Leitsatz
Ein Rechtsanwalt, der in einem Zwangsvollstreckungsverfahren in eigener Sache tätig wird, ohne als Rechtsanwalt aufzutreten, ist jedenfalls dann zur elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen an das Gericht verpflichtet, wenn er Rechtsmittel – hier einen Widerspruch gegen die Eintragungsanordnung des Gerichtsvollziehers und die sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts – einlegt.
BGH, Beschl. v. 4.4.2024 – I ZB 64/23
1 Der Fall
Rechtsanwalt als Schuldner
Die Gläubiger betreiben gegen den Schuldner, einen Rechtsanwalt, die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil und dem dazu ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss.
Mit zwei Schreiben forderte der Gerichtsvollzieher (GV) den Schuldner jeweils auf, den ausstehenden Betrag zu zahlen, und bestimmte zugleich für den Fall, dass eine Zahlung nicht erfolgt, Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft. Auf die Ladungen ließ der Schuldner jeweils unter Vorlage eines ärztlichen Attests durch seine Ehefrau mitteilen, dass er derzeit akut erkrankt sei und nicht zu dem Termin erscheinen könne.
RA verweigert immer wieder die Abgabe der Vermögensauskunft
Der GV forderte den Schuldner erneut zur Zahlung des ausstehenden Betrags auf und bestimmte für den Fall, dass eine Zahlung nicht erfolgte, Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft. Die Ladung wurde dem Schuldner zugestellt. Per E-Mail teilte die Ehefrau des Schuldners mit, ihr Ehemann habe in seinem Kraftfahrzeug einen Ohnmachtsanfall erlitten, infolgedessen sei es zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gekommen. Hiervon sei er noch nicht vollständig genesen. Zur Bestätigung legte sie ein ärztliches Attest des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes vor.
GV sieht die Entschuldigung als unzureichend an
Nachdem der Schuldner in dem Termin nicht erschienen war, stellte der GV in dem von ihm gefertigten Protokoll fest, dass der Schuldner dem Termin unentschuldigt ferngeblieben sei, und unterrichtete den Schuldner darüber, dass er ihn nach Ablauf von zwei Wochen in das zentrale Schuldnerverzeichnis eintragen werde.
RA widerspricht Eintragungsanordnung
Gegen die Anordnung der Eintragung hat der Schuldner mit Telefax Widerspruch eingelegt. Das AG hat den Schuldner aufgefordert, ein fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich seine konkrete Verhinderung für den Termin nebst Diagnose ergebe, weil das vorgelegte Attest des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes nicht ausreichend sei.
Das AG hat den Widerspruch des Schuldners gegen die Eintragungsanordnung sodann zurückgewiesen. Mit seiner dagegen per Telefax eingelegten sofortigen Beschwerde hat der Schuldner vorgetragen, er habe dem AG per Telefax ein ärztliches Attest übermittelt. Ausweislich dieses Attests hat sich der Schuldner wegen einer akuten Erkrankung in ärztliche Behandlung begeben; der behandelnde Arzt hat ihm für mindestens zwei weitere Wochen Bettruhe verordnet.
LG sieht Formfehler und korrigiert sich dann aber
Das LG hat den Schuldner zunächst darauf hingewiesen, dass seine Beschwerdeschrift nicht in der Form des § 130d ZPO bei Gericht eingereicht worden sei. Der Schuldner hat daraufhin – unter anwaltlichem Briefkopf und Unterzeichnung als Rechtsanwalt – mitgeteilt, er habe, wie sich daraus ergebe, dass die Beschwerdeschrift nicht unter anwaltlichem Briefkopf eingereicht und von ihm nicht als Rechtsanwalt unterzeichnet worden sei, die sofortige Beschwerde nicht als Rechtsanwalt, sondern als Privatperson eingelegt.
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Schuldners auf dessen Hinweis, er habe in der Vollstreckung als Privatperson gehandelt, aus inhaltlichen Gründen als unbegründet zurückgewiesen. Die Entschuldigungen seinen nicht ausreichend gewesen.
Mit der vom LG zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Gläubiger beantragen, verfolgt der Schuldner seinen Widerspruch gegen die Eintragungsanordnung weiter.
2 II. Die Entscheidung
BGH sieht Rechtsbeschwerde als unzulässig an
Die Rechtsbeschwerde des Schuldners hat keinen Erfolg, weil sie unzulässig ist. Die Rechtsbeschwerde ist – ungeachtet ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht – nicht eröffnet.
Eine Rechtsbeschwerde ist nur statthaft, wenn die zuvor eingelegte sofortige Beschwerde statthaft war. War bereits die Ausgangsentscheidung unanfechtbar, hat sie das Verfahren rechtswirksam beendet, sodass es an einer Grundlage für das Rechtsbeschwerdeverfahren fehlt. Hieran ändert auch die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht nach § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO nichts (st. Rspr.; vgl. nur BGH, 20.2.2020 – I ZB 45/19 m.w.N.).
Widerspruch und sofortige Beschwerde waren schon unzulässig
Der Widerspruch und die sofortige Beschwerde des Schuldners waren bereits unzulässig. Der Schuldner hat den Widerspruch gegen die Eintragungsanordnung des GV beim AG als dem zuständigen Vollstreckungsgericht und die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts über den Widerspruch beim Beschwerdegericht lediglich per Telefax und nicht unter Einhaltung der von § 130d S. 1 ZPO vorgeschriebenen Form eingelegt. Er hat d...