Das Landgericht folgt dem AG
Die zulässige Beschwerde der Insolvenzschuldnerin, über die der Einzelrichter zu entscheiden hat, ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das AG ist zutreffend nach Maßgabe von § 850c Abs. 4 ZPO zu dem Ergebnis gelangt, dass die Tochter der Schuldnerin bei der Berechnung von deren pfändbarem Arbeitseinkommen nicht zu berücksichtigen ist, da sie über hinreichende eigene Einkünfte verfügt. Der gemäß §§ 36 Abs. 1 und 4, 292 Abs. 1 Satz 3 InsO, 850c Abs. 4 ZPO zulässige Antrag des Treuhänders ist insofern begründet.
Wer sich selbst unterhalten kann, braucht den Schuldner nicht
§ 850c Abs. 4 ZPO bestimmt, dass in dem Fall, dass eine Person, welcher der Schuldner aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte hat, das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen zu bestimmen hat, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt.
Will der Insolvenzverwalter oder der Treuhänder – wie vorliegend – erreichen, dass Unterhaltsberechtigte unberücksichtigt bleiben, ist insoweit das Insolvenzgericht zuständig (§ 36 Abs. 4 S. 1, §§ 2, 3 InsO).
Erforderlich ist eine abwägende Entscheidung
An die Überprüfung der Voraussetzungen sind keine überspannten Anforderungen zu stellen, um das Vollstreckungsverfahren praktikabel zu gestalten (BGH NJW-RR 2005, 1239). Gleichwohl darf die Entscheidung nicht nach schematisierten Gesichtspunkten getroffen werden. Das Gericht hat vielmehr seine Entscheidung unter Abwägung der wirtschaftlichen Lage des Gläubigers und des Schuldners sowie der von ihm unterhaltenen Angehörigen zu treffen. Dabei können Pfändungsfreibeträge und Unterhaltstabellen Anhaltspunkte für die Ausübung des Ermessens geben.
Wichtig: Lebt die Person im Haushalt des SU?
Lebt der Unterhaltsberechtigte mit dem Schuldner in einem Haushalt, kann man sich bei der Berechnung des Freibetrags des Unterhaltsberechtigten an den sozialrechtlichen Regelungen zur Existenzsicherung orientieren, wobei regelmäßig ein Zuschlag in einer Größenordnung von 30–50 % zu gewähren sein wird (vgl. BGH NJW 2005, 3282; BeckOK-ZPO/Riedel, 31. Ed. 1.12.2018, ZPO § 850c Rn 33).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist es auch aus Sicht der Kammer im vorliegenden Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt, die Tochter der Schuldnerin bei der Ermittlung von deren pfändbarem Einkommen nicht als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen. Die Tochter der Schuldnerin lebt unstreitig mit dieser in einem Haushalt und bezieht ebenfalls unbestritten ein monatliches Einkommen in Höhe von 714,34 EUR.
Kindergeld muss nicht hinzugerechnet werden.
Zwar ist entgegen der Ansicht des Treuhänders dem unter § 850c) Abs. 4 ZPO zu berücksichtigenden Einkommen vorliegend nicht auch das Kindergeld hinzuzurechnen (vgl. BT-Drucks 8/693, S. 48 und 10/229, S. 41; BGH NJW-RR 2006, 568).
Einkommen übersteigt das Doppelte des Sozialhilfesatzes
Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Tochter der Schuldnerin mit jedenfalls mehr als 650 EUR monatlich ein hinreichendes Einkommen zur Verfügung steht. Dieses liegt deutlich – über 50 % – über dem dieser zuzubilligenden Sozialhilfesatz bzw. Regelbedarfssatz.
Besondere Ausgaben ändern daran nichts
Entgegen der Ansicht der Schuldnerin sind die vorgebrachten besonderen monatlichen Ausgaben der Tochter vorliegend jedenfalls nicht in voller Höhe zu deren Gunsten zu berücksichtigen bzw. ganz von deren monatlichen Einkommen in Höhe von 714,34 EUR abzuziehen. So sind Kosten für Kleidung und Mobilfunk bereits in dem der Tochter in deren konkreter Lebenssituation zuzusprechenden Regelbedarf, also in dem für die Gewährleistung des sozialkulturellen Existenzminimums definierten, notwendigen Lebensunterhalt mit enthalten. Dass eine Zahnzusatzversicherung tatsächlich abgeschlossen und im konkreten Fall auch notwendig ist, ist von der Schuldnerin weder dargetan noch objektiv ersichtlich. Selbst wenn man zugunsten der Schuldnerin bzw. deren Tochter von monatlichen Fahrtkosten in Höhe von 58,40 EUR – entsprechend dem zur Akte gereichten Kontoauszug – ausgeht und diese auch in voller Höhe von deren monatlichem Einkommen abzieht, stünden dieser schließlich mit mehr als 650 EUR immer noch ausreichend finanzielle Mittel zur Bestreitung ihres Lebensbedarfs zur Verfügung. Die Frage, ob und inwieweit die Kosten der Mobilität nicht bereits zumindest teilweise in dem der Tochter zuzusprechenden Regelbedarf enthalten sind, kann damit dahinstehen.