Leitsatz
1. Auf dem Gebiet der Gewerberaummiete hält eine Formularklausel, durch die die Verwirklichung des Minderungsrechts mittels Abzuges vom geschuldeten Mietzins ausgeschlossen ist und der Mieter insoweit auf eine Bereichungsklage verwiesen wird, einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG stand.
2. Ein so gearteter Ausschluß der Geltendmachung der Minderung besteht über die rechtliche Beendigung des Mietvertrags und eine Rückgabe der Mietsache hinaus fort.
Sachverhalt
Der Vermieter verlangt über 11.000 DM Mietnachzahlung. Der Mieter hatte von den Rechtsvorgängern des Vermieters durch Mietvertrag gewerbliche Räume gemietet, in denen er eine EDV-Firma betrieb. Der Vertrag war für die Dauer von zehn Jahre abgeschlossen. Im Mietvertrag heißt es: "Der Mieter kann weder aufrechnen noch ein Zurückbehaltungs- oder Minderungsrecht gegenüber dem Vermieter geltend machen." Der Mieter kürzte die Miete, weil die Mieträume bereits seit Jahren - trotz wiederholter Ungezieferbehandlung - immer wieder mit Kakerlaken befallen waren. Der Mieter forderte den Vermieter schließlich schriftlich auf, das "Kakerlakenproblem" endgültig zu lösen und drohte eine Kündigung des Mietverhältnisses an. Schließlich kündigte er und zog aus. Vorher minderte er die Miete. Der Vermieter weist die Kündigung zurück. Er hält einen Kakerlakenbefall nicht für feststellbar und meint, daß der Mieter die Miete nicht hätte mindern dürfen.
Entscheidung
Der Mieter muß die restliche Miete zahlen und kann sich wegen der Kakerlaken nicht auf einen Mietmangel berufen. Die Minderung durch Mietabzug war vertraglich ausgeschlossen. Diese AGB-Klausel ist wirksam. Sie ist so auszulegen, daß nicht das Minderungsrecht schlechthin, sondern nur dessen Verwirklichung durch Abzug von der geschuldeten Miete ausgeschlossen ist. Der Mieter wird insoweit auf einen Bereicherungsanspruch verwiesen. Er muß zunächst die volle Miete zahlen und kann dann in Höhe des Minderungsbetrages die zuviel gezahlte Miete vom Vermieter zurückverlangen. Darin liegt keine unangemessene Benachteiligung (§ 9 AGBG), wenn diese Klausel im Rahmen der Gewerberaummiete gegenüber einem Kaufmann verwendet wird. Es kommt nicht darauf an, ob das Mietverhältnis durch die Kündigung des Mieters beendet worden ist. Denn der Minderungsausschluß wirkt über die Vertragsbeendigung und die Rückgabe der Mietsache hinaus fort. Die Klausel soll den Vermieter vor einer überraschenden, ihn unvorbereitet treffenden Aufrechnung schützen und eine einfache und problemlose Durchsetzung des Mietzinsanspruchs sichern.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Urteil vom 11.02.1998, 30 U 70/97
Fazit:
Eine AGB-Klausel, die die Geltendmachung des gesetzlichen Minderungsrechtes in der Weise einschränkt, daß der Mieter auf die Bereicherungsklage verwiesen wird, ist hier ausdrücklich nur gegenüber einem Kaufmann für wirksam erklärt worden!