Leitsatz
Das OLG Oldenburg hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, ob aufseiten des beigeordneten Anwalts eine Einigungsgebühr anfällt, wenn die Parteien sich über den wechselseitigen Verzicht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs geeinigt haben und zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch nicht sämtliche Auskünfte der Versorgungsträger vorlagen.
Sachverhalt
Die Beteiligten hatten am 18.11.2004 geheiratet. Kinder waren aus ihrer Ehe nicht hervorgegangen. Die Antragstellerin begehrte die Ehescheidung. Hinsichtlich der Scheidungsfolgen hatten sich die Beteiligten am 22.3.2010 in einer notariellen Urkunde dahingehend geeinigt, dass eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung nicht stattfinden sollte. Auf die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen wurde wechselseitig verzichtet. Zum Versorgungsausgleich wurde keine Regelung getroffen.
In der mündlichen Verhandlung schlossen die Beteiligten "auf Vorschlag des Gerichts" zum Versorgungsausgleich einen Vergleich, wonach sie auf dessen Durchführung verzichteten. Zuvor hatten sie die Erklärung abgegeben, hinsichtlich der noch ausstehenden Auskünfte der Union Investment davon auszugehen, dass dort von beiden etwa gleich hohe Anwartschaften erworben worden seien.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs lagen die Auskünfte bezüglich der von beiden Beteiligten dort erworbenen Anwartschaften noch nicht vor.
Nach Abschluss der Angelegenheit hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin u.a. die Festsetzung einer Einigungsgebühr entsprechend dem von dem Familiengericht für den Versorgungsausgleich festgesetzten Streitwert von 1.000,00 EUR beantragt.
Von der Rechtspflegerin wurde diese Einigungsgebühr durch Beschluss abgesetzt. Auf die Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten hatte der Familienrichter die geltend gemachte Einigungsgebühr zzgl. Mehrwertsteuer festgesetzt. Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Bezirksrevisorin.
Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, das die Einigungsgebühr zu Recht festgesetzt habe.
Es verwies auf die nunmehr überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung, wonach bei einer Vereinbarung über den wechselseitigen Verzicht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs die Einigungsgebühr nach § 1000 RVG-VV jedenfalls dann anfalle, wenn Auskünfte der Versorgungsträger nicht eingeholt worden seien und die Person des Ausgleichspflichtigen deshalb nicht feststehe (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 1463; OLG Stuttgart FamRZ 2008, 1010; OLG Köln FamRZ 2008, 1010 sowie 2009, 237; OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 2111; OLG Zweibrücken MDR 2009, 1314).
Gleiches gelte, wenn zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch nicht sämtliche Auskünfte der Versorgungsträger vorlagen, wobei dahinstehen könne, ob bei einem wechselseitigen Verzicht hinsichtlich des ansonsten noch durchzuführenden Versorgungsausgleichs stets ein Vergleich im Sinne der Nr. 1000 RVG-VV vorliege.
Voraussetzung für das Entstehen der Einigungsgebühr nach Nr. 1000 RVG-VV sei die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werde, es sei denn, der Vertrag beschränke sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Der Abschluss eines Prozessvergleichs werde angesichts der weiteren Formulierung ebenso wenig gefordert wie ein gegenseitiges Nachgeben.
Vorliegend seien zwar die Auskünfte der gesetzlichen Rentenversicherungsträger eingeholt worden, die weiteren Auskünfte hätten jedoch noch nicht vorgelegen. Deshalb habe weder die Ausgleichsrichtung noch die Ausgleichshöhe festgestanden, so dass man mit dem wohl auch im Hinblick auf die genannte notarielle Vereinbarung erfolgten Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs vertraglich ein ungewisses Rechtsverhältnis geklärt habe.
Die Vereinbarung der Parteien erschöpfe sich nicht in einem bloßen Verzicht oder einem Anerkenntnis.
Link zur Entscheidung
OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 16.12.2010, 13 WF 155/10