Leitsatz
- Im Fall des § 543 Abs. 3 S. 1 BGB ist neben der Fristsetzung die Androhung der außerordentlichen fristlosen Kündigung nicht erforderlich. (amtlicher Leitsatz des BGH)
- Hat der Mieter den Vermieter zur Mangelbeseitigung aufgefordert und eine Mangelbeseitigungsklage angedroht, ist der Mieter im Fall der Nichterfüllung zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB berechtigt. Eine Androhung der Kündigung ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Vermieter den Mangel bestritten und seine Pflicht zur Mangelbeseitigung in Abrede gestellt hat. (Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB § 543
Kommentar
Der Mieter hatte dem Vermieter mitgeteilt, dass in der Wohnung Schimmel aufgetreten ist. Außerdem hat er den Vermieter aufgefordert, den Mangel innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen. In dem von einem Rechtsanwalt verfassten Aufforderungsschreiben heißt es unter anderem: "Sollte eine Mangelbeseitigung nicht innerhalb der genannten Frist erfolgen, sind wir beauftragt, ohne weitere Vorankündigung Klage auf Mangelbeseitigung zu erheben."
Der Vermieter hat den Mangel bestritten. Der Mieter hat das Mietverhältnis nach Ablauf der Frist gekündigt und den Vermieter u. a. auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens in Höhe von ca. 17.000 EUR in Anspruch genommen. Die Instanzgerichte haben die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kündigung unwirksam sei. Wer als Mieter eine Mangelbeseitigungsklage ankündige, sei zunächst hieran gebunden. Der Wechsel zur Kündigung sei zwar nicht auf Dauer ausgeschlossen; er müsse aber vor dem Ausspruch der Kündigung angekündigt werden.
Der BGH ist der Ansicht, dass die Wirksamkeit der Kündigung jedenfalls nicht aus formalen Gründen scheitert. Wird die Mietsache während der Mietzeit mangelhaft, stehen dem Mieter mehrere Möglichkeiten offen:
- Der Mieter kann den Vermieter nach § 535 Abs. 1 BGB auf Beseitigung des Mangels in Anspruch nehmen. Eine vorgerichtliche Aufforderung zur Mangelbeseitigung ist nicht zwingend erforderlich. Erkennt der Vermieter aber seine Verpflichtung zur Mangelbeseitigung an, können dem Mieter die Verfahrenskosten auferlegt werden (§ 93 ZPO). Deshalb ist auch in diesem Fall eine vorgerichtliche Aufforderung zur Mängelanzeige anzuraten. Die Ankündigung der Klageerhebung ist nicht erforderlich.
- Nach § 536 Abs. 1 BGB ist die Miete im Fall eines Mangels gemindert. Die Minderungsbefugnis ist allerdings ausgeschlossen, wenn der Mieter den Mangel nicht anzeigt und der Vermieter deshalb nicht zur Mangelbeseitigung in der Lage ist (§ 536c Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB). Die Mängelanzeige genügt. Es ist nicht erforderlich, dass die Ausübung der Minderungsbefugnis angedroht wird.
- Befindet sich der Vermieter mit der Mangelbeseitigung in Verzug, kann der Mieter den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der hierfür erforderlichen Aufwendungen verlangen (§ 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB). Der Eintritt des Verzugs setzt grundsätzlich voraus, dass der Vermieter unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufgefordert wird. Die Ausübung des Selbstbeseitigungsrechts muss nicht angekündigt werden.
- Nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ist der Mieter zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn im Verlauf der Mietzeit ein Mangel auftritt und der Vermieter keine Abhilfe schafft. Die Kündigung ist grundsätzlich erst "nach Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist" zulässig (§ 543 Abs. 3 S. 1 BGB). Der Mieter muss nicht ankündigen, dass er nach Fristablauf von dem Kündigungsrecht Gebrauch machen will.
Bei dieser Rechtslage stellt sich die Frage, welche Rechtsfolge gilt, wenn der Mieter eine Beseitigungsklage nach § 535 BGB ankündigt, diese Klage aber nicht erhebt, sondern stattdessen von der Kündigungsbefugnis Gebrauch macht. In Rechtsprechung und Literatur wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass die Kündigung in einem solchen Fall nicht bereits nach Ablauf der gesetzten Abhilfefrist erklärt werden kann. Vielmehr sei eine erneute Fristsetzung erforderlich (OLG Hamm, NJW-RR 1991, 1035; Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 543 BGB Rdn. 30; Grapentin in: Bub/Treier, Rdn. IV 149; Lammel, Wohnraummietrecht, § 543 BGB Rdn. 44; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, Rdn. 895).
Der BGH lässt offen, ob dieser Ansicht im Allgemeinen zu folgen ist. Eine erneute Fristsetzung ist nach seiner Meinung jedenfalls dann entbehrlich, wenn der Vermieter den Mangel bestritten und seine Pflicht zur Mangelbeseitigung in Abrede gestellt hat. Der BGH stützt diese Ansicht auf die Regelung in § 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB. Danach ist das Setzen einer Abhilfefrist entbehrlich, wenn dies "offensichtlich keinen Erfolg verspricht". Hiervon sei auszugehen, wenn der Vermieter zum Ausdruck bringt, dass er den Mangel nicht beseitigen will.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 13.6.2007, VIII ZR 281/06, NZM 2007, 561