Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Gerichtliche Geltendmachung von Wohngeldnachzahlungsforderungen

 

Verfahrensgang

AG Bensheim (Aktenzeichen 3 II 118/91)

LG Darmstadt (Aktenzeichen 19 T 33/94)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Prüfung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde, an das Landgericht Darmstadt zurückverwiesen.

Wert: 6.840,35 DM.

 

Gründe

Die zulässige weitere Beschwerde der Antragsteller hat in der Sache – vorerst – Erfolg. Der angefochtene Beschluß ist nicht rechtsfehlerfrei ergangen, das Landgericht hat den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt (§ 12 FGG).

Das Landgericht ist grundsätzlich richtig davon ausgegangen, daß Forderungen aus der Jahresabrechnung gegen einen Wohnungseigentümer nur geltend gemacht werden können, wenn nicht nur ein Eigentümerbeschluß über die Jahresgesamtabrechnung vorliegt, sondern zusätzlich auch über die Aufteilung des Abrechnungsergebnisses auf die Wohnungseigentümer (= Einzelabrechnung) Beschluß gefaßt worden ist (BGH NJW 85, 912, 94, 1866; BayObLG NJW – RR 89, 1163). Die von den Antragstellern vorgelegte Entscheidung des BayObLG vom 18.10.1994 (DWE 95, 75) besagt nichts anderes und verlangt dies auch für den Wirtschaftsplan, nach dem sich die Wohngeldvorschüsse der Wohnungseigentümer richten (vgl. zum Inhalt eines Wirtschaftsplanes § 28 I 2 WEG und BayObLG WuM 91, 443). Der gegenteiligen Entscheidung des OLG Zweibrücken (ZMR 90, 155 = NJW – RR 90, 912), wonach ein Eigentümerbeschluß über die Einzelabrechnung nicht erforderlich sein soll, wenn sich die Abrechnungsschuld des Wohnungseigentümers aus der Gesamtabrechnung errechnen läßt, kann dagegen aus Rechtssicherheitsgründen nicht gefolgt werden (vgl. auch Deckert ETW 4, 169, 173). Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof (§ 28 II FGG) sind nicht gegeben, weil sich der Senat im Einklang mit dessen Rechtsprechung befindet (vgl. BayObLG DWE 1992, 163/164; Bassenge/Herbst FGG/RPflG § 28 FGG Rn. 4).

Das Landgericht konnte aber vorliegend allein aufgrund der Anhörung des Verwalters im Termin vom 9.11.1994 noch nicht annehmen, daß über keine die Antragsgegnerin betreffende Einzelabrechnung Beschluß gefaßt worden sei. Für den Vortrag der Antragsteller in der weiteren Beschwerde, daß die Wohnungseigentümer vor der Beschlußfassung über die Jahresabrechnung mit der Einladung zur Eigentümer Versammlung jeweils auch eine persönliche Einzelabrechnung erhalten haben, gab es nämlich Anhaltspunkte in den Akten, die gemäß dem in der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Untersuchungsgrundsatz durch eine weitere Befragung des die Antragsteller vertretenden Verwalters hätten aufgeklärt werden müssen. So trägt die Einzelabrechnung 1987 (Blatt 83 der Akten das Datum des 7.2.1988, die Abrechnung 1987 ist aber erst am 5.3.1988 beschlossen worden (Blatt 36 der Akten). Der Einzelabrechnung 1988 (Blatt 91, 95 der Akten) ist das Datum des 3.2.1989 beigefügt, die Genehmigung der Abrechnung 1988 erfolgte am 18.2.1989 (Blatt 43 der Akten). Die Abrechnung 1989 ist am 17.3.1990 (Blatt 49, 50 der Akten) beschlossen worden, der Einzelabrechnung 1989 (Blatt 98 der Akten) wird als vom 16.3.1990 stammend bezeichnet. Schließlich wurde am 12.3.1994 die Einzelabrechnung 1993 erstellt (Blatt 215 der Akten, die Jahresabrechnung 1993 am gleichen Tag (Blatt 223 der Akten) „in der vorgelegte Fassung angenommen”. Sollte die weitere Aufklärung den Vortrag der Antragsteller bestätigen, daß die Wohnungseigentümer bei der Beschlußfassung über die Abrechnung auch ihre Einzelbelastung kannten, dann würden sie auch hierüber beschlossen haben und dieser Beschluß hätte – mangels einer Anfechtung – Bestandskraft erhalten.

Für das weitere Verfahren wird angemerkt, daß sich die Abrechnungsunterlagen nicht schon vollständig bei den Akten befinden. Die Antragsteller müssen, wenn sie wie hier saldierte Zahlungsansprüche geltend machen, nachprüfbar darlegen, inwieweit die Forderung auf beschlossenen Wirtschaftsplänen und/oder beschlossenen Abrechnungen beruht und auf welchen Zeitraum sie sich bezieht (OLG Düsseldorf ZMR 96, 616). Denn nicht das Kontoblatt der Antragsgegnerin, sondern die Eigentümerbeschlüsse über die Abrechnung und den Wirtschaftsplan haben anspruchsbegründende Wirkung.

Zu den vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin aufgeworfenen Fragen bemerkt der Senat folgendes: Antragsteller sind mit Ausnahme der Antragsgegnerin alle Wohnungseigentümer, die im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit im Grundbuch eingetragen sind; ein zwischenzeitlicher Eigentümerwechsel ist bei Wohngeldstreitigkeiten unerheblich (Senatsbeschluß 20 W 149/95 vom 2.6.1995; Weitnauer, WEG, 8. Aufl., § 43 Rn. 38, 39). Der Grund dafür, daß statt der namentlichen Aufzählung der Eigentümer im Antrag wenigstens auf eine zu den Akten gereichte Liste Bezug genommen werden soll, liegt darin, daß zu Beginn des Verfahrens noch ungewiß ist, ob die Antragsteller nicht wegen der Kosten zu Volls...

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