Grundbucheinsicht ist ein wichtiges Informationsinstrument
Die Einsichtnahme in das Grundbuch ist ein bei der Forderungsbeitreibung nicht zu vernachlässigendes Informationsrecht. Das zeigt nicht nur der vorliegende Fall des OLG Oldenburg. Kommt ein Schuldner in die Krise, liegt es nahe, dass er sich um den Bestand seines bisherigen Grundbesitzers sorgt. Er wird deshalb bemüht sein, diesen auf eine ihm nahestehende Person zu übertragen. Dies geschieht nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass dem Schuldner so meist die weitere Nutzung des Gegenstandes vermittelt wird, so dass sein Vermögen zwar rechtlich, nicht aber tatsächlich tangiert wird. Gleichwohl wird dem Gläubiger auf den ersten Blick der Vermögensgegenstand entzogen.
Die Suche nach der nahestehenden Person
Die vorstehend geschilderte Situation zeigt, dass der Gläubiger sich bei der Ermittlung von Aufenthalt und Vermögen des Schuldners nicht allein auf den Schuldner konzentrieren darf. Vielmehr muss die Suche auf nahestehende Personen ausgedehnt werden. Dabei liegt die Einsichtnahme in das Grundbuch bezogen auf die von dem Schuldner oder einer ihm nahestehenden Person bewohnten Grundstücke besonders nahe. Für den Gläubiger ist es insoweit problematisch, dass ihm gegenüber der nahestehenden Person keine Forderung zusteht und dementsprechend auch kein Vollstreckungstitel gegen sie vorliegt. Die Entscheidung des OLG Oldenburg zeigt, dass der Gläubiger deshalb aber von einer Einsicht nicht abgeschnitten ist.
Die entscheidende Frage: Ansprüche gegen heutigen Eigentümer?
Die entscheidende und zu beantwortende Frage ist, ob dem Gläubiger gegen die dem Schuldner nahestehende Person seinerseits Ansprüche zustehen können, die eine Einsichtnahme in das Grundbuch rechtfertigen. Zu denken ist hier einerseits an die Mithaftung der nahestehenden Person etwa aus dem familienrechtlichen Verhältnis der Ehe heraus, § 1357 BGB, oder auch aufgrund gesellschaftsrechtlicher Tatbestände, etwa §§ 124, 128 HGB. Gedacht werden muss aber auch an die Anfechtungstatbestände der §§ 3, 4 Anfechtungsgesetz (AnfG), die Rechtshandlungen des Schuldners zwischen 2 und 10 Jahren sanktionieren, wenn zu vermuten ist, dass sie in Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorgenommen wurden. Ob solche Ansprüche tatsächlich bestehen, hat das Grundbuchamt nicht zu entscheiden. Für die Gewährung der Einsicht genügt die ernsthafte Möglichkeit. Die vom OLG Oldenburg angenommene erweiterte Möglichkeit, nicht nur das Grundbuch selbst, sondern auch die Grundbuchakten einzusehen, verschafft dem Gläubiger die Möglichkeit festzustellen, ob die Veräußerung entgeltlich oder unentgeltlich geschah und ob es sich um eine nahestehende Person im Sinne des § 138 InsO oder einen sonstigen Dritten handelt.
FoVo 12/2013, S. 232 - 234