Leitsatz
Mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung muss ein Gerichtsvollzieher (GV), der gem. § 9 GVKostG i.V.m. Nr. 701 KVGvKostG Entgelte für Zustellungen mit Zustellungsurkunde als Auslagen in Rechnung stellt, den Betrag der Umsatzsteuer, die die Deutsche Post AG seit dem 1.9.2016 auf Postzustellungsaufträge erhebt, in seiner Kostenrechnung nicht gesondert ausweisen. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger vorsteuerabzugsberechtigt ist.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.7.2018 – 18 W 84/18
1 I. Der Fall
GV stellt Zustellungsentgelte in Rechnung
Nachdem der GV von der Gläubigerin u.a. damit beauftragt worden war, dem Vollstreckungsschuldner eine Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO zuzustellen, stellte er mit Gerichtsvollzieherkostenrechnung vom 25.7.2017 neben anderen Kosten Entgelte für die Zustellung mit Zustellungsurkunde durch die Deutsche Post AG in Höhe von insgesamt 8,22 EUR in Rechnung, ohne den Betrag der in diesen Entgelten enthaltenen Umsatzsteuer auszuweisen.
Erinnerung gegen den Nichtausweis der Umsatzsteuer
Die Gläubigerin legte Erinnerung gegen die Gerichtsvollzieherkostenrechnung ein und beanstandete die fehlende Ausweisung der Umsatzsteuer. Auf diese Erinnerung hin hob das AG die Gerichtsvollzieherkostenrechnung mit Beschluss vom 28.12.2017 auf. Sodann legte die jetzige Beschwerdegegnerin Beschwerde gegen den Beschluss des AG vom 28.12.2017 ein, den das LG daraufhin mit Beschluss dahin abänderte, dass die Erinnerung der Beschwerdeführerin gegen die Gerichtsvollzieherkostenrechnung vom 25.7.2018 zurückgewiesen wird.
Weitere Beschwerde zum OLG
Die Gläubigerin legte – die zugelassene – weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG ein, der das LG nicht abgeholfen hat.
2 II. Die Entscheidung
Zulässige weitere Beschwerde nach § 5 GvKostG
Die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG ist gem. § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG zulässig, weil das LG als Beschwerdegericht entschieden und die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat.
Entscheidung in voller Senatsbesetzung
Über dieses Rechtsmittel hat der Senat in der nach dem GVG vorgesehenen Besetzung zu entscheiden, weil die angefochtene Entscheidung nicht vom Einzelrichter, sondern der Kammer des LG erlassen worden ist, § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 6 S. 1, 2. Hs. GKG.
OLG sieht weitere Beschwerde als unbegründet an
Die weitere Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das LG mit dem angefochtenen Beschluss den Beschluss des AG auf die Beschwerde der jetzigen Beschwerdegegnerin dahin abgeändert, dass die Erinnerung der Beschwerdeführerin gegen die Gerichtsvollzieherkostenrechnung vom 25.7.2018 zurückgewiesen wird. Denn diese Beschwerde war zulässig und begründet. Die Beschwerde der jetzigen Beschwerdegegnerin gegen den Beschluss des AGs war gem. § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zulässig, weil das AG die Beschwerde in seinem Beschluss vom 28.12.2017 wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hatte.
Für Ausweis der Umsatzsteuer fehlt die gesetzliche Grundlage
Die Beschwerde war auch begründet. Denn die Erinnerung der Gläubigerin gegen die Gerichtsvollzieherkostenrechnung war zwar gem. § 5 Abs. 2 S. 1 GvKostG zulässig, aber unbegründet, weshalb die Aufhebung der Gerichtsvollzieherkostenrechnung durch den Beschluss des AG vom 28.12.2017 zu Unrecht erfolgt war.
Denn ein GV, der gem. § 9 GvKostG i.V.m. Nr. 701 KVGv Entgelte für Zustellungen mit Zustellungsurkunde als Auslagen in Rechnung stellt, muss den Betrag der Umsatzsteuer, die die Deutsche Post AG seit dem 1.9.2016 auf Postzustellungsaufträge erhebt (www.deutschepost.de/de/p/pza_postzustellungsauftrag/information_zur_umsatzsteuer.html und Vorlagebeschluss des BFH v. 20.5.2016 – V R 8/16, juris), in seiner Kostenrechnung nicht gesondert ausweisen. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger vorsteuerabzugsberechtigt ist.
GV ist kein Unternehmen
Dies folgt aus dem Umstand, dass es an einer gesetzlichen Regelung fehlt, die den Gerichtsvollzieher dazu verpflichtet, die Beträge der auf Drittleistungen angefallenen Umsatzsteuer in seiner Kostenrechnung auszuweisen.
Eine solche Verpflichtung des GV ergibt sich nicht aus § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 8 UStG, weil die Umsätze des GV nicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG umsatzsteuerpflichtig sind. Denn er ist kein Unternehmer im Sinne dieser Norm. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 S. 1 UStG, der bestimmt, dass derjenige Unternehmer ist, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Dies trifft auf den GV nicht zu, weil er gem. § 154 GVG Beamter ist, der im Rahmen der Dienstaufsicht der Weisungsbefugnis des Dienstherrn unterliegt (Vgl. Lückemann, in: Zöller, 32. Aufl., Rn 4 zu § 154 GVG und Lackmann, in: Musielak/Voit, 15. Aufl., Rn 2–3 zu § 753 ZPO, jeweils m.w.N.). Soweit er gem. § 1 S. 1 GVO selbstständig handelt, betrifft dies nur die i...