Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob rückständige Beträge des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gegen die Erben des verstorbenen Ausgleichspflichtigen geltend gemacht werden können. Ferner ging es um die Anwendung der Härteklausel nach § 1587c Nr. 1 BGB im Fall eines Fehlverhaltens nach rechtskräftiger Ehescheidung.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1959 geheiratet. Aus ihrer Ehe waren drei Kinder hervorgegangen. Die Eheleute hatten zunächst ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. Im Jahre 1970 verzogen sie in die Niederlande, wo sie ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten. Die Ehe wurde durch Urteil eines niederländischen Gerichts vom 11.11.1982, wirksam seit dem 17.8.1983, nach niederländischem Recht geschieden. Durch Bescheid vom 31.10.1988 wurde die Scheidung durch das Justizministerium in Nordrhein-Westfalen anerkannt. Nach der Ehescheidung schlossen die Parteien im November 1984 in den Niederlanden einen privatschriftlichen Scheidungsfolgenvertrag, wonach sie die zur Zugewinngemeinschaft gehörenden Rentenansprüche verrechnen, sofern und nachdem der Wert dieser Ansprüche zum 29.3.1979 ermittelt worden ist und der Ehemann das Rentenalter erreicht haben wird, wobei beide Parteien vereinbarten, eine Aufteilung zu gleichen Hälften beizubehalten, unter der Bedingung, dass der Ehemann niemals verpflichtet werden könne, der Ehefrau ihren Anteil in einer anderen Form als in monatlichen Beiträgen zu zahlen.
Der verstorbene Ehemann hatte nach der Ehescheidung im Jahre 1985 die Antragsgegnerin, die seine Alleinerbin war, geheiratet. Die Antragstellerin war seit dem 4.2.1994 wieder verheiratet.
In einem Verfahren vor dem AG wurde durch Beschluss vom 10.10.1990 der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich zwischen der Antragstellerin und dem verstorbenen Ehemann in der Weise geregelt, dass zugunsten der Antragstellerin gesetzliche Rentenanwartschaften von 247,15 DM auf ihr Rentenkonto übertragen wurden. Außer der in Deutschland erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaft hatte der verstorbene Ehemann Versorgungsanrechte bei der Firma G., einer überstaatlichen Flugsicherungsbehörde mit Sitz in Brüssel, erworben. Für diese Firma hatte er ca. 30 Jahre gearbeitet und von dort nach Vollendung des 65. Lebensjahres mit Wirkung vom 1.1.2003 eine Betriebsrente bezogen. Hinsichtlich des Ausgleichs dieser Anrechte hatte das AG die Parteien auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen.
Der Antragstellerin wurde nachehelicher Unterhalt bewilligt.
Sie hat nach Vollendung des 65. Lebensjahres mit Antrag vom 27.1.2003 die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hinsichtlich der Betriebsrente ihres früheren Ehemannes bei der Fa. G. begehrt. Diesem Antrag war der verstorbene Ehemann entgegengetreten und hatte sich im Wesentlichen darauf berufen, die Ausgleichsansprüche seien verwirkt. Die Antragstellerin habe in der Zeit von März 1994 bis Dezember 2002 zu Unrecht den ihr zugesprochenen Unterhalt bezogen. Im Hinblick auf ihre Wiederheirat im Februar 1994 habe ihr kein Unterhalt mehr zugestanden. Sie habe die Heirat bewusst verschwiegen, um in den Genuss des titulierten Unterhalts zu kommen.
Hilfsweise rechnete der verstorbene Ehemann mit einem Schadensersatzanspruch von insgesamt 94.578,55 EUR aus überzahltem Unterhalt auf.
Das erstinstanzliche Gericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens den verstorbenen Ehemann verurteilt, der Antragstellerin die ihm zustehende Altersversorgung bei der Firma G. ab dem 1.5.2006 i.H.v. von 20,35 % zur Erfüllung einer Ausgleichsrente abzutreten. Dabei hat es den durch das Sachverständigengutachten ermittelten, auf die Antragstellerin entfallenden Anteil von 27,13 % um 1/4 gekürzt, weil das Verhalten der Antragstellerin den Verwirkungstatbestand gemäß § 1587c Ziff. 1 BGB begründe und deswegen eine Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs um 1/4 gerechtfertigt sei. Die bis zum 30.4.2006 entstandenen Ausgleichsansprüche seien durch Aufrechnung mit dem Schadensersatzanspruch erloschen.
Mit seiner Beschwerde hat der verstorbene Ehemann an seinem ursprünglichen Abweisungsbegehren festgehalten. Nach seinem Tod hat die jetzige Antragsgegnerin als seine Rechtsnachfolgerin das Verfahren fortgeführt. Die Antragstellerin wandte sich im Wege der Anschlussbeschwerde gegen eine Kürzung ihres Ausgleichsanspruchs.
Beide Rechtsmittel hatten teilweise Erfolg.
Entscheidung
Das OLG bejahte einen Ausgleichsanspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin, allerdings zeitlich befristet bis zum Tode des verstorbenen Ehemannes am 22.11.2006. Mit diesem Tage ende der Anspruch auf Ausgleichsrente, deren fortlaufende Gewährung nicht als Nachlassverbindlichkeit auf die Erben übergehe (s. BGH FamRZ 1989, 950).
Für den Monat November 2006, in dem der Ehemann verstorben sei, stehe der Antragstellerin der gesamte Monatsbetrag zu.
Soweit das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen war, dass der Anspruch der Antragstellerin teilweise verwirkt und...