Geht nicht gibt’s nicht!

Wenn die Frage so einfach und abschließend gestellt wird wie in der Überschrift, ist die Antwort eindeutig: nein! Vermögenswirksame Leistungen können nicht gepfändet werden. Wie von Forderung amp Vollstreckung gewohnt, kann das aber nicht das Ende der Lösung sein. Der nachfolgende Beitrag soll deshalb zeigen, warum nicht unmittelbar auf die vermögenswirksamen Leistungen zugegriffen werden kann, sehr wohl aber auf deren Ertrag. Nicht fehlen darf natürlich die Antwort auf die Frage, wie die notwendigen Informationen beschafft werden können und wie Manipulationsversuchen des Schuldners begegnet werden kann.

Vereinbarte Vermögenswirksame Leistungen nach dem 5. VermBG

Vereinbarte vermögenswirksame Leistungen sind Geldleistungen, die der Arbeitgeber aufgrund gesonderter vertraglicher Vereinbarung nach § 10 des 5. Vermögensbildungsgesetzes (VermBG) für den Arbeitnehmer in den verschiedenen in § 2 Abs. 1 VermBG genannten Anlageformen anlegt. Es handelt sich um eine Leistung, die zusätzlich zum vereinbarten Lohn gezahlt wird. Die häufigsten Anlageformen sind Bausparverträge, Kapitallebensversicherungen und allgemeine Sparverträge. Nach § 2 Abs. 7 VermBG sind vermögenswirksame Leistungen arbeitsrechtlich Bestandteil des Lohns oder Gehalts. Der Anspruch auf die vermögenswirksame Leistung ist nicht übertragbar.

 

Hinweis

Das hat vollstreckungsrechtliche Folgen: Die mangelnde Übertragbarkeit hat nach § 851 Abs. 1 ZPO zur Folge, dass die Forderung auch nicht gepfändet werden kann. Die vermögenswirksamen Leistungen gehören damit nach § 2 Abs. 7 VermBG zwar zum Arbeitslohn, werden aber bei dem nach § 850e ZPO zu berechnenden Nettolohn als Grundlage der Bestimmung der pfändbaren Beträge nach § 850c ZPO nicht berücksichtigt. Auf diese Weise sind die von dem Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers gezahlten Beträge unmittelbar der Pfändung entzogen.

Vermögenswirksame Leistungen nach § 11 VermBG

Der Arbeitnehmer kann aber auch ohne zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers erklären, dass er einen Teil seines Arbeitslohnes als vermögenswirksame Leistung angelegt haben möchte, § 11 VermBG. Nach § 11 Abs. 2 VermBG zählen auch solche Leistungen als vermögenswirksame Leistungen mit der Folge, dass sie nach § 2 Abs. 7 VermBG, § 851 Abs. 1 ZPO weder abtretbar noch pfändbar sind.

 

Hinweis

Es liegt auf der Hand, dass der Schuldner so sein für die Berechnung des Pfändungsfreibetrages maßgebliches Nettoeinkommen "gestalten" und dem Zugriff des Gläubigers "zunächst" entziehen kann. Der Gläubiger muss den Vollstreckungszugriff vertiefen und seine Bemühungen fortsetzen, um dem entgegenzutreten.

Beschränkung des Bestimmungsrechtes

Mit der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner verliert dieser das Recht, über die Forderung zu verfügen. Das verbietet es auch, dass der Schuldner nach der Pfändung einen Teil seines gepfändeten Arbeitseinkommens in vermögenswirksame Leistungen umwandelt.

 

Hinweis

Sollte dies gleichwohl geschehen, muss der Gläubiger den Drittschuldner auffordern, die Bestimmung im Verhältnis zu ihm unberücksichtigt zu lassen (Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn 924). Folgt der Drittschuldner dem nicht, muss der Gläubiger den pfändbaren Betrag unter Außerachtlassung der rechtswidrigen Bestimmung des Schuldners berechnen und die Differenz im Wege der Drittschuldnereinziehungsklage (oder eines entsprechenden Mahnbescheides) geltend machen.

Vorsicht: Manipulation

Umstritten ist, ob die vermögenswirksame Leistung nach § 2 Abs. 7 VermBG nur bis zum maximalen Förderungsbetrag von 40 EUR monatlich dem Abtretungs- und Pfändungsverbot unterliegt (so Borrmann, Betrieb 1974, 382; Brych, Betrieb 1974, 2054) oder in der vom Schuldner beliebig bestimmten Höhe (Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn 923).

 

Hinweis

Der Gläubiger kann sich natürlich auf die für ihn günstigere Ansicht berufen. Für sie spricht der Zweck des VermBG, den Vermögensaufbau nur in einem bestimmten Umfang zu fördern. Auch darf es nicht in das Belieben des Schuldners gestellt werden, seinen pfändbaren Arbeitslohn durch eine Leistungsbestimmung zumindest der primären Ebene der Pfändung zu entziehen. Zumindest müsste dies dann nach § 850h ZPO analog (Lohnverschiebung) durch einen Klarstellungsbeschluss des Vollstreckungsgerichtes zu korrigieren sein.

Arbeitnehmersparzulage

Auf seine vermögenswirksamen Leistungen erhält der Schuldner als Arbeitnehmer eine Arbeitnehmersparzulage unter den Voraussetzungen des § 13 VemBG. Es handelt sich also um die staatliche Leistung und Förderung auf die vom Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer angesparten vermögenswirksamen Leistungen. Deren Höhe ist abhängig von seinem Familienstand und der Höhe der vermögenswirksamen Leistung. Auch die Arbeitnehmersparzulage ist nach § 13 Abs. 3 S. 2 VermBG nicht übertragbar und damit nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbar.

Anspruchsänderung in der Anlageform

Wurden die vermögenswirksamen Leistungen angelegt, ändern sich die Anspruchsform und der Drittschuldner, wa...

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