Leitsatz
Eine bauliche Veränderung, die der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters durchführt, berechtigt nicht zur fristlosen Kündigung, wenn das Mietobjekt dadurch erst in einen zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand versetzt wurde.
Sachverhalt
Der Vermieter hatte das befristete Mietverhältnis über Gewerberäume fristlos gekündigt, u.a. weil der Mieter, der in den Räumen eine Gaststätte betrieb, eigenmächtig die Lüftungsanlage der Küche umgebaut hatte. Die Umbaumaßnahmen umfaßten die Entfernung der Fensterscheibe zum Lichtschacht, das Ansaugen von Frischluft von dort sowie die Entlüftung der Küche über einen bisher ungenutzten zweiten Kaminzug über dem Küchenherd. Dieser Umbau führe zu Verschmutzungen und Lärmentwicklung, so behauptet der Vermieter.
Entscheidung
Die Kündigung war unwirksam, denn der Vermieter hatte keinen hinreichenden Kündigungsgrund, die die Fortsetzung des Mietvertrages bis zu dessen vertraglich vereinbartem Ablauf für ihn unzumutbar erscheinen ließen. Dabei ist unerheblich, ob der Vermieter die Veränderung schon längere Zeit gekannt und geduldet hatte. Unerheblich ist auch, ob der Vermieter den Mieter rechtzeitig abgemahnt hatte. Mit der eigenmächtigen baulichen Veränderung hat der Mieter nämlich keine vertraglichen Pflichten verletzt, sondern die Mängel der Gaststätte beseitigt, die der Vermieter bereits vor der Vermietung auf eigene Kosten hätte beheben müssen, um die Räume in einen für den vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu versetzen. Dies gilt auch, obwohl der Mieter die Maßnahmen vorher weder angekündigt, noch eine Genehmigung eingeholt hatte. Da der Vermieter die Genehmigung ohnehin nicht hätte verweigern dürfen, ohne Mietminderungen bis hin zu einer Aufgabe der vorher nicht ordnungsgemäß be- und entlüfteten Gaststättenküche hinnehmen zu müssen, konnte auf die Abstimmung mit dem Vermieter daher verzichtet werden. Allein durch den Umbau wurde eine ordnungsgemäße Be- und Entlüftung der Gaststättenküche gewährleistet. Die Installation ist auch ansonsten nicht zu beanstanden: Sie entspricht insbesondere den Regeln der Technik und ist sach- und fachgerecht ausgeführt worden. Auch führt die Anlage nicht zu übermäßigen Verfettungen. Die vom Vermieter behauptete Verursachung von Brandgefahr, Lichtschachtverschmutzung und Geräuschentwicklung konnte vom Sachverständigen nicht bestätigt werden.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 19.08.1998, 23 U 116/95
Fazit:
Grundsätzlich darf der Mieter bauliche Veränderungen an der Mietsache (wie z.B. das Einziehen oder Entfernen von Zwischenwänden, Erstellen von Mauerdurchbrüchen, Einbau einer Etagenheizung) nur mit Einwilligung des Vermieters durchführen. Ausgenommen sind Veränderungen geringfügiger Art (wie das Anbringen von zusätzlichen Steckdosen, das Erstellen eines Telefonanschlusses, das Anbringen von Dübeln in angemessenem Umfang) im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs. Dies ist zu bejahen, wenn die Veränderung rückgängig gemacht werden kann, kein Eingriff in die bauliche Substanz erfolgt, die Einheitlichkeit der Wohnanlage nicht beeinträchtigt wird, Mitbewohner nicht gestört werden und keine nachteiligen Folgewirkungen zu befürchten sind. Keine geringfügigen Veränderungen sind aber z.B. das Anbringen einer Holzverkleidung, das Aushängen der Zimmertüren, das Entfernen von Türzargen und Einbauschränken. Eigenmächtige bauliche Veränderungen durch den Mieter begründen Schadensersatzansprüche des Vermieters. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt aber, wenn die baulichen Veränderungen zur Mängelbeseitigung notwendig waren, oder vorgenommen wurden, um die Mieträume in eine vertragsgemäßen Zustand zu versetzen. In letzter Konsequenz hätte der Mieter im obigen Fall daher wohl sogar Ersatz für die Umbaukosten verlangen können, weil es Pflicht des Vermieters ist, die Mietsache in einen vertragsgemäßen Zustand zu übergeben. Etwas anderes gälte allerdings, wenn sich der Mieter von Geschäftsräumen zur Durchführung bestimmter Baumaßnahmen vertraglich verpflichtet hat. Dann hat er weder ein Wegnahmerecht noch einen Anspruch auf Ersatz von Verwendungen, auch wenn die Verwendungen notwendig waren, um den vertragsgemäßen Zustand herzustellen.