Leitsatz
Nachzahlungen von Arbeitseinkommen sind durch eine nachträgliche fiktive Abrechnung betreffend den maßgeblichen Zeitraum, für den sie und nicht in dem sie geleistet werden, bei der Bestimmung des pfändbaren Betrages zu berücksichtigen. Das gilt bei der Pfändung von Arbeitseinkommen ebenso wie bei der Pfändung eines P-Kontos.
AG Chemnitz, 23.2.2015 – 2 M 1200/14
1 I. Der Fall
Antrag auf Freigabe nachträglichen Arbeitslohnes
Der Schuldner beantragte die Freigabe der Nachzahlung seines ehemaligen Arbeitgebers vom 12.12.2014 in Höhe von 2.018,73 EUR beziehungsweise die entsprechende Heraufsetzung seines monatlichen Freibetrages für den Monat Dezember 2014 auf seinem bei der Drittschuldnerin unterhaltenen P-Konto mit einem monatlichen Freibetrag von 1.416,11 EUR. Ergänzend beantragte er weiterhin die Freigabe der Nachzahlung des Jobcenters vom 17.12.2014 in Höhe von 900,90 EUR beziehungsweise die entsprechende Heraufsetzung seines monatlichen Freibetrages für den Monat Dezember 2014.
Nachträglicher Arbeitslohn für drei Monate
Der im Dezember 2014 an den Schuldner ausgezahlte Arbeitslohn umfasste eine nachträgliche Vergütung für August 2014 in Höhe von 126,52 EUR, für September 2014 in Höhe von 595,95 EUR und für Oktober 2014 in Höhe von 1.296,26 EUR. Weiterhin hat der Schuldner Leistungen des Jobcenters für den Monat November 2014 in Höhe von 900,90 EUR im Dezember 2014 erhalten. Der Gläubiger hat zu dem Antrag nicht Stellung genommen.
2 II. Die Entscheidung
Nachträgliche Zahlung ist aufzuteilen auf August …
Wie aus den Kontoauszügen des Schuldners ersichtlich, konnte er im Monat August 2014 über tatsächliches Guthaben in Höhe von 1.410,68 EUR verfügen. Die Zahlung des Arbeitseinkommens in Höhe von 126,52 EUR für den Monat August 2014 hätte bereits im bestimmungsgemäßen Zeitraum erfolgen müssen. Demgemäß ergibt sich für den einzelnen Monat August 2014 ein fiktives Gesamtguthaben von 1.537,20 EUR (1.410,68 EUR sonstiges Guthaben + 126,52 EUR nachträgliches Arbeitseinkommen). Bei einem gemäß §§ 850k, 850c ZPO pfändungsfreien Betrag in Höhe von 1.416,11 EUR sind danach 121,09 EUR für den Monat August 2014 pfändbar.
… September …
Die Zahlung des Arbeitseinkommens in Höhe von 595,95 EUR für den Monat September 2014 hätte bereits im bestimmungsgemäßen Zeitraum erfolgen müssen. Demgemäß ergibt sich für den einzelnen Monat September 2014 ein fiktives Gesamtguthaben von 1.785,69 EUR (1.189,74 EUR sonstiges Guthaben + 595,95 EUR nachträgliches Arbeitseinkommen). Bei einem gemäß §§ 850k, 850c ZPO pfändungsfreien Betrag in Höhe von 1.416,11 EUR sind danach 369,58 EUR im Monat September 2014 pfändbar.
… Oktober …
Die Zahlung des Arbeitseinkommens in Höhe von 1.296,26 EUR für den Monat Oktober 2014 hätte bereits im bestimmungsgemäßen Zeitraum erfolgen müssen. Demgemäß ergibt sich für den einzelnen Monat Oktober 2014 ein fiktives Gesamtguthaben von 2.064,13 EUR (767,87 EUR sonstiges Guthaben zzgl. 1.296,26 EUR nachträgliches Arbeitseinkommen). Bei einem gemäß §§ 850k, 850c ZPO pfändungsfreien Betrag in Höhe von 1.416,11 EUR sind danach 648,02 EUR für Oktober 2014 pfändbar.
… und November
Die Zahlung der Sozialleistungen in Höhe von 900,90 EUR für den Monat November 2014 hätte bereits im bestimmungsgemäßen Zeitraum erfolgen müssen, da sie den Lebensunterhalt des Schuldners absichern sollte. Demgemäß ergibt sich für den einzelnen Monat November 2014 ein fiktives Gesamtguthaben von 1.300,90 EUR (310 EUR sonstiges Guthaben + 900,90 EUR nachträgliche Sozialleistung). Bei einem gemäß §§ 850k, 850c ZPO pfändungsfreien Betrag in Höhe von 1.416,11 EUR ergibt sich danach kein pfändbarer Betrag.
Danach wieder in normalen Bahnen
Die Sozialleistungen in Höhe von 900,90 EUR für den Monat Dezember 2014 fanden im bestimmungsgemäßen Monat statt. Das fiktive Gesamtguthaben für den Monat Dezember beträgt 950,90 EUR (50 EUR sonstiges Guthaben + 900,90 EUR ALG I), so dass der Freibetrag in Höhe von 1.416,11 EUR nicht überschritten wird.
Der Gläubiger profitiert
Tatsächlich ergibt sich aufgrund der Nachzahlung von 2.018,731 EUR ein insgesamt pfändbarer Betrag für den Monat Dezember 2014 in Höhe von 1.138,69 EUR resultierend aus den Monaten August bis Oktober 2014.
Von dem tatsächlichen Guthaben für den Monat Dezember 2014 in Höhe von 3.870,53 EUR sind daher 2.731,84 EUR unpfändbar. Der monatliche pfändungsfreie Betrag ist somit für den Monat Dezember 2014 auf 2.731,84 EUR heraufzusetzen, in Höhe von 1.138,69 EUR ist der Antrag des Schuldners zurückzuweisen.
3 Der Praxistipp
Richtige Behandlung von Lohnnachzahlungen
Gerade im Zusammenhang mit der streitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt es immer wieder zu Nachzahlungen für frühere Abrechnungsperioden. Es stellt sich dann die Frage, wie dies im Rahmen einer Lohn- und Gehaltspfändung nach § 850c ZPO und – analog – dann auch bei der Pfändung eines Pfändungsschutzkontos nach § 850k ZPO zu berücksichtigen ist. Der Gläubiger profitiert am meisten, wenn die Nachzahlung im Zahlungsmonat berücksichtigt wird. Tatsächlich besteht allerdings Übereinstimmung dahingehend, da...