Erbe haftet für Nachlassverbindlichkeiten
Verstirbt der Schuldner, geht dem Gläubiger nicht etwa jede Möglichkeit verloren, seine Forderung zu realisieren. Vielmehr haftet der Erbe nach §§ 1922, 1967 BGB für die Verbindlichkeiten in vollem Umfange. Die Haftung erstreckt sich dabei nicht nur auf den Nachlass selbst, sondern grundsätzlich auch auf das Eigenvermögen des Erben. Der Gläubiger kann aus einer solchen Situation also ggf. sogar einen Vorteil ziehen.
Sehr zeitnah zum Erbfall kann der Gläubiger aber auch die Chance nutzen, unmittelbar in den Nachlass zu vollstrecken, § 779 ZPO. Voraussetzung ist allein, dass er irgendwann einmal die Zwangsvollstreckung mit irgendeiner Vollstreckungsart begonnen hat. Befinden sich etwa der Pkw und wertvolle Elektrogeräte (Flachbildfernseher, Computer, Laptop, Spielekonsolen, Hifi-Anlage etc.) in der bisherigen Wohnung des Schuldners und Erblassers, kann hierauf uneingeschränkt zurückgegriffen werden, da der Pfändungsschutz nach § 811 Nr. 1 und 5 ZPO nicht mehr greift.
Ausschlagung als Mittel der Haftungsvermeidung
Angesichts seiner Haftung für die Verbindlichkeiten des Verstorbenen wird der Erbe natürlich versuchen, seine Haftung zu beschränken oder seine Erbenstellung sogar aufzugeben, d.h. das Erbe auszuschlagen. Die Praxis zeigt, dass dies dem Erben aber nicht immer gelingt, weil er übersieht, dass die Ausschlagung formbedürftig ist, d.h. durch öffentlich beglaubigte Urkunde, d.h. eine Ausschlagungserklärung vor dem Notar oder aber eine Erklärung zu Protokoll des Gerichtes erfolgen muss, § 1945 Abs. 1 BGB. In dieser Form muss die Erklärung binnen sechs Wochen vorliegen, § 1944 Abs. 1 BGB.
Lassen Sie sich hier nicht täuschen: Wenn das Nachlassgericht auf Anfrage mitteilt, dass der Erbe ausgeschlagen hat, bedeutet dies nur, dass eine Ausschlagungserklärung vorliegt. Das Nachlassgericht hat dann aber nicht geprüft, ob die Erklärung auch form- und fristgerecht vorgelegt wurde. Diese Prüfung muss der Gläubiger vornehmen.
Erbscheinsantrag vorbereiten: Gläubiger muss Akteneinsicht nehmen
§ 792 ZPO räumt dem Gläubiger das Recht ein, nach dem Tod des Schuldners einen Erbscheinsantrag zu stellen. Der Erbschein eröffnet ihm dann die Möglichkeit, den Titel auf den Erben nach § 727 ZPO umschreiben zu lassen, um dann gegen diesen die Zwangsvollstreckung fortzusetzen. Der Erbe kann dann der Vollstreckung nur die Einwendungen nach §§ 785 ff. ZPO entgegensetzen. Um den notwendigen Erbscheinsantrag zu stellen, muss der Gläubiger also wissen, wer der Erbe ist. Die gesetzlichen Erben kann er mit Hilfe der Einsicht in das Personenstandsregister (§ 61 PStG) und in Anwendung der §§ 1924 ff. BGB ermitteln. Dann muss er aber durch die Einsichtnahme in die Nachlassakte feststellen, ob eine letztwillige Verfügung (Testament, Erbvertrag) vorliegt, die eine abweichende Erbfolge begründet, oder ob einzelne gesetzliche Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben. Das Einsichtsrecht geben ihm die §§ 357, 13 FamFG. In diesem Zusammenhang gewinnt die Entscheidung des Hanseatischen OLG große Bedeutung. Nun kann der Gläubiger nämlich sicher sein, dass die Nachlassakten auch vollständig sind, was ihm nachträgliche böse Überraschungen erspart.