Zusammenfassung
Das Einkommensteuergesetz unterscheidet bei den sog. Gewinneinkünften zwischen mehreren Einkunftsarten. Im Einzelnen handelt es sich um die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielen vor allem Freiberufler.
Die Abgrenzung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit ist enorm wichtig. Im Unterschied zu gewerblich Tätigen zahlen Freiberufler keine Gewerbesteuer, was aber wegen der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gem. § 35 EStG nicht mehr so gravierend ist. Weitere Vorteile: Freiberufler dürfen ihren Gewinn stets über die Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, unabhängig von der Höhe ihres Gewinns. Auf Antrag können sie die an das Finanzamt abzuführende Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnen, unabhängig von der Höhe ihres Umsatzes; das heißt, sie müssen erst dann Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, wenn der Kunde seine Rechnung bezahlt hat (sog. Istbesteuerung), sodass sie nicht zur Vorfinanzierung der Umsatzsteuer gezwungen sind..
§ 18 EStG zählt die unter den Begriff "selbstständige Arbeit" fallenden Tätigkeiten auf. Verwaltungsseitige Erläuterungen finden sich u. a. in R 18.1 und 18.3 EStR 2012 sowie in H 18.3 EStH 2013.
Einkommensteuer
1 Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit
Welche Personen Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielen, bestimmt § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, der die "freiberufliche Tätigkeit" aber nicht definiert, sondern lediglich Tätigkeiten und Berufe aufzählt, die "zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören". Zu den Tätigkeiten, die das Gesetz den freien Berufen zuordnet, gehören
- die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit,
- die selbstständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte usw. (Katalogberufe),
- die selbstständige Berufstätigkeit der den Katalogberufen ähnlichen Berufe.
2 Wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische u. a. Tätigkeiten
2.1 Wissenschaftliche Tätigkeit
Der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG verwendete "Wissenschaftsbegriff" ist nach dem Verständnis des BFH steuerspezifischer Natur und stellt Erfordernisse an die inhaltliche Qualität wie auch an die äußere Form der Arbeit. Die Annahme einer wissenschaftlichen Tätigkeit i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG setzt voraus, dass eine anspruchsvolle, besonders qualifizierte Arbeit ausgeübt wird, die geeignet ist, grundsätzliche Fragen oder konkrete Vorgänge methodisch nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten in ihren Ursachen zu erforschen, zu begründen und in einen Verständniszusammenhang zu bringen. Sie erfordert wissenschaftliche Kenntnisse und Methodik im Rahmen einer schöpferischen oder forschenden Tätigkeit (sog. reine Wissenschaft) oder einer Anwendung von Forschungserkenntnissen auf konkrete Vorgänge (angewandte Wissenschaft).
Keine wisssenschaftliche Tätigkeit
Eine wissenschaftliche Tätigkeit wird hingegen verneint, wenn sie in einer praxisorientierten Kenntnisvermittlung oder Beratung besteht. So erfüllt die übliche praktische Ausübung eines Berufs auf wissenschaftlicher Ausbildungsgrundlage – z. B. als Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Arzt – nicht ohne weiteres den Anspruch an eine wissenschaftliche Tätigkeit i. S. d. 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, auch wenn sie im Einzelfall hoch qualifiziert ist. Denn die ausdrückliche Aufnahme der wissenschaftlich geprägten Berufe in den Katalog der freien Berufe wäre systematisch überflüssig, wenn die Berufsausübung bereits wegen der Berufsausbildung als wissenschaftlich zu beurteilen wäre.
Hochschulstudium
Der Begriff der Wissenschaft ist in besonderem Maße mit den Disziplinen verbunden, die an den Hochschulen gelehrt werden. Wissenschaftliche Tätigkeit setzt zwar nicht zwingend ein Hochschulstudium voraus, jedoch wird dessen Fehlen als Indiz gegen die Wissenschaftlichkeit der Betätigung betrachtet. Kenntnisse, die ein Steuerpflichtiger sich lediglich aufgrund praktischer Erfahrungen angeeignet hat, reichen i. d. R. nicht als Grundlage für eine wissenschaftliche Tätigkeit aus.
Beispiele für wissenschaftliche Tätigkeit
Zur wissenschaftlichen Tätigkeit gehört die Erstellung von Gutachten. Eine Gutachtertätigkeit ist allerdings nur dann wissenschaftlich, wenn sie besonders qualifiziert ist.Maßstab ist der Schwierigkeitsgrad, wie ihn wissenschaftliche Prüfungsarbeiten oder Veröffentlichungen aufweisen. Beruht ein Gutachten lediglich auf der Anwendung von Marktkenntnissen oder gewerblichen bzw. handwerklichen Erfahrungen, wie z. B. im Fall eines Kfz-Sachverständigen ohne Ingenieurstudium oder eines Dispacheurs, fehlt es an der Wissenschaftlichkeit.
Auch eine erfinderische Tätigkeit kann wissenschaftlich sein, wenn der Erfinder mit wissenschaftlichen Methoden arbeitet.
Die – für sich betrachtet – freiberufliche Tätigkeit eines Erfinders kann jedoch dadurch zu einer gewerblichen werden, dass die Erfindungen im Rahmen eines gewerblichen Betriebs verwertet werden.
Schließlich kann auch ein...