Leitsatz
Guthaben auf einem Konto ist nur dann pfändungsgeschützt, wenn es sich um ein Pfändungsschutzkonto handelt. Nutzt der Schuldner auch nach der Pfändung die Möglichkeit der Umwandlung nicht, ist er nicht schutzwürdig. Für § 765a ZPO ist dann kein Raum.
AG Emmendingen, Beschl. v. 8.8.2018 – 17 M 773/17
1 I. Der Fall
Antrag auf Freigabe von Kindergeld auf einfachem Girokonto
Die Schuldnerin beantragt mit Schreiben vom 19.6.2018 die Freigabe des Guthabens auf ihrem Konto bei der Drittschuldnerin. Das Kontoguthaben resultiert voll-umfänglich aus Kindergeldgutschriften. Die Drittschuldnerin teilte am 3.7.2018 auf Anfrage mit, dass das Kontoguthaben nur dann pfändungsgeschützt auf ein Pfändungsschutzkonto übertragen wird, wenn die Umstellung innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 850k Abs. 1 S. 4 erfolgt. Die Schuldnerin reagierte nicht.
Die Gläubigerin wurde zum Antrag gehört. Mit Schreiben vom 11.7.2018 hat sie darauf hingewiesen, dass Pfändungsschutz nur für Pfändungsschutzkonten vorgesehen ist und die Herkunft der Gutschriften keine Rolle spielt.
2 II. Die Entscheidung
Pfändungsschutz kann nur auf dem P-Konto gewährt werden
Das Pfändungsschutzkonto steht seit dem 1.1.2012 als alternativlose Form des Kontopfändungsschutzes zur Verfügung. In Ausnahmefällen, wenn aus nachvollziehbaren Gründen kein Pfändungsschutzkonto eingerichtet ist oder trotz Pfändungsschutzkontos Schutzlücken bestehen, kann nach § 765a ZPO noch Pfändungsschutz gewährt werden.
Diese Ausnahmen sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich. Die Schuldnerin konnte die Kindergeldgutschriften auf dem gepfändeten Konto stehen lassen und war zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht darauf angewiesen
Der Antrag war als unbegründet zurückzuweisen.
3 Der Praxistipp
Herausgabeanspruch ist kein Kindergeldanspruch
Die Entscheidung klingt zunächst hart. Im ersten Moment wird jeder den Reflex haben, dass Kindergeld doch geschützt sein muss. Das vernachlässigt allerdings materiell-rechtlich, dass die Gutschrift auf einem Konto die Herkunftsquelle erledigt und nun ausschließlich ein Herausgabeanspruch gegen das Kreditinstitut besteht, §§ 675, 667 BGB. Die Quelle der Gutschrift ist dann unerheblich.
Schuldner hat "Reparaturmöglichkeit"
Nicht übersehen werden darf auch, dass der Schuldner eine einmalige Möglichkeit hat, noch nach der Pfändung den Pfändungsschutz zu aktivieren. Pfändet der Gläubiger ein ungeschütztes Konto, kann der Schuldner durch einfache Erklärung gegenüber seinem Kreditinstitut das Konto nach § 850k Abs. 1 S. 4, Abs. 7 S. 2 ZPO noch in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln. In diesem Fall bleibt das Guthaben in Höhe des Freibetrages nach § 850k Abs. 1 i.V.m. § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO pfändungsfrei. Hierauf hatte der Drittschuldner sogar noch hingewiesen, ohne dass der Schuldner reagiert hat.
Keine besondere Härte der Zwangsvollstreckung
Da der Schuldner die Vollstreckung durch eigenes Tun hätte verhindern können, ist für die Anwendung von § 765a ZPO tatsächlich kein Raum. Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht danach eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Hier beruht der mangelnde Vollstreckungsschutz aber nicht auf einer Handlung des Gläubigers, sondern allein auf dem Versäumnis des Schuldners.
FoVo 10/2018, S. 193 - 194