I. Das Problem
Wir schließen mit dem Schuldner vorgerichtlich regelmäßig persönlich oder fernmündlich Zahlungsvereinbarungen, die in der Folge dann aber nicht eingehalten werden. In diesem Rahmen wird mit dem Schuldner auch ausdrücklich vereinbart, dass er die Kosten der Vereinbarung (Einigungsgebühr) erstattet.
Im gerichtlichen Mahnverfahren werden wir immer häufiger aufgefordert, die schriftliche Zahlungsvereinbarung vorzulegen, um die Einigungsgebühr nachzuweisen. Da wir die Vereinbarung mündlich getroffen haben, können wir diesen Nachweis aber nicht führen.
II. Die Lösung
Es ist zwischen dem Entstehen und der Erstattung der Einigungsgebühr zu unterscheiden
Die Einigungsgebühr entsteht nach Nr. 1000 Ziff. 2 VV RVG für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den die Erfüllung des Anspruchs bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf seine gerichtliche Geltendmachung geregelt wird oder, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen (Zahlungsvereinbarung), in Höhe einer 0,7-Gebühr.
Dies ist der Regelfall bei der Erbringung von Inkassodienstleistungen durch einen Rechtsanwalt oder einen Inkassodienstleister, wenn unstreitige Forderungen im Auftrag des Auftraggebers eingezogen werden und der Schuldner diese mangels Leistungsfähigkeit nicht erfüllt.
Hinweis
Die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Ziff. 2 VV RVG begründet eine eigenständige Bestimmung des Gegenstandswertes nach § 31b RVG. Ist Gegenstand der Einigung eine Zahlungsvereinbarung (Gebühr 1000 Nummer 2 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt der Gegenstandswert 50 Prozent des (Haupt-)Anspruchs.
Grundsätze zur Erstattung der Einigungsgebühr
Dass die Gebühr entstanden ist, besagt aber noch nicht, dass der Schuldner diese erstatten muss. Bei einer Einigung im gerichtlichen Verfahren gilt § 98 ZPO. Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs sind danach als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Gibt es also keine gewillkürte Prozessvereinbarung, trägt mithin jede Partei die Einigungsgebühr selbst. Ein Erstattungsanspruch scheidet aus.
§ 98 ZPO entspricht allerdings einem allgemeinen Rechtsgedanken und ist deshalb auch bei einer außergerichtlichen Einigung analog heranzuziehen (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, RVG VV 1000 Rn 315; Sefrin, in: BeckOK-RVG, 60. Edition v. 1.6.2023, RVG VV 1000; BGH NJW-RR 2006, 1000; 1997, 510; OLG Frankfurt a.M. JurBüro 2005, 365; OLG Koblenz AGS 2015, 539 = MDR 2015, 975.).
Hinweis
In der Praxis genügt es für die Erstattung der Einigungsgebühr also nicht, wenn nur ein Ausgleich der Forderung in Raten vereinbart wird. Auch die Kostenübernahme muss – vertraglich – vereinbart werden. Der Umstand, dass der Schuldner nachweisbar über Monate Raten gezahlt hat, bleibt für den Nachweis der Kostenübernahme also unerheblich. Auch eine Bestätigung einer Zahlungsvereinbarung mit dem Hinweis, dass der Schuldner die Einigungsgebühr bzw. die Kosten der Vereinbarung erstatten müsse, genügt nicht; hier fehlt es an der vertraglichen Vereinbarung.
Glaubhaftmachung des Kostenansatzes
Wurde mit dem Schuldner mündlich vereinbart, dass er die Kosten der Einigung trägt, so scheitert allerdings die Berücksichtigung im gerichtlichen Verfahren nicht an der Formfreiheit. Da der Gesetzgeber für Zahlungsvereinbarungen keine Formvorschrift vorsieht, muss auch die formfreie Vereinbarung prozessuale Berücksichtigung finden. Dies stellt § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO sicher. Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt es danach, dass er glaubhaft gemacht wird. Die Glaubhaftmachung kann selbstverständlich durch die Vorlage einer schriftlichen Vereinbarung gelingen, aber eben auch durch die Versicherung i.S.d. § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO.
Hinweis
Die Versicherung muss sich dabei auf zwei Aspekte beziehen, nämlich einerseits die Umstände, die eine Zahlungsvereinbarung nach Nr. 1000 Ziff. 2 VV RVG belegen, andererseits die Umstände der Vereinbarung zur Kostenübernahme durch den Schuldner. Insoweit wird auf die Arbeitshilfe in dieser Ausgabe verwiesen (FoVo 2023, 168 f.).
Geschäftsgebühr nicht vergessen!
Bei Zahlungsvereinbarungen darf nicht übersehen werden, dass nach der Neuregelung der Geschäftsgebühr zum 1.10.2021 in Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG nicht nur die Einigungsgebühr durch eine Zahlungsvereinbarung anfällt, sondern auch die Geschäftsgebühr zu erhöhen ist, wenn mehr als neun Raten vereinbart werden (BT-Drucks 19/202348, S. 63). In diesem Fall liegt eine besonders umfangreiche Tätigkeit vor. Die Erhöhung – bis zum maximalen Gebührensatz von 1,3 – wird dann nach der Zahl der darüber hinausgehenden Raten zu bestimmen sein. Angemessen sein dürfen bei bis zu 12 Raten eine 1,0-Gebühr, bei mehr als 12 bis 15 Raten eine 1,1-Gebühr, bei mehr als 15 bis zu 18 Raten eine 1,2-Geschäftsgebühr und bei mehr als 18 Raten eine 1,3-Geschäftsgebühr. Insoweit ist der jeweilige Aufwand für die Zahlungseingangsüberwachung und die Verbuchung der Zahlung schuldner- und manda...