Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 633 BGB, § 634 BGB, § 635 BGB, § 640 BGB
Kommentar
Der BGH hat erneut zu einigen Fragen der Baumängelgewährleistung (Gemeinschaftseigentum) einer Eigentumswohnanlage eine Grundsatzentscheidung getroffen.
In einer Wohnanlage mit 29 Wohnungen wurden 27 Wohnungen im März 1974 Erwerbern übergeben; zwei Wohnungen wurden erst nachträglich (1976) veräußert und im Dezember 1976 übergeben. In den Erwerbsverträgen war geregelt, dass "das gemeinschaftliche Eigentum jeweils mit der Wohnung übergeben werde". Eine "Übergabe" an die Gemeinschaft oder den Verwalter war nicht vorgesehen.
Stichpunktartig sei auf folgende wesentliche Feststellungen in der Begründung der BGH-Entscheidung hingewiesen:
1. Eine baumangelhafte Isolierschicht, welche konstruktive Bauelemente und Gebäudeteile (wie etwa Außenwände und Bodenplatten an Balkonen und Terrassen) gegen Durchfeuchtung schützen solle, sei zwingend dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzuordnen.
2. Der einzelne Wohnungseigentümer sei grundsätzlich befugt, die primären Gewährleistungsansprüche, Nachbesserung und Kostenerstattung im Bereich von Baumängeln am Gemeinschaftseigentum selbständig gerichtlich geltend zu machen.
3. Auch im vorliegenden Fall sei Werkvertragsrecht nach BGB anzuwenden, nicht Kaufvertragsrecht, selbst bei Fertigstellung des Bauwerks schon bei Vertragsabschluss; maßgebend sei, ob Vertragsgegenstand eine neu errichtete Eigentumswohnung sei. Dies gelte selbst dann, wenn die letzten Wohnungen vom Veräußerer erst 2 Jahre nach Errichtung der Wohnanlage an Erwerber veräußert würden (a.A. offenbar OLG Schleswig, Baurecht 82, 60, 61).
Entgegen der neuerlichen Ansicht von Köhler (NJW 84, 1321) könne in diesen Fällen nicht Kaufrecht (mit nur einjähriger Verjährungsfrist) zur Anwendung kommen.
4. Die Eigenhaftung des Veräußerers lebe wieder auf, wenn sich Erwerber aus abgetretenen Gewährleistungsansprüchen tatsächlich nicht schadlos halten könnten; eine Schadloshaltung schlage auch dann fehl, wenn bei Feststellung eines Baumangels abgetretene Ansprüche bereits verjährt und daher nicht mehr durchsetzbar seien.
5. Selbst wenn die Mehrheit der restlichen Erwerber das Gemeinschaftseigentum bereits früher abgenommen hätten (zu ergänzen: zusammen mit ihrem jeweiligen Sondereigentum) und die Verjährung der Ansprüche der übrigen Wohnungseigentümer bereits eingetreten wäre, hätte dies keinen Einfluss auf Gewährleistungsansprüche "späterer" Erwerber, da diese die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer nicht gegen sich gelten lassen müssten. Eine Abnahme an die Gemeinschaft oder den Verwalter sei im vorliegenden Fall nicht vorgesehen gewesen. Somit habe jeder Erwerber als Besteller nach § 640 Abs. 1 BGB das Recht, selbst das gesamte Werk abzunehmen; er habe auch einen eigenen Anspruch auf mangelfreies Gemeinschaftseigentum (meinerseits zu ergänzen: Eine Vereinbarung einer verbindlichen einheitlichen Abnahme des Gemeinschaftseigentums, also eine "gemeinschaftliche Abnahme", war im konkreten Fall augenscheinlich nicht vereinbart; der BGH wies deshalb auch auf das Interesse des Veräußerers an einer möglichst frühzeitigen und für alle - insbesondere auch die künftigen - Wohnungseigentümer verbindliche Abnahme hin; dieses Interesse des Bauträgers könne jedoch nicht dazu führen, dass Nacherwerber eine früher erfolgte Abnahme des Gemeinschaftseigentums ohne weiteres [Hervorhebung durch den Verfasser] gegen sich gelten lassen müssten). Der BGH stellte noch heraus, dass die Belange der einzelnen Wohnungseigentümer keine gemeinschaftliche Abnahme erforderten; vielmehr sei die Abnahme zu verschiedenen Zeiten für die Gemeinschaft eher günstig, weil dadurch die Gewährleistungsfrist zu Lasten des Veräußerers verlängert werden könne, insbesondere wenn es diesem nicht bereits während der Bauzeit gelinge, alle Wohnungen zu veräußern. Der Bauträger bleibe dann dem Anspruch auf mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums ausgesetzt, solange dies auch nur ein Erwerber verlangen könne.
6. Anspruchsberechtigungen einzelner Erwerber wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum seien auch nicht nur auf - ihren Miteigentumsanteilen entsprechende - Bruchteile der Mängelbeseitigungskosten zu beschränken. Jeder Wohnungseigentümer habe aus seinem Erwerbsvertrag einen eigenen Anspruch auf mangelfreie Herstellung des gesamten Gemeinschaftseigentums; es liege hier keine Teilgläubigerschaft im Sinne von § 420 BGB vor (zu ergänzen meinerseits: Ein solches Anspruchsverlangen kann m.E. allerdings nur mit Leistung an die Gesamtgemeinschaft geltend gemacht werden). Ein anderes Ergebnis würde wirtschaftlich zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, wie dies der BGH näher ausführt. Der Veräußerer leiste auch hier im Verhältnis zu allen Wohnungseigentümern nicht ohne Rechtsgrund; die anspruchslegitimierten Wohnungseigentümer erhielten auch keine ungerechtfertigten Vorteile. Ein Bauträger-Veräußerer habe sich gegenüber allen Wohnungseigentümern zu derselben Leistung verpflichtet, s...