Rz. 262
Das Abstammungsrecht ist geregelt in Art. 310 ff. CC. Es wurde zuletzt durch Gesetze vom 4.7.2005 und 16.1.2009 neu geordnet. Seit dem Jahre 2002 ist die Unterscheidung im Abstammungsrecht zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern endgültig beseitigt. Nach Art. 310 CC haben alle Kinder die gleichen Rechte und Pflichten gegenüber Vater und Mutter. Sie gehören zur Familie von beiden. Die Abstammung wird nach Art. 310–1 CC kraft Gesetzes (Art. 311–25 ff. CC), durch freiwilliges Anerkenntnis (Art. 316 CC), durch gerichtlich protokollierte possession d’état (Art. 317 CC) oder durch gerichtliche Entscheidung festgestellt.
Rz. 263
Nach Art. 311 CC wird vermutet, dass das Kind zwischen dem 180. und dem 300. Tag vor der Geburt gezeugt worden ist. Subsidiäre Beweisfunktion für die Abstammung kommt nach Art. 311–1 ff. CC dem sog. possession d’état (Statusbesitz) zu, der aus bestimmten Umständen, wie etwa dem Namen des Kindes, die Behandlung durch die Eltern oder die Anerkennung durch das Umfeld, Rückschlüsse auf die Abstammung zulässt.
Rz. 264
Die Abstammung von der Mutter wird nach Art. 311–25 CC durch die Benennung in der Geburtsurkunde festgestellt. Die Mutter kann allerdings nach Art. 326 CC verlangen, dass sie anonym bleibt und ihr Name in die Geburtsurkunde nicht aufgenommen wird. Das Kind wird dann nach zwei Monaten gem. Art. 351 CC zur Adoption freigegeben; bis zu deren Ausspruch kann die Mutter das Kind zurücknehmen.
Rz. 265
Ist die Mutter verheiratet, wird nach Art. 312 CC grundsätzlich vermutet, dass ein während der Ehe geborenes Kind den Ehemann als Vater hat, es sei denn, die Mutter hat den Ehemann in der Geburtsurkunde nicht als Vater angegeben, oder wenn das Kind später als 300 Tage nach Einleitung eines Scheidungsverfahrens oder eines Verfahrens auf Trennung von Tisch und Bett geboren wurde. Dies gilt nach Art. 314 CC wiederum nicht, wenn für das Verhältnis zwischen Vater und Kind eine possession d’état vorliegt. Der Ehemann kann die Vaterschaft nach Art. 332 Abs. 2 CC durch Klage gegen das Kind anfechten. Die Anfechtungsfrist beträgt je nachdem, ob eine possession d’état vorliegt, nach Art. 333, 334 CC fünf Jahre nach Beendigung der possession d’état, i.Ü. in der Regel zehn Jahre ab Geburt des Kindes. Die Beweislast liegt beim klagenden Ehemann. Der Beweis der Abstammung wird in der Regel durch genetische Abstammungsgutachten geführt.
Rz. 266
Ein Mutter- oder Vaterschaftsanerkenntnis (reconnaissance) kann nach Art. 316 CC vor dem Standesamt oder durch (gerichtlich oder notariell) beurkundete öffentliche Erklärung abgegeben werden. Das nichteheliche Kind kann nach Art. 327 CC die nichteheliche Vaterschaft bis zu seinem 28. Lebensjahr (Art. 321 S. 2 CC) gerichtlich feststellen lassen.
Rz. 267
Für Abstammungsklagen ist nach Art. 318–1 CC das Tribunal judiciaire ausschließlich zuständig.
Rz. 268
Die Leihmutterschaft ist in Art. 16–7 CC verboten. Samenspende und künstliche Befruchtung sind unter den Voraussetzungen der Art. L 2141–1 ff. Code de la santé publique zulässig. Abstammungsrechtliche Regelungen finden sich in Art. 311–19 f. CC. Zwischen einem Samenspender und dem Kind entsteht nach Art. 311–19 CC kein Abstammungsverhältnis. Ein Ehemann oder Lebenspartner, mit dessen Zustimmung mittels Samenspende eines Dritten ein Kind gezeugt wurde, kann seine eigene Vaterschaft nach Art. 311–20 CC nicht anfechten. Für den Ehemann gelten die gesetzlichen, in diesem Fall nicht widerlegbaren Vaterschaftsvermutungen. Ein mit der Mutter nicht verheirateter Mann, der trotz vorherigem Einverständnis in die künstliche Befruchtung die Vaterschaft nicht anerkennt, haftet hierfür gem. Art. 311–20 Abs. 5 CC gegenüber Mutter und Kind. Er wird auf Antrag gem. Art. 311–20 Abs. 5 CC gerichtlich zum Vater erklärt.