Leitsatz
Die in einem Verfahren wegen Regelung des Umgangs mit dem gemeinschaftlichen Kind angefallenen Auslagen für Zustellungen, für an den Verfahrenspfleger gezahlte Beträge und für die Sachverständigenvergütung i.H.v. insgesamt 7.719,71 EUR wurden mit Kostenansatz des AG ggü. dem Antragsteller zur Abrechnung gebracht.
In der mündlichen Verhandlung vom 20.6.2007 hatten die Eltern eine vorläufige Vereinbarung zur Umgangsregelung getroffen. Danach wurde antragsgemäß das Ruhen des Verfahrens zur langsamen Umsetzung des unbetreuten Umgangs des Antragstellers mit dem Kind angeordnet. Nach Wiederanruf des Verfahrens wurde erneut auf Antrag beider Eltern mit Beschluss vom 12.3.2008 das Ruhen des Verfahrens angeordnet, das seither von beiden nicht weiterbetrieben wurde.
Der Antragsteller legte gegen den Kostenansatz Erinnerung ein, die vom FamG als unbegründet zurückgewiesen wurde. Der hiergegen eingelegten Beschwerde hat das AG nicht abgeholfen und das Rechtsmittel dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt das Rechtsmittel für zulässig und in der Sache auch begründet. Da eine ausdrückliche Beschränkung des Rechtsbehelfs vom Antragsteller nicht vorgenommen worden sei, sei über sämtliche in Ansatz gebrachten Auslagen zu entscheiden.
Das OLG kritisierte die vom FamG vertretene Auffassung, wonach § 94 Abs. 3 S. 2 KostO nur die gerichtlichen Gebühren erfasse und nicht die Auslagen nach § 137 KostO. Es habe verkannt, dass die bis 31.12.2001 geltende Fassung der KostO in § 94 Abs. 3 S. 2 das Wort "Gebühr" verwendet habe, während es ab 1.1.2002 heiße "Kosten".
Die Rechtsprechung des OLG Nürnberg und weiterer Obergerichte zur alten Fassung der KostO sei damit überholt (Waldner in Rohs/Wedewer, Kostenordnung, 2. Aufl. Dezember 2006, § 94 Rz. 26 mit Rechtsprechungsübersicht).
Seit das Gewaltschutzgesetz den Begriff "Gebühr" durch "Kosten" ersetzt habe, sei klargestellt, dass Gebühren und Auslagen erlassen werden könnten und von der Vorschrift des § 94 Abs. 3 S. 2 KostO insgesamt erfasst würden.
Gemäß § 94 Abs. 3 S. 2 KostO sei danach in den Fällen des Abs. 1 Nr. 3 bis 6 (hier: Entscheidung gemäß § 1684 Abs. 3 S. 1 BGB i.S.v. § 94 Abs. 1 Nr. 4 KostO) nur der Beteiligte zahlungspflichtig, den das Gericht nach billigem Ermessen bestimme. Es könne auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist.
Es sei Aufgabe des Richters, im Rahmen einer Kostengrundentscheidung darüber zu befinden, welche der Beteiligten nach billigem - pflichtgemäßem - Ermessen in welchem Umfang Gebühren und Auslagen zu tragen habe (OLG Zweibrücken FamRZ 2005, 229; OLGReport Düsseldorf 2003, 347; OLG Koblenz Rpfleger 2003, 693; OLG Karlsruhe Rpfleger 2005, 385; OLG Zweibrücken FGPrax 2005, 234).
Im Anwendungsbereich des § 94 Abs. 3 S. 2 KostO greife § 2 KostO nicht ein. Der Kostenbeamte könne nicht seine Beurteilung, wer als Interessenschuldner in Anspruch genommen werde, mangels einer Kostengrundentscheidung des Richters an dessen Ermessensausübung bezüglich der Zahlungspflicht eines Beteiligten oder des Absehens von der Erhebung der Kosten stellen.
Eine Einschränkung dieser richterlichen Bestimmungskompetenz auf die Fälle einer Vornahmeentscheidung, in denen eine Gebühr entstehe, entspreche nicht dem Zweck des Gesetzes, die Ermessensausübung und Entscheidungsbefugnis dem Richter zu übertragen.
Am Erlass einer Kostengrundentscheidung nach § 94 Abs. 3 S. 2 Kost bestehe auch dann ein rechtsschutzwürdiges Interesse, wenn zwar keine Gerichtsgebühr entstanden sei, für die Verfahrensbeteiligten aber bei Anwendung von § 2 KostO mit einer Belastung mit gerichtlichen Auslagen für den Sachverständigen und den Verfahrenspfleger in erheblichem Umfang zu rechnen sei. Über die Tragung gerichtlicher Auslagen sei deshalb nach § 94 Abs. 3 S. 2 KostO selbst dann zu entscheiden, wenn nach Rücknahme gestellter Anträge oder sonstiger Erledigung des Verfahrens eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergehe. Auch in diesen Fällen sei eine an der Billigkeit und dem Verfahrensausgang orientierte richterliche Aufteilung der gerichtlichen Auslagen auf die Verfahrensbeteiligten vorzunehmen oder von der Erhebung solcher Kosten abzusehen, somit eine Kostengrundentscheidung zu treffen, die keinen Raum für § 2 KostO lasse (OLG Stuttgart FamRZ 2006, 139; Motzer in FamRZ 2006, 73/82).
Im vorliegenden Fall sei eine solche Kostengrundentscheidung weder zusammen mit einer abschließenden Hauptsacheentscheidung noch isoliert erfolgt, da eine Verfahrensbeendigung nicht vorliege und vielmehr das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden sei. Es bestehe in diesem "Schwebezustand" nicht die Möglichkeit, die von der Staatskasse verauslagten Kosten für Zustellung, den Verfahrenspfleger und den Sachverständigen nach § 2 Nr. 2 KostO von den Beteiligten - hier dem Antragsteller - einzufordern. Es bedürfe hierfür vielmehr einer abschließenden Hauptsache- und Kostenentscheidung oder einer sonstigen Verfahrensbeendigung, die zu einer isolierten ric...