aufl., § 88 Rn 7; PG/Burgermeister, ZPO, 13. Aufl., § 80 Rn 13; a.A. Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 88 Rn 6). Ein Vollmachtsmangel i.S.v. § 88 ZPO liegt, wie sich aus § 89 Abs. 2 ZPO ergibt, nicht nur vor, wenn überhaupt keine Vollmacht erteilt wurde, diese unwirksam, widerrufen oder sonst erloschen ist, sondern auch dann, wenn die Vollmacht zwar besteht, aber nicht (auch nicht innerhalb der Frist nach § 80 S. 2 ZPO) beigebracht wird (BAG v. 29.9.1981 – 3 AZR 655/79, juris Rn 23; Zöller/Althammer, ZPO, 34. Aufl., § 88 Rn 1).
Trotzdem ist der PfÜB nicht aufzuheben
Entgegen der Beschwerde ist der PfÜB, gegen dessen Rechtmäßigkeit im Übrigen keine Bedenken bestehen, deshalb aber nicht aufzuheben. Zwar stand seinem Erlass ursprünglich entgegen, dass die in Vertretung der Gläubigerin handelnde Inkassodienstleisterin dem Antrag keinen Nachweis ihrer Vollmacht beigefügt hatte. Dieser nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit führende Verfahrensfehler ist jedoch durch Vorlage der Vollmacht der Gläubigerin vom 6.2.2018 im Beschwerdeverfahren geheilt worden, § 80 S. 2 ZPO.
Heilung ist möglich …
Die Heilung war möglich, weil der PfÜB insoweit zwar fehler...