Leitsatz
Die Eltern eines im Jahre 1992 geborenen Kindes stritten sich um das Aufenthaltsbestimmungsrecht.
Sie hatten in der Zeit von 1992 bis zu ihrer Trennung im Jahre 1997 in einer ehelichen Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Nach der Trennung beantragte der Vater die Gewährung eines Umgangsrechts mit dem Kind. Im Rahmen dieses Verfahrens behauptete die Mutter, er habe von ihr ohne Einverständnis Fotos in unbekleidetem, schlafendem Zustand gemacht. Ein gegen den Vater eingeleitetes Ermittlungsverfahrens wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen wurde gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Nach Einholung eines vom Gericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens wurde der Umgang des Vaters durch das Vormundschaftsgericht nach entsprechendem Einvernehmen der Eltern im Wesentlichen dahingehend geregelt, dass er alle 14 Tage von Freitag 16.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr stattfinden sollte. Ferner wurde eine Ferien- und Feiertagsregelung getroffen.
Im Jahre 2000 stellte der Vater beim AG den Antrag, der Mutter wegen behaupteter Nichtgewährung des Umgangs ein Zwangsgeld anzudrohen und ihr aufzugeben, ein ärztliches Attest über den Gesundheitszustand der Tochter vorzulegen. Seine Anträge wurden zurückgewiesen.
Im Jahre 2004 gab der Vater vor dem Bezirksamt eine Erklärung zur gemeinsamen elterlichen Sorge ab. Dieser Erklärung stimmte die Mutter nicht zu. Daraufhin beantragte der Vater, die Sorgeerklärung der Mutter zu ersetzen. Später beantragte er, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame Kind auf ihn zu übertragen.
Die Anträge des Vaters wurden zurückgewiesen. Hiergegen legte er Beschwerde ein, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgte.
Sein Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das KG folgte im Wesentlichen der in dem angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung des AG, wonach weder die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Sorgeerklärung der Mutter, noch für eine Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Vater vorlagen.
Eine Ersetzung der Sorgeerklärung des anderen Elternteils komme - nach Erfüllung diverser Formalien - nur dann in Betracht, wenn die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl diene.
Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen sei davon auszugehen, dass diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht vorliege. Zwar habe das Kind zu beiden Eltern eine tragfähige Beziehung. Aus seiner Anhörung sei deutlich geworden, dass es eine große Zuneigung auch zu seinem Vater habe. Ferner sei davon auszugehen, dass beide Eltern bereit und grundsätzlich auch in der Lage seien, die elterliche Verantwortung für ihr Kind zu übernehmen. Allerdings fehle die zur Übernahme der gemeinsamen Sorge erforderliche Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit. Dies gelte nicht nur für Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung, sondern auch für alltägliche Fragen.
Entscheidend sei, dass die Eltern tatsächlich nicht in der Lage seien, miteinander zu kommunizieren. Dies sei von beiden Eltern bestätigt worden und Ausdruck des tiefen Konflikts zwischen beiden.
Diese Problematik wirke sich auf alle Bereiche des Sorgerechts aus. Zwischen den Eltern bestehe insbesondere Streit über den Aufenthalt des Kindes sowie auch über gesundheitliche und schulische Belange.
Angesichts der von beiden Eltern beschriebenen Kommunikationsproblematik habe es der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl diene, nicht bedurft.
Auch die Voraussetzungen für eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Vater lagen nach Auffassung des KG nicht vor.
Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen lagen keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass das Wohl des Kindes im Haushalt der Mutter gefährdet sei. Entwicklungsdefizite seien von allen Beteiligten übereinstimmend bekundet worden. Der Entwicklungsstand des Kindes sei allerdings behinderungsbedingt nicht altersentsprechend. Diese Entschätzung habe sich bei der Anhörung des Kindes bestätigt.
Das Kind habe anlässlich seiner Anhörung erklärt, dass es sich überlegt habe, bei seinem Vater sein zu wollen. Dort sei es schöner. Aus den Schilderungen sei allerdings deutlich geworden, dass das Kind die Bedeutung und Tragweite seines Wunsches nicht hinreichend überblicken könne. Dies ergebe sich schon daraus, dass es zwar ein positives Bild von seinem Vater habe, aber keine konkrete Begründung für den Wunsch nach einem Wechsel des Aufenthalts angeben könne. Schon aus diesem Grunde sei die Einholung eines Gutachtens zur Frage des Kindeswillens entbehrlich gewesen.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 07.12.2005, 25 UF 68/05