Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Wohngeldzahlungsforderungen gegen einzelne Eigentümer setzen Beschluss über Gesamtabrechnung und - errechnete - Einzelabrechnungen voraus
Antragsteller sind die "aktuellen" Eigentümer (Bezugnahme auf Eigentümer-Liste)
Zur Vollmacht des Rechtsanwalts
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG, § 28 WEG, § 13 FGG
Kommentar
1. Forderungen aus einer Jahresabrechnung gegen einen Eigentümer können gerichtlich nur geltend gemacht werden, wenn nicht nur ein Eigentümerbeschluss über die Jahresgesamtabrechnung vorliegt, sondern zusätzlich auch über die Aufteilung des Abrechnungsergebnisses auf die Wohnungseigentümer (= Einzelabrechnungen) Beschluss gefasst worden ist (h.M., BGH, NJW 85, 912; 94, 1866). Gleiches gilt i.Ü. auch für Vorschußforderungen nach Wirtschaftsplan.
Der gegenteiligen Meinung des OLG Zweibrücken (ZMR 90, 155 = NJW-RR 90, 9112), wonach ein Beschluss über Einzelabrechnungen nicht erforderlich sein soll, wenn sich die Abrechnungsschuld des Wohnungseigentümers aus der Gesamtabrechnung errechnen läßt [vgl. auch BayObLG, Entscheidung vom 10.10.1996, 2Z BR 76/96und BayObLG, Entscheidung vom 30.10.1996, 2Z BR 103/96], kann dagegen aus Rechtssicherheitsgründen nicht gefolgt werden; die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof sind jedoch insoweit nicht gegeben, weil sich der Senat im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH befindet (vgl. auch BayObLG, DWE 92, 163/164).
2. Ob im vorliegenden Fall tatsächlich auch über Einzelabrechnungen bestandskräftiger Beschluss gefasst wurde, hat das Landgericht noch aufzuklären, weshalb die Sache zurückzuweisen sei.
Antragstellende Eigentümer müssen hier, wenn sie saldierte Zahlungsansprüche geltend machen, noch nachprüfbar darlegen, inwieweit die Forderung auf beschlossenen Wirtschaftsplänen und/oder beschlossenen Abrechnungen beruht und auf welchen Zeitraum sie sich beziehen (vgl. auch OLG Düsseldorf, ZMR 96, 616). Kontenblätter alleine haben keine anspruchsbegründende Wirkung, sondern allein Eigentümerbeschlüsse über Abrechnung und Wirtschaftsplan.
3. Antragsteller sind i.Ü. alle Eigentümer mit Ausnahme des Antragsgegners, die im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit im Grundbuch eingetragen sind; ein zwischenzeitlicher Eigentumswechsel (bzw. Eigentümerwechsel) ist bei Wohngeldstreitigkeiten unerheblich (h.M., Senat vom 2. 6. 1995, 20 W 149/95; Weitnauer, 8. Aufl., § 43 Rn. 38, 39). Wenigstens ist auf eine zu den Akten eingereichte Eigentümerliste Bezug zu nehmen, die noch vorzulegen sein wird.
4. Üblicherweise vertritt auch ein Verwalter die Antragsteller in einem solchen Wohngeld-Inkassoverfahren. Soweit gegnerseits die Vorlage der Rechtsanwaltsvollmacht der Antragsteller verlangt wurde, konnte sich das Landgericht bisher auf eine konkludente Bevollmächtigung und auf den Erfahrungssatz stützen, dass Rechtsanwälte nicht ohne Vollmacht handeln. Wenn die Vollmacht weiterhin gefordert wird, ist § 13 FGG zu beachten; das Nachweisverlangen könnte aber auch rechtsmissbräuchlich sein (Bassenge in Bassenge/Herbst, § 13 FGG, Rn. 9).
Link zur Entscheidung
( OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 18.11.1996, 20 W 534/95)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung