Geldempfangsvollmacht muss vorgelegt werden
Die allgemeine Prozessvollmacht deckt die Einziehung von Parteigeldern nicht. Dies gilt für Inkassounternehmen wie für Rechtsanwälte. Ein Rechtsanwalt ist nach § 81 ZPO nur berechtigt, die von dem Gegner oder der Staatskasse zu erstattenden Kosten in Empfang zu nehmen. Nur diese stehen ihm regelmäßig persönlich zu. Der Gerichtsvollzieher darf also aufgrund des gesetzlichen Inhalts der Vollmacht nach § 81 ZPO an den Rechtsanwalt nur die Prozesskosten nebst den hierauf entfallenden Zinsen und die Vollstreckungskosten auskehren. Die weiteren Einzelheiten bestimmt § 62 Nr. 5 der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisungen (GVGA).
Im Wortlaut: § 62 Nr. 2 GVGA
… Jedoch ermächtigt die bloße Prozessvollmacht den Bevollmächtigten nicht, die beigetriebenen Gelder oder sonstigen Gegenstände in Empfang zu nehmen; eine Ausnahme besteht nur für die vom Gegner zu erstattenden Prozesskosten (§ 81 ZPO). Der Gerichtsvollzieher darf daher die beigetriebenen Gelder oder sonstigen Gegenstände nur dann an den Prozessbevollmächtigten abliefern, wenn dieser von dem Gläubiger zum Empfang besonders ermächtigt ist. Die Ermächtigung kann sich aus dem Inhalt der Vollmachtsurkunde ergeben. Der Gläubiger kann sie auch dem Gerichtsvollzieher gegenüber mündlich erklären.
Geldempfangsvollmacht muss im Original beigefügt werden
Nach § 62 Nr. 5 GVGA ist der Vertreter des Gläubigers zur Entgegennahme der vom Gerichtsvollzieher eingezogenen Gelder also nur dann hinreichend legitimiert, wenn er zum Empfang des Geldes besonders bevollmächtigt worden ist. Eine entsprechende Geldempfangsvollmacht muss er nach § 172 BGB dem Gerichtsvollzieher im Original vorlegen (LG Bremen DGVZ 2002, 168; AG Warburg DGVZ 2001, 142; LG Ingolstadt DGVZ 1994, 92; AG Aachen DGVZ 1991, 173; Zöller-Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 815 Rn 1; MüKo-ZPO/Gruber, 3. Aufl., § 815 Rn 4). Eine gerichtliche Bestätigung über die Hinterlegung einer umfassenden Vollstreckungsvollmacht reicht dafür nicht aus (LG Ingolstadt DGVZ 1994, 92; Zöller-Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 815 Rn 1).
Gerichtsvollzieher ist zur Rückgabe verpflichtet
Die Originalvollmacht ist dem Gläubigervertreter allerdings zurückzugewähren. Sie wird nach Ansicht des Amtsgerichts Brake, das sich soweit ersichtlich als einziges Gericht mit dieser Frage bisher auseinandergesetzt hat, nicht Bestandteil der Akte des Gerichtsvollziehers. § 80 Abs. 1 ZPO gilt hier nicht entsprechend. Denn eine Prozessvollmacht dient zum Nachweis der Bevollmächtigung nur in dem Verfahren, für das sie erteilt wurde. Die Geldempfangsvollmacht hingegen geht weiter. Sie dient über die Prozessvollmacht hinaus dem Nachweis, für den Vollmachtgeber Geld in Empfang nehmen zu dürfen, und zwar unabhängig von einem bestimmten Verfahren oder einer bestimmten Vollstreckungshandlung. Deshalb regelt § 62 Abs. 2 GVGA auch, dass eine Prozessvollmacht zum Nachweis der Inkassoberechtigung nicht ausreicht. Dieser Entscheidung des AG Brake hat sich auch die Kommentarliteratur angeschlossen (Zöller-Stöber, ZPO, § 815 Rn 1).
Die Vorlage der Vollmacht reicht also aus. Sobald der Gerichtsvollzieher sich anhand der Geldempfangsvollmacht über die Berechtigung des Bevollmächtigten Klarheit verschafft hat, ist diese zurückzugeben. Es bleibt dem Gerichtsvollzieher unbenommen, sich eine Kopie zu fertigen und zu seinen Akten zu nehmen, um – z. B. gegenüber dem Prüfungsbeamten – einen entsprechenden Nachweis führen zu können. Dass es sich nicht anders verhalten kann ergibt sich auch daraus, dass z. B. bei einem Umzug eines Schuldners ein anderer Gerichtsvollzieher beauftragt werden müsste. Diesem gegenüber wäre erneut die Geldempfangsvollmacht nachzuweisen. Der Gläubiger wäre so gezwungen, u.U. mehrfach Vollmachten zu erteilen. Der Bevollmächtigte ist im Übrigen so lange zum Besitz der Vollmachtsurkunde berechtigt, bis er sie dem Vollmachtgeber gemäß § 175 BGB zurückgeben muss. Deshalb kann auch er und nicht der Vollmachtgeber die Rückgabe verlangen.
Nach § 172 Abs. 2 BGB bleibt die Vertretungsmacht bestehen, bis die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wird. Deshalb ist das Verlangen mancher Gerichtsvollzieher nach einer "aktuellen" Vollmachtsurkunde rechtswidrig. Die Aktualität ergibt sich aus dem Umstand, dass der Gläubigervertreter das Original vorlegen kann.
Was passiert, wenn die Vollmacht nicht vorgelegt wird?
Wird weder eine Geldempfangsvollmacht vorgelegt noch die Bankverbindung des Gläubigers mitgeteilt, darf der Gerichtsvollzieher die Durchführung des Vollstreckungsauftrages ablehnen, wenn dieses Versäumnis auch auf die entsprechende Anforderung des Gerichtsvollziehers nicht behoben wird (AG Lehrte DGVZ 2008, 29).
Nach Ansicht des AG Lehrte (DGVZ 2008, 29) kann nicht argumentiert werden, dass der Gerichtsvollzieher zunächst eine Pfändung versuchen und dabei feststellen müsse, ob überhaupt Geld vorhanden ist. Eine solche Vorgehensweise erscheint dem Amtsgericht zwar möglich, aber nicht vorgeschrie...