I. Das Problem
Pfändung von Konto und Arbeitseinkommen
Wir haben für unsere Partei als Gläubigerin eine Kontopfändung gegen eine Schuldnerin ausgebracht. Das Kreditinstitut als Drittschuldnerin teilte uns mit, dass es sich bei dem gepfändeten Konto der Schuldnerin um ein P-Konto handelt. Durch die parallel veranlasste Pfändung des Arbeitseinkommens wussten wir, welches monatliche Gehalt die Schuldnerin – jeweils am Monatsende für den jeweiligen Monat – erhielt.
Mehrbeträge zahlt die Bank nicht aus
Im Juni 2012 sowie von September bis November 2012 wurde ihr jeweils ein den pfändungsfreien Grundbetrag übersteigendes Gehalt auf das Konto gezahlt. In den übrigen Monaten erhielt sie jeweils rund 1.000 EUR. Das Kreditinstitut weigert sich unter Bezugnahme auf § 835 Abs. 4 ZPO, die überschießenden Beträge auszuzahlen. Das den Sockelbetrag übersteigende Guthaben sei jeweils in den Folgemonat zu übertragen und dürfe dort von der Schuldnerin verbraucht werden. Wir sind der Auffassung, dass das Gehalt jeweils für den laufenden Monat gezahlt wird und deshalb § 835 Abs. 4 ZPO überhaupt nicht einschlägig ist. Irren wir oder liegen wir richtig?
II. Die Lösung
Erweiterte Drittschuldnerauskunft bei der Kontopfändung
Nach der Pfändung und Überweisung einer Forderung ist das Kreditinstitut als Drittschuldner im Sinne einer Obliegenheit verpflichtet, dem Gläubiger nach § 840 Abs. 1 ZPO mitzuteilen, ob der Schuldner ein Konto oder mehrere Konten bei ihm unterhält, ob daran andere Gläubiger Rechte haben (Abtretungen) und ob vorrangige Pfändungen vorliegen. Ergänzend ist mitzuteilen, ob es sich bei dem oder einem der gepfändeten Konten um ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) handelt und damit der besondere Pfändungsschutz des § 850k ZPO greift.
Hinweis
Es handelt sich nur um eine Obliegenheit, d.h. die Verpflichtung zur Abgabe der Drittschuldnerauskunft ist nicht einklagbar. Kommt der Drittschuldner ihr allerdings nicht nach, so hat er den daraus folgenden Schaden zu tragen, § 840 Abs. 2 ZPO. Erhebt also der Gläubiger mangels Drittschuldnererklärung Klage und stellt sich hier aufgrund der dann abgegebenen Erklärung heraus, dass der Anspruch nicht besteht, muss der Drittschuldner die Kosten des Einziehungsprozesses tragen.
Warum nicht schon die Pfändung des Arbeitslohns durchgriff
Der Mehrverdienst der Schuldnerin in bestimmten Monaten stammte aus geleisteten Überstunden. Die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens sind allerdings nach § 850a Nr. 1 ZPO zur Hälfte unpfändbar. Deshalb werden diese Beträge bei der Lohnpfändung nicht erfasst und als unpfändbares Arbeitseinkommen auf das Konto überwiesen.
Hinweis
Will der Schuldner – außerhalb des von unserem Leser angesprochenen Problems – diesen Betrag vor dem Zugriff des Gläubigers schützen, muss er einen Antrag auf individuelle Bestimmung des pfändungsfreien Betrages nach § 850k Abs. 4 ZPO stellen, der ausdrücklich auch auf § 850a ZPO Bezug nimmt.
Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrages ist zu sehen, dass § 850k Abs. 1 ZPO auf dem Konto nur den Grundbetrag des Pfändungsfreibetrages pfandfrei stellt, zum hier maßgeblichen Zeitraum im Jahre 2012 also 1.028,89 EUR. In § 850c ZPO wird dagegen in Abs. 2 ein weitergehender Pfändungsschutz gewährt. Übersteigt das Arbeitseinkommen den Betrag, bis zu dessen Höhe es je nach der Zahl der Personen, denen der Schuldner Unterhalt gewährt, nach § 850c Abs. 1 ZPO unpfändbar ist – im hier maßgeblichen Zeitraum also 1.028,89 EUR –, so ist es hinsichtlich des überschießenden Betrages zu einem Teil unpfändbar, und zwar in Höhe von drei Zehnteln, wenn der Schuldner keiner Person gesetzlich verpflichtend Unterhalt gewährt, zwei weiteren Zehnteln für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, und je einem weiteren Zehntel für die zweite bis fünfte Person.
Unter Berücksichtigung dieser Regelungen, § 850c Abs. 1, 2 und § 850a Nr. 1 ZPO, erhielt der Gläubiger also die den Sockelbetrag nach § 850c Abs. 1 ZPO übersteigenden Beträge nicht schon bei der Pfändung des Arbeitseinkommens.
Hinweis
Hier zeigt sich, dass das Vorgehen des Gläubigers bzw. seines Rechtsdienstleisters klug war, nicht nur das Arbeitseinkommen, sondern auch das Konto zu pfänden. Bei der Pfändung des Kontos kann sich ein höherer pfändungsfreier Betrag ergeben, wenn der Schuldner nicht seinerseits aktiv wird. Handelt es sich nicht um ein P-Konto, ist sogar das gesamte Guthaben pfändbar.
Verzögerte Auszahlung …
Wird künftiges Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto gepfändet und dem Gläubiger überwiesen, darf der Drittschuldner nach § 835 Abs. 4 ZPO erst nach Ablauf des nächsten auf die jeweilige Gutschrift von eingehenden Zahlungen folgenden Kalendermonats an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen.
Anders als vom Leser interpretiert verlangt § 835 Abs. 4 ZPO nicht, dass die eingehende Gutschrift ihrem Zweck nach dem Unterhalt für den Folgemonat dient, auch wenn dies die ursprüngliche Regelungsmotivation des Gesetzgebers war ("Monatsanfangsproblematik"). Er hat die tatsächliche ...