Leitsatz
1. Der Streitwert der Zahlungsklage auf einen Bruttobetrag abzüglich eines geleisteten Nettobetrags bestimmt sich aus der Differenz der beiden Beträge.
2. Dies gilt in der Regel selbst dann, wenn unstreitig vom Arbeitgeber über den geleisteten Nettobetrag hinaus Abgaben abgeführt worden sind.
LAG Düsseldorf, Beschl. v. 5.4.2017 – 4 Ta 135/17
1 I. Der Fall
Streitwertbeschwerde
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wendet sich gegen die Festsetzung des Streitwerts für die Gerichtsgebühren durch das ArbG. Es hat den Gerichtsgebührenwert für den Klageantrag auf Verurteilung zur Zahlung von 32.450,04 EUR brutto abzüglich bereits gezahlter 12.352,59 EUR netto auf 4.207,14 EUR festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dass der letztgenannte Betrag der Differenz der zwischen den Parteien in Wahrheit streitigen Bruttobeträge entspreche und die Parteien sich über die zutreffende Berechnung der Steuern (mit 15.890,31 EUR) einig seien. Dagegen richtet sich die Beschwerde.
2 II. Die Entscheidung
ArbG hat den Streitwert zu niedrig festgesetzt
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das ArbG bei der Streitwertbemessung auf die zwischen den Parteien allein streitige Bruttodifferenz abgestellt. Gemäß § 40 GKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet. Der Antrag lautet auf Zahlung von 32.450,04 EUR brutto abzüglich 12.352,59 EUR netto. Entsprechend hat das ArbG den Tenor des erlassenen Versäumnisurteils gefasst. Aus dem Versäumnisurteil kann der Gerichtsvollzieher den vollen Differenzbetrag der beiden vorgenannten Brutto- und Nettobeträge (also 20.097,45 EUR) eintreiben. Selbst wenn – was aus dem Akteninhalt nicht zweifelsfrei ersichtlich ist – zwischen den Parteien unstreitig gewesen wäre, dass die Beklagte nicht nur die Steuern auf den von ihr errechneten Zahlungsbetrag in Höhe von 28.242,90 EUR mit 15.890,03 EUR richtig berechnet hätte, sondern diesen Betrag auch tatsächlich an die Finanzverwaltung abgeführt hätte, bliebe der vom Kläger in dieser Weise gestellte Antrag dennoch für die Wertbestimmung maßgeblich. Gegebenenfalls hätte das Arbeitsgericht hier der Klage nicht in vollem Umfang stattgeben dürfen.
Brutto ./. Netto entspricht der h.M.
Im Übrigen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des LAG wie auch der herrschenden Meinung, dass der Streitgegenstand einer Leistungsklage "Brutto abzüglich Netto" der Differenz der beiden Beträge entspricht (LAG Nürnberg, 22.5.1989 – 1 Ta 116/88; LAG Düsseldorf, 17.1.2011 – 2 Ta 768/10; LAG Düsseldorf, 7.3.2005 – 17 Ta 91/05).
3 Der Praxistipp
Vergütung im Blick haben
Die Entscheidung zeigt, dass der Bevollmächtigte die Vergütung immer im Blick haben muss. Nach dem festgesetzten Wert bestimmen sich nämlich auch seine Gebühren und Auslagen. Die Gebühr setzt sich letztlich aus der Art der Gebühr, dem Gebührensatz und dem Gegenstandswert zusammen. Nicht immer wird dieser zutreffend bemessen. Für die anwaltliche Vergütung im gerichtlichen Verfahren gilt die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren, § 23 RVG.
Nachrechnen lohnt sich
Wie die Entscheidung des LAG zeigt, lohnt sich das Nachrechnen. Bei dem tatsächlich zutreffenden Streitwert beträgt die 1,3-Verfahrensgebühr etwa 964,60 EUR, während die Streitwertfestsetzung des ArbG nur 393,90 EUR netto bringt, mithin 570,70 EUR weniger. Ein Blick in die §§ 22 ff. RVG, §§ 39 ff. GKG sollte einem das wert sein.
So gehen Sie vor
Außer der eigenen Arbeitskraft ist das Verfahren über die Streitwertbeschwerde nach § 68 Abs. 3 GKG gebührenfrei. Allerdings werden auch keine Kosten erstattet. Dafür ist die Änderung des Streitwertes nach § 63 Abs. 3 S. 2 GKG auch noch sechs Monate nach der endgültigen Festsetzung möglich. Wie im vorliegenden Fall hat der Prozessbevollmächtigte ein eigenes Antragsrecht, sofern er die Erhöhung des Streitwertes erstrebt. Soll die Absenkung erreicht werden, muss dagegen der Mandant die Beschwerde erheben. Auf diese aus dem Rechtsschutzbedürfnis folgende Differenzierung muss der Praktiker achten.
FoVo 10/2017, S. 194 - 195