Leitsatz

Der Nachlasspfleger hat die Erben zu ermitteln, den Nachlass zu sichern und kann zwecks Ermöglichung der Nachlassverwaltung die Herausgabe von Nachlassgegenständen verlangen. Dies schließt eine entsprechende Anwendung des § 1812 BGB aus.

 

Sachverhalt

Für die Erblasserin war eine Betreuung in Vermögensangelegenheiten eingerichtet, die durch den beklagten Verein wahrgenommen wurde. Da die Erben unbekannt waren, wurde nach dem Tod eine Nachlasspflegschaft angeordnet. Der betreuende Verein überwies das Vermögen der Erblasserin nach Rechnungslegung an die Nachlasspflegerin. Der klagende Alleinerbe macht seinen Anspruch aus § 1890 BGB geltend, da es an der erforderlichen vormundschaftsgerichtlichen und nachlassgerichtlichen Genehmigung für die Einziehung der Forderung fehle.

 

Entscheidung

Der vermeintliche Anspruch des Kl. aus § 1890 BGB ist gem. § 362 BGB erloschen.

Die Betreuerin war von Gesetzes wegen nach §§ 1908i Abs. 2 S. 2, 1857a BGB von den Beschränkungen der §§ 1809, 1810, 1812 BGB befreit. Nachdem die Betreuung mit dem Tod der Erblasserin endete, war die Betreuerin berechtigt und verpflichtet, deren Vermögen an die Nachlasspflegerin zu überweisen.

Die Nachlasspflegerin wiederum war ausweislich ihrer Bestallungsurkunde zu sämtlichen Kontoverfügungen berechtigt und gem. §§ 1817 Abs. 1, 1915 Abs. 2, 1960 BGB vom Erfordernis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung befreit.

Entsprechend § 2018 BGB steht der Nachlasspflegerin zur Sicherung des Nachlasses - auch gegen einen in Betracht kommenden, aber noch nicht rechtskräftig festgestellten - Erben ein Herausgabeanspruch zu. Da es sich insoweit um die Herbeischaffung des Vermögens zur Herbeiführung der Verwaltung und noch nicht um seine Verwaltung als solche handelt, verbietet sich eine entsprechende Anwendung des § 1812 BGB auf das Herausgabeverlangen. Daher konnte die Nachlasspflegerin den mit dem Tod der Erblasserin entstandenen Anspruch nach § 1890 BGB ohne gerichtliche Genehmigung geltend machen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.06.2007, 7 U 248/06

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